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Nach Angriff Amtsgericht verurteilt Rechten

Ulf R. ist vom Amtsgericht Oschersleben zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Er hatte sich nach einer Demo mit Polizisten angelegt.

Von Susann Gebbert 21.04.2017, 01:01

Oschersleben l Widerstand gegen Polizeibeamte, Bedrohung, Beleidigung, Körperverletzung, Verstoß gegen Versammlungsauflagen, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die Liste der Vorwürfe ist lang, die die Staatsanwaltschaft gegen Ulf R. aus Ilsenburg im Harz an zwei Prozesstagen vorbrachte. Sie mündete am Mittwoch in eine Strafe von 2000 Euro.

Laut Anklage und Zeugenaussagen fliegt am 5. Dezember 2015 eine Glasflasche in Richtung der Polizeibeamten. Sie wird aus einer Gruppe von dunkel gekleideten Menschen heraus geworfen, die auf dem Weihnachtsmarkt stehen. Zuvor waren die etwa 15 Männer und Frauen Teil einer Demo der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ gegen ein geplantes Asylbewerberheim. Ulf R. hatte die Demonstration organisiert. Er trägt Tätowierungen auf dem Unterarm, die Siegrunen ähneln. An diesem Tag sind 150 Polizisten in Oschersleben unterwegs, um die Demonstration zu überwachen. Auch im Anschluss noch patoullieren sich durch die Stadt.

Laut Zeugenaussagen kreisen Polizisten die Gruppe nach dem Flaschenwurf ein, verlangen, dass sie sich ausweisen. Einige widersetzten sich. Die Situation eskaliert und wird unübersichtlich. Ein Gerangel entsteht, infolgedessen ein Polizist Ulf R. Pfefferspray ins Gesicht sprüht.

Laut Anklageschrift sind am 5. Dezember zwei Polizisten damit beschäftigt, Ulf R. daran zu hindern wegzulaufen und seine Identität festzustellen. Die beiden Polizisten, die als Zeugen aussagen, beschreiben Ulf R. an diesem Abend als aufgebracht. Er brüllt, beleidigt, versucht sich loszureißen, tritt und schlägt um sich. „Du Jude“, fällt.

Den Beamten gelingt es nicht, Ulf. R. zu beruhigen. Sie bringen ihn weg von dem Epizentrum des Tumults. Sein Gesicht ist von dem Pfefferspray zu geschwollen. Die Polizisten bieten ihm an, die Augen mit Wasser auszuspülen und einen Krankenwagen zu rufen. Ulf R. will nicht. Stattdessen der immerwährende Mix aus Beleidigungen, Gebrüll und die Glieder steif machen. Als die Polizisten Ulf R. auf den Boden legen und ihn fixieren, um ihn Fesseln anzulegen, finden sie sein Portemonnaie samt Ausweis. Da Ulf R. sich nicht beruhigt und sie befürchten, dass er weitere Straftaten begeht, entscheiden sie sich, ihn in Gewahrsam zu nehmen.

Weil Ulf R. über Schmerzen klagt und eine Herzkrankheit vorgibt, rufen die Polizisten einen Krankenwagen. Er weigert sich hineinzugehen. Die Beamten müssen ihn fixieren, da er brüllt, droht spuckt und demoliert. Im Krankenhaus weigert sich die Ärztin, ihn zu behandeln, da er so aggressiv ist. Irgendwann fällt der Satz: „Wenn Ihr mich nicht frei lasst, komme ich mit meinen Freunden und mache euch fertig. An eurer Stelle hätte ich Angst.“ Die Szene endet schließlich im Polizeigewahrsam in Magdeburg, wo Ulf. R. die Nacht verbringt und am nächsten Morgen entlassen wird. So die Version der Polizisten.

„Es war eine ätzende Situation auf Deutsch gesagt“, beschreibt ein Beamter den Vorfall auf dem Weihnachtsmarkt vor dem Richter. Ein weiterer sagt: „Er hat uns stundenlang beschimpft, bedroht und genötigt.“ Die Polizisten, die als Zeugen aussagten, widersprachen sich in einigen Punkten. Beispielsweise waren sie sich uneinig, ob Ulf R. sein Portemonnaie in der Hand hielt oder es in der Hosentasche steckte.

Laut Ulf R. war es genau andersherum, war er das Opfer von Gewalt und die Polizisten die Täter. Er hätte die Beamten gebeten, sich ihrerseits auszuweisen. Erst dann würde er es auch tun. Sie taten es seiner Aussage nach nicht. Die Polizisten wären so brutal gegen ihn vorgegangen, dass er Blutergüsse, Quetschungen, Schürfwunden und Reizungen der Augen davon trug. Außerdem seien die Augen von Ulf R. so zugeschwollen gewesen, dass er nicht mehr sah und demnach keine konkreten Personen beleidigen konnte. Gespuckt habe er nur, um seine Schleimhäute von dem Pfefferspray zu befreien.

Die Entlastungszeugin von Ulf R. beschrieb die Situation so, dass er am 5. Dezemeber hyperventilierte, vor Schmerzen zusammengekauert und winselnd vor den Polizisten am Boden lag. Ulf R. hatte bei dem Vorfall etwa 1,6 Promille im Blut, wie ein Test ergab.

Was wirklich an diesem Dezemberabend passiert ist, ließ sich während des Prozesses nicht lückenlos aufklären. Der Richter sah es als erwiesen an, dass sich Ulf R. des Widerstandes gegen Polizeibeamte und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen schuldig gemacht hat. Er verurteilte Ulf R. zu einer Geldstrafe von 2000 Euro. Einen Verstoß gegen Versammlungsauflagen und Bedrohung sah der Richter nicht.

Der Anwalt des vorbestraften Ulf R. teilte mit, dass er das Urteil nicht auf sich beruhen lassen werde. Er forderte am Prozesstag einen Freispruch aus Mangel an Beweisen und stellte die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes infrage.