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Haseloff Ministerpräsident besucht Förderschule

Ministerpräsident Reiner Haseloff hat die Börde-Schule in Klein Oschersleben besucht, um sich ein Bild vom Schulalltag zu machen.

Von Yvonne Heyer 26.01.2017, 00:01

Klein Oschersleben l Bio in der Klasse 8. Ministerpräsident Reiner Haseloff hatte schon in Erfahrung gebracht, womit sich die Jungen und Mädchen dieser Klasse gerade beschäftigen. Und gemeinsam mit ihrer Lehrerin Denise Bogner beweisen sie den Gästen, die gerade den Unterricht „stören“, dass sie sich intensiv mit dem Schulstoff auseinandergesetzt haben. Denise Bogner unterrichtet an der Börde-Schule neben Bio, Mathe, Deutsch auch Kunst.

„Unsere Kollegen sind Alleskönner“, sagt Förderschul-Rektorin Silke Heick. Sie hat wenige Minuten zuvor den Minsterpräsidenten samt der anderen Gäste begrüßt und zugleich berichtet, dass aktuell 28 Stammlehrer die 129 Schüler der Klassen 2 bis 9 unterrichten. Davon sind 15 Lehrer voll oder stundenweise abgeordnet, um an 27 verschiedenen Regelschulen im Rahmen der Inklusion Schüler mit Förderbedarf zu begleiten. Silke Heick berichtet weiterhin, dass sie aktuell nur wenige Krankheitsfälle unter den Lehrern hat, eine Unterrichtsversorgung von mehr als 90 Prozent sichern kann. An der Schule herrsche ein gutes Klima, die Kollegen seien stets bereit, sich fortzubilden. Im Übrigen sichern die Pädagogen auch den Krankenhaus-Unterricht in Oschersleben ab.

Die „Karawane“, bestehend aus Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch (CDU), Landrat Hans Walker (CDU), Oscherslebens Bürgermeister Benjamin Kanngießer (parteilos) Klein Oscherslebens Ortsbürgermeister Jörg Gildemeister (parteilos), Holger Häberer (Landesschulamt) Heinrich Schulze (Leiter Fachdienst Schulen im Landkreis Börde), Katrin Arnold (Leiterin Fachdienst Gebäudemanagement des Landkreises) und Monique Michl (Sachgebietsleiterin beim Fachdienst Schulen des Landkreises), zieht weiter. In der 2. Klasse, hier unterrichtet gerade die stellvertretende Schulleiterin Elke Honscha, werden die Gäste schweigend in Gebärdensprache mit „Hallo“ begrüßt. Raffael ist der Lesekönig dieser Klasse und darf den Gästen vorlesen.

Wiederum ist es eine 8. Klasse, der der nächste Besuch gilt. Im Fach Technik werden sie gerade von Nicole Schmidt unterrichtet. „Habt ihr denn schon Vorstellungen, welchen Beruf ihr einmal erlernen wollt?“, fragt der Ministerpräsident in die Schülerrunde. Leon Hoffmann möchte Straßenbahnfahrer werden, der nächste möchte einen handwerklichen Beruf ergreifen.

Welche Chancen haben Schüler von Förderschulen überhaupt auf dem Ausbildungsmarkt? Welchen Schulabschluss erlangen sie? Auch diese Fragen interessieren den Ministerpräsidenten. Über sogenannte Kooperationsklassen bekämen die Jungen und Mädchen der Förderschulen die Chance, den Hauptschulabschluss zu erlangen. Diese Kooperationsklasse wird an der Sekundarschule Oberschule V in Oschersleben eingerichtet. Den Unterricht „teilen“ sich Lehrer der Förderschule und der Sekundarschule. „Das ist ein gutes Modell des Übergangs, des Loslassens. Die Schüler werden nicht abrupt aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen. Damit haben wir in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen gemacht“, erklärt Silke Heick dem Ministerpräsidenten. Zugleich muss sie ihm berichten, dass für das Schuljahr 2016/2017 ohne jegliche Begründung die Kooperationsklasse, die es seit 2009 gibt, nicht genehmigt wurde. Die in Frage kommenden Schüler müssen nun ohne jede zusätzliche Begleitung den „Sprung“ in die Sekundarschule für den Hauptschulabschluss schaffen. „Das ist sehr problematisch“, weiß Silke Heick.

