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Stadtrat Heftiger Streit um Bewos-Vertrag

Die geplante Änderung des Gesellschaftervertrages mit der Bewos sorgte im Oschersleber Stadtrat für einen Eklat.

Von Yvonne Heyer 13.09.2016, 01:01

Oschersleben l „Das ist ein schwarzer Tag für die Demokratie“, meinte verärgert René Herbert (FUWG), als die Diskussion um den Beschluss zur Änderung des Gesellschaftervertrages mit der Bewos auf Antrag der SPD-Fraktion beendet wurde. CDU-Fraktionschef Torsten Schubert meinte gar, so etwas in 25 Jahren seines Ehrenamtes im Stadtrat Oschersleben noch nicht erlebt zu haben. Die CDU-Fraktion war es, die seitenweise Änderungswünsche für den Vertragsentwurf vorbrachte. Als sich der Stadtrat nicht darauf einigen konnte, wie mit diesen Änderungswünschen umzugehen sei und ob nicht über jeden Punkt einzeln abgestimmt werden müsste, stellte SPD-Fraktionschef Olaf Pankow den Antrag, die Diskussion abzubrechen und abzustimmen. Damit löste er einen Sturm der Entrüstung aus.

Der Tagesordnungspunkt 15 „Gesellschaftervertrag Bewos“ stand schon zu Beginn der Stadtratssitzung auf der Kippe, als die CDU-Fraktion am Donnerstagabend den Antrag stellte, den neuen Gesellschaftervertrag mit der Bewos von der Tagesordnung zu nehmen. Der Antrag scheiterte und so stand das Thema dann doch zur Debatte.

Ehe Ende Juni der Stadtrat in die Sommerpause ging, hatten sich die Räte darauf geeinigt, das Verfahren zur Änderung des aktuell mit Rechtsfehlern behafteten Gesellschaftervertrages der stadteigenen Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Bewos einzuleiten. Zur Juni-Stadtratssitzung lag den Räten ein erster Entwurf des neuen Vertrages als Grundlage für die Diskussion in den Fraktionen vor. Besagter Entwurf ging davon aus, dass die Bewos vom Geschäftsführer und der Gesellschafterversammlung ohne Aufsichtsrat geleitet und gelenkt wird.

Mit der ersten Sitzung nach der Sommerpause lag den Stadträten eine neue Fassung des Gesellschaftervertrages zur Beschlussfassung vor. Diese Fassung wiederum sieht die Bildung eines Aufsichtsrates vor.

Hintergrund der geplanten Änderung des Gesellschaftervertrages ist die Tatsache, dass, so hat es auch die Kommunalaufsicht festgestellt, der alte Vertrag mit Fehlern behaftet sei. Dazu gehört auch der Fakt, dass der Bürgermeister nicht automatisch Mitglied des Aufsichtsrates ist und hat aktuell die Konsequenz, dass der ehemalige Bürgermeister Dieter Klenke (parteilos), seit mehr als einem Jahr nicht mehr im Amt, nach wie vor Aufsichtsratsvorsitzender ist. Weitere Mitglieder des Gremiums sind Sachsen-Anhalts ehemaliger Bauminister Dr. Karl-Heinz Daehre, Isolde Prost, Fachbereichsleiterin Bau und Umwelt in der Verwaltung des Landkreises Börde, