1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oschersleben
  6. >
  7. Helfer stellen vorerst die Arbeit ein

Integration Helfer stellen vorerst die Arbeit ein

Die Arbeitsgruppe „Willkommen im Sülzetal“ stellt ihre Arbeit ein. Grund ist die gesunkene Zahl an Asylbewerbern.

Von Mathias Müller 15.11.2016, 00:01

Langenweddingen l Anfang November traf sich die Arbeitsgruppe „Willkommen im Sülzetal“ auf Einladung von Pfarrer Raimund Müller-Busse im Langenweddinger Pfarrhaus, um sich an den Start der Arbeitsgruppe und gemeinsame Erlebnisse zu erinnern und zu beraten, ob und mit welchem Ziel die AG zukünftig weiterbestehen solle. „Das eigentliche Ziel der AG war es, im Sülzetal eintreffenden Flüchtlingen das Ankommen zu erleichtern und sie beim Fußfassen in einem völlig unbekannten Land zu unterstützen“, verdeutlichte Reinhard Schwarzenau, der von Anbeginn in der Arbeitsgruppe mitarbeitete, in einer Pressemitteilung der AG.

Inzwischen ist die Zahl der Asylsuchenden im Sülzetal von ehemals über 120 auf rund zehn geschrumpft. Die anderen sind im gesamten Landkreis Börde, aber auch im übrigen Bundesgebiet in Wohnungen untergebracht und werden nun von den örtlichen Freiwilligen und professionellen Hilfsorganisationen betreut. Auch die verbliebenen Asylbewerber wollen ihre jetzigen Wohnungen und das Sülzetal fast ausnahmslos verlassen.

Im Herbst 2015 hatte der Landkreis Börde das Hotel Körling an der Bundesstraße 81 bei Schwaneberg angemietet, um einige der zur damaligen Zeit in großer Zahl nach Deutschland kommenden Flüchtlinge aus Syrien und angrenzenden Ländern unterzubringen. „Die meisten Flüchtlinge waren unter dramatischen Umständen vor dem Krieg in Syrien geflüchtet und glücklich, eine Unterkunft gefunden zu haben“, hieß es in der Mitteilung weiter.

Vom Oktober 2015 bis Anfang 2016 wuchs die Zahl der im Körling wohnenden Menschen bis auf über 120 an, was der AG „Willkommen im Sülzetal“ einiges an Kraftanstrengung abverlangte. Schließlich ging es darum, den Geflüchteten bei Behördengängen zu helfen, sie in die Lage zu versetzen, sich in einer fremden Umgebung zurecht zu finden, und – was besonders wichtig war– ihnen die deutsche Sprache nahe zu bringen.

Mitte 2015, lange bevor die ersten Asylbewerber ins Sülzetal kamen, hatte bei einem gut besuchten Stammtisch eine Sensibilisierung der Bevölkerung stattgefunden. Der SPD-Ortsverein hatte versucht, die Fragen zu klären „Kommen Flüchtlinge ins Sülzetal, was können wir für sie tun?“ und wurde dabei von Iris Herzig, der Verantwortlichen im Landkreis, und der SPD-Landtagsabgeordneten Silke Schindler aus Wanzleben tatkräftig unterstützt. Obwohl damals noch große Unklarheit herrschte, wie sich der Asylbewerberzustrom ins Sülzetal entwickeln würde, trafen sich Anfang Oktober Sülzetaler Gemeinderäte und interessierte Bürger im Rathauskeller zu einer ersten Beratung, die Kontaktdaten wurden ausgetauscht und schon eine Woche später fand sich eine kleine Steuerungsgruppe zusammen und beschloss den Aufbau einer Arbeitsgemeinschaft.

Die Führung übernahm Pfarrer Raimund Müller-Busse aus Langenweddingen, die Koordinationsfunktion Gerald Stöter aus Altenweddingen. Anfang November erteilte der Gemeinderat grünes Licht für die Arbeit der AG, dies erfolgte aus humanitären Gründen und aus der Not der Verwaltung heraus, kein eigenes Personal bereitstellen zu können

Die ersten elf Bewohner waren zu dieser Zeit schon im Körling eingezogen, die Arbeit begann. Anfang 2016 war die Anzahl der Asylbewerber auf über 120 gestiegen. Ruben Herm vom Malteser Hilfsdienst mühte sich mit großer Ausdauer und Beharrlichkeit gemeinsam mit dem Personal des Körlings, die kleinen und großen Probleme in den Griff zu bekommen.