Schließlich präsentieren die Schüler der Börde-Schule in der Sporthalle ihren Gästen, was ihre Schule ausmacht, wofür das Schullogo steht: Lernen, Schülerfirma und Sport. Die Schulhunde Joana, Coffee und Nugget sind zweifelsohne die Lieblinge der kleinen Show, doch auch die fliegenden Akrobaten und das Glockenspiel der jüngsten Schüler kommt bei den Gästen gut an.

Mit einer Gesprächsrunde soll der Besuch des Ministerpräsidenten an diesem Vormittag in der Förderschule Klein Oschersleben enden. Zur Runde stoßen Lehrer, Eltern und Schüler hinzu. Wichtigstes Thema: die Auswirkungen der Inklusion. Seit Jahren werden an den Förderschulen mit dem Schwerpunkt „Lernen“ keine 1. Klassen mehr eingeschult. Wie schwierig sich dieses Problem hinsichtlich der Schulentwicklungsplanung und Sicherung der Standorte von Förderschulen darstellt, sprachen vor allem die Vertreter des Landkreises, allen voran Landrat Hans Walker, an. „Wir müssen wissen, wohin die Reise geht. Wir tragen die Verantwortung für die Menschen“, so der Landrat, der sich ebenso wünscht, dass man den Eltern und auch den Erziehern in den Kitas und den Frühfördereinrichtungen mehr vertraue.

„Wir haben fünf, sechs Jahre versucht, die Förderschulen einfach wegzuwischen“, so Gabriele Brakebusch, die auch aus der Arbeit einer Arbeitsgruppe des Landtages berichtet, die sich mit der Bildung und Inklusion beschäftigt.

Vor welchen Problemen betroffene Eltern stehen, berichtete Mutter Nadine Schinkel. Kinder müssen in die Regelschule eingeschult werden und dort die dreijährige Schul-eingangsphase durchlaufen. Das war auch bei ihrem Sohn Marvin so. Auch nach zwei Jahren des Lernens konnte er nicht lesen, wurde für ihn die Schule mit keinerlei Erfolgserlebnissen zum Problem. Nadine Schinkel hat sich durchgesetzt und ihr Sohn konnte ein Jahr früher an die Förderschule wechseln, wo er seit einem halbem Jahr lernt. „Ich glaube ja nicht an Wunder, aber mein Sohn liest“, freut sich sie über die Erfolge ihres Kindes.

Aber eben nur im äußersten Notfall würden Anträge zum früheren Wechsel aus der Schuleingangsphase der Regelschule in die Förderschule genehmigt, wie Holger Häberer vom Landesschulamt bestätigt. „Wir sind beim Entwickeln und stehen zu unserem Versprechen mehr Ruhe und Kontinuität in die Schul- und Bildungslandschaft zu bringen“, fasst Reiner Haseloff die Gesprächsrunde zusammen.

Die Schüler Leon Hoffmann und Samantha Bihs bekommen das letzte Wort zugestanden. Sie bestätigen mit ihren Worten, dass sich die Lehrer sehr kümmern, auch mal einen Schüler, der nicht in der Gruppe lernen kann, herausnehmen und sich die Schüler mit ihren Problemen an die Lehrer wenden können. „Wir sind froh, dass wir hier lernen können“, sagen die 15-Jährigen. Sie bestätigen damit, was ihrer Förderschulleiterin sehr wichtig ist: „Wir bedienen die Nischen, die eine Regelschule nicht leisten kann. Für unsere Schüler ist das sehr wichtig“, so Silke Heick.