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BreitbandGemeinde bringt Glasfaser ins Haus

Der Breitbandausbau in der Westlichen Börde beschäftigt die Bürger. Für Verwirrung hat eine Mitteilung der Deutschen Telekom gesorgt.

23.07.2017, 17:08

Gröningen/Wulferstedt l Bei der Verwaltung der Verbandsgemeinde Westliche Börde sind am Donnerstag die Telefonleitungen heiß gelaufen. An diesem Tag war in der Volksstimme unter der Überschrift „Schnelles Internet für 26.500 Haushalte“ zu lesen, dass die Telekom ihr Glasfasernetz in der Börde erweitert.

„Mehr als 20.000 Haushalte und Betriebe bekommen schon bis Mitte 2018 schnelles Internet. Weitere knapp 6500 Haushalte und Betriebe folgen bis 2019“, informiert Telekom-Pressesprecher Georg von Wagner. Das neue Netz ermögliche Geschwindigkeiten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde (MBit/s). Dazu werde das Unternehmen rund 500 Kilometer Glasfaser verlegen und etwa 150 Verteiler umrüsten oder neu aufstellen. Ansonsten wirbt die Telekom mit ähnlichen Aussagen zur Breitband-Technik wie die Verbandsgemeinde Westliche Börde bei den derzeit laufenden Veranstaltungen in den Orten.

In der Verbandsgemeinde werden von dem Unternehmen Ausleben mit Ottleben und Teilen von Warsleben, die Gemeinde Am Großen Bruch mit Wulferstedt, Gröningen mit Kloster Gröningen sowie Kroppenstedt benannt. Diese Kommunen sollen künftig in den Genuss des Telekom-Angebotes kommen.

Das Unternehmen bietet künftig drei Varianten für die Vertragskunden an. Das klassische DSL, das VDSL und das Vectoring, welches die benannten Geschwindigkeit möglich macht. Der Pressesprecher der Telekom war für die Volksstimme am gestrigen Freitag persönlich nicht zu erreichen. Ein Blick auf die Internetseite www.telekom.de/schneller  klärt jedoch über die Technik auf. So werden in der Tat die Verteiler mit Glasfaserleitungen verbunden. Die Zuleitung in die Haushalte erfolgt von dort aus über Kupferleitungen.

Das unterscheidet das Projekt grundlegend vom Vorhaben der Verbandsgemeinde. Hier erfolgt die komplette Anbindung an die Haushalte über Glasfaser. Das sechsadrige Kabel wird in jeden Haushalt verlegt. Somit erreichen die künftigen Leitungen der Telekom sicherlich die angegebenen 100 Megabit pro Sekunde – allerdings können durchaus Einbußen entstehen. Das richtet sich danach, wie weit Daten über Kupfer übertragen werden müssen. Beim Vorhaben, welches die Westliche Börde umsetzen will, werden diese Werte für jeden Anschluss garantiert, da eine Direktabnahme über Glasfaser erfolgt. Dieses Thema wurde schon bei den bis dato erfolgten Infoveranstaltungen von der beauftragten Firma erschöpfend erklärt.

Dennoch hat sich nun eine Verwirrung in der Bevölkerung breit gemacht. „Ich habe bereits verschiedene Anfragen bekommen“, sagt Verbandsgemeinde-Bürgermeister Fabian Stankewitz (SPD) gegenüber der Volksstimme. „Unsere Bürger reagieren verunsichert. Dies kann ich gut nachvollziehen.“ Er weist noch einmal nachdrücklich auf den eben erläuterten Unterschied zum künftigen Telekom-Netz hin.

„Auch die Telekom wurde vor der Beantragung unserer Fördermittel im Rahmen des Markterkundungsverfahren abgefragt. Es wurden keine Ausbauabsichten bekannt gegeben“, erläutert Stankewitz. „Damit lag zum damaligen Zeitpunkt ein Marktversagen vor. Der Fördermittelantrag wurde gestellt und positiv beschieden.“

Die Telekom habe auf Bundesebene eine Stillhaltevereinbarung geschlossen. Diese sieht eigentlich vor, dass sie in den Gebieten mit Fördermittelausreichung nicht ausbauen wird. „Gegen diese Vereinbarung verstößt das Unternehmen jedoch bundesweit“, sagt Stankewitz. Das Bundesministerium für Verkehr und Breitband sowie die Agentur für Kommunikation, Organisation und Management (AteneKom) seien von der Arbeitsgemeinschaft Breitband mehrfach auf diesen Fakt hingewiesen worden.