Diese Hauptamtler waren sehr dankbar, dass die Zahl der Ehrenamtlichen kontinuierlich auf fast 40 anstieg, darunter waren auch Fachleute für die Gesundheitsfürsorge, die pensionierte Ärztin Dr. Dorothea Wolff als Allgemeinmedizinerin und Gabriele Siegel für die Zahnmedizin. Einige Ehrenamtler führten Deutschunterricht im Körling durch oder spielten mit den Kindern. Eine Kleiderkammer wurde in der leer stehenden ehemaligen Sekundarschule in Altenweddingen eingerichtet und mit vielen Spenden aus der gesamten Sülzetaler Bevölkerung gefüllt.

Vor Weihnachten wurden einige Veranstaltungen durchgeführt, in denen gemeinsam mit Bewohnern des Sülzetals musiziert, Tee getrunken, Kuchen gegessen und geplaudert wurde. Fröhliche Kinderaugen und dankbare Erwachsene konnte man erleben, als kleine Geschenke zur Weihnachtszeit übergeben wurden, viele davon hatte Martin Wolff in den langen Nachtschichten in seiner Apotheke vorbereitet. Die ersten Behördenbriefe an die Asylsuchenden wurden von Ehrenamtlern „übersetzt“ und die Inhalte erläutert, ein besonders schwieriges Gebiet, da sich die Regeln und behördlichen Zuständigkeiten für Asylbewerber mit der Zeit änderten und diese einen solchen Bürokratieaufwand nicht kannten.

Die Arbeitsgruppen-Mitglieder haben sich im Laufe der Zeit sehr gut in ihre zu Anfang unbekannten Aufgaben hineingefunden, die Zuständigkeiten waren klar auf einem mehrsprachigen, bebilderten Plakat geregelt und allen Seiten bekannt.

Dann kam der Feuerwehreinsatz im Körling am 8. März. Ein unzufriedener junger Flüchtling hatte seine Matratze angezündet, so dass der Körling wegen der Brandfolgen gesperrt werden musste. Die Bewohner wurden in einer Blitzaktion in andere Unterkünfte der Malteser nach Oschersleben verlegt oder in Wohnungen untergebracht. Die Zahl der Asylsuchenden im Sülzetal reduzierte sich auf knapp zwei Dutzend, die Arbeit der AG geriet ins Stocken.

Nun also das vorerst letzte Treffen im Langenweddinger Pfarrhaus. Gerald Stöter führte anhand einer Bildpräsentation durch die gemeinsame Zeit und alle Anwesenden versuchten, die positiven Erfahrungen zusammenzutragen, allerdings auch das zu benennen, was zukünftig besser gemacht werden könnte.

Für alle war die Arbeit ein gutes Beispiel für erfolgreiche Zusammenarbeit über die Ortsgrenzen im Sülzetal hinweg. „Auch war die ehrenamtliche Arbeit für in Not geratene Menschen für alle Helfer persönlich sehr befriedigend“, sagte Reinhard Schwarzenau. Die Organisationsform wurde von den AG-Teilnehmern als gut wirksam betrachtet. Alle Anwesenden waren sich einig, dass sie gern erneut in der Arbeitsgemeinschaft mitarbeiten würden und auch für andere ehrenamtliche Arbeiten bereit stünden. Nun muss nach einer solchen Aufgabe gesucht werden, es sei denn, es kämen erneut Asylbewerber ins Sülzetal.

In der kommenden Gemeinderatssitzung wird Pfarrer Müller-Busse über die Lage der AG berichten und das Mandat formal zurückgeben. „Wir können gespannt sein, ob und wie es mit der AG ‚Willkommen im Sülzetal‘ weitergeht“, sagte Schwarzenau.