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Blasorchester Oschersleber Musiker feiern Geburtstag

Das Blasorchester Oschersleben feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag. Ein Gespräch mit Orchesterchef Toralf Müller.

Von Susann Gebbert 26.03.2017, 08:00

Oschersleben l Die Schlagzeuger, das sind die Coolen. Das war so und das ist noch immer so. Toralf Müller aber spielt Tuba. Doch da das Blasorchester Oschersleben keine Nachwuchssorgen hat und immer mit einer etwa 30-Mann-Besetzung zu seinen Auftritten fährt, zeigt, dass auch Blasmusiker, also damit auch Tubisten ziemlich cool sein müssen.

Toralf Müller ist Vorsitzender des Orchesters, von dem er sagt: „Es ist wie eine große Familie.“ Und da gibt es noch eine Familie in der Familie: Toralf Müllers Frau bringt das Glockenspiel zum Klingen, seine Tochter das Saxophon.

1967 gründete der damalige Oschersleber Bürgermeister Günther Weber die Musikgruppe als Schulorchester. Neun Jahre später trat der kleine Toralf, gerade in die zweite Klasse gekommen, dem Orchester bei, das seinerzeit von einer engagierten Musiklehrerin geleitet wurde. Wie die meisten anderen Jungs wollte auch Toralf Müller am Schlagzeug sitzen. Problem: Das Orchester brauchte nur einen Schlagzeuger. Eines Tages war es der Junge leid, immer nur auf der Ersatzbank zu sitzen. Er beerdigte seinen Traum vom coolen Schlagzeuger und seine Tubistenkarriere begann.

„Damals waren wir Orchesterkinder privilegiert, da wir am Wochenende immer unterwegs zu Auftritten waren und so viel herumgekommen sind.“ Unter anderem in Berlin und Chemnitz spielte das Orchester. In Ahlbeck stand im Sommer jedes Jahr ein Ferienlager für die Kinder auf dem Programm. Auch das ein Privileg. Der Preis: zwei Proben pro Woche und Auftritte am Wochenende. „Wenn wir ins Kulturhaus zum Proben gegangen sind, gingen die anderen Kinder ins Freibad“, sagt Müller – ein bisschen Wehmut klingt mit.

Die Orchesterzeit endete für Toralf Müller 1985 mit dem Ende der Schulzeit, neun Jahre nach dem Eintritt. Er wurde Landwirt, arbeitete danach als Kraftfahrer für Schwertransporte, was er heute noch macht. „Wenn ich mit dem Lkw unterwegs bin, drücke ich den roten Knopf. Dann will ich einfach nur meine Ruhe“, antwortet Müller auf die Frage, welche Musik er sonst noch so hört.

17 Jahre nachdem Toralf Müller das Blasorchester verlassen hat, kam er mit der Musikgruppe wieder in Kontakt. Denn zur 35-Jahr-Feier des Orchesters wurden auch alle Ehemaligen eingeladen. Er sagt: „Bis dahin wusste ich gar nicht, dass das Orchester noch existiert.“ Von da an war Toralf Müller wieder mit von der Partie, wurde stellvertretender und schließlich auch Vorsitzender des Blasorchestervereins.

Er organisiert die Auftritte der Gruppe sowie Vereins-Vergnügen wie Kremserfahrten oder Kanu-Touren auf der Bode. Und er betont mehr als einmal, dass er nur ein Rädchen im Getriebe ist, dass das Orchester nur als Gesamtpaket funktioniert. „Ein bisschen bin ich auch Seelsorger. Die Jugendlichen vertrauen mir ihre Sorgen an.“ Der Altersdurchschnitt des Orchesters liegt bei 26 Jahren. Sie nennen ihn „Hoss“, wie den fülligen Sohn aus der US-Fernsehserie „Bonanza“.

Heute hat der Orchesterverein 130 Mitglieder, etwa die Hälfte sind Musiker. In diesem Jahr wird das Ensemble 50. Am 23. September, einen Tag vor der Bundestagswahl, wollen die Vereinsmitglieder diesen Geburtstag feiern. 15 Uhr geben sie ein öffentliches zweistündiges Jubiläumskonzert. Am Abend feiern aktuelle und ehemalige Vereinsmitglieder sowie weitere geladene Gäste unter sich.

Wenn Toralf Müller mal für sich ist, setzt er sich ans Schlagzeug und spielt ein paar einfache Stücke. Dann ist er wieder da, dieser Traum vom coolen Schlagzeuger.