„Die Fördermittelzusage bleibt definitiv beim Ausbau eines anderen Anbieters erhalten, da der Bund die Grenzen des Kupfernetzes, die Notwendigkeit der Glasfaser und die Bedeutung daraus für Deutschland kennt“, versichert Fabian Stankewitz. „Die Telekom sieht vermutlich ihre Kunden schwinden und hat daher den Ausbau auch in den bislang nicht versorgten Gebieten der Verbandsgemeinde beantragt“.

In den Orten Hamersleben und Großalsleben sei bereits ein VDSL-Ausbau durch die Telekom erfolgt. Hier könne man den von dem Unternehmen beschriebenen Glasfaser-Ausbau bis zu den Verteilern gut nachvollziehen. Anschließend sei das alte Kupfernetz verwendet worden. „Aussagen von Hamersleber Bürgern bei der Veranstaltung in Gunsleben haben eine große Unzufriedenheit mit dieser Technik offenbar gemacht“, fügt der Bürgermeister hinzu.

Die Einwohner seien sicherlich erst einmal in Teilen versorgt. „Umso weiter ich vom Verteiler entfernt wohne, umso weniger Leistung habe ich. Damit wird eine Zweiklassengesellschaft gefördert“, bringt er vor. „Es wird also weiterhin mangelhaft versorgte Gebiete geben. Objekte außerhalb der Kernortschaften sind für die Telekom nicht wirtschaftlich.“ Aufgrund der steigenden Ansprüche an das Netz würden in fünf Jahren die Kapazitäten nicht mehr ausreichen. Aufgrund physikalischer Eigenschaften könne die Kupferleitung dann keine Verbesserung mehr bringen. Das bestätigt das von der Verbandsgemeinde beauftragte Unternehmen ebenfalls.

„Gerade deshalb haben wir uns für den Aufbau des verbandsgemeindeigenen Breitbandnetzes entschieden“, stellt Stankewitz klar. „Kämpfen wir jetzt nicht für unser Glasfasernetz, dann müssen wir in den nächsten Jahren den Bürgern erklären, warum keine ausreichende Versorgung mit Breitband zur Verfügung steht, warum es bei uns kein modernes Behördennetz gibt und warum die Telemedizin künftig nicht möglich sein wird.“

Damit fördere man Unzufriedenheit bei den Einwohnern und hänge die Region nahezu wissentlich vom eventuellen Zuzug von Familien und Neuansiedlungen von Gewerbe ab. Beispiele gebe es schon jetzt. „Vor drei Jahren war die Ansiedlung eines Unternehmens für Fahrzeugentwicklung in Oschersleben geplant. Im Zuge wären 100 Arbeitsplätze in der Stadt entstanden“, berichtet Stankewitz. „Selbst Landrat Hans Walker (CDU) hatte sich seinerzeit dafür verwendet. Aufgrund zu geringer Bandbreite scheiterte das Vorhaben jedoch.“

Auch die Außenstelle der Verbandsgemeinde in Hamersleben benötige eigentlich mehr Bandbreite, um den Anforderungen einer Behörde im Umgang mit den Datenmengen gerecht zu werden. „Trotz des bereits erfolgten VDSL-Ausbaus in Hamersleben kann die Telekom uns nur einen Anschluss mit spärlichen Übertragungsgeschwindigkeiten anbieten“, verrät der Bürgermeister.

Außerdem weist er noch einmal auf die Modalitäten zum Breitbandausbau in der Westlichen Börde hin. „Ich kann nur jeden Bürger ermuntern, die Infoveranstaltungen oder die Sprechstunden zu nutzen“, sagt er. „Dort wird alles ausführlich erklärt. Auch die Verwaltung und die Bürgermeister in den Gemeinden und Städten stehen dafür gern zur Verfügung.“

Bei einem Wechsel in das verbandsgemeindeeigene Netz werde man Kündigungsfristen entsprechend beachten. „Niemand wird gezwungen, zwei Anschlüsse zur selben Zeit zu bezahlen“, versichert Fabian Stankewitz. „Der Bund fördert nicht umsonst unser Projekt in zweistelliger Millionenhöhe.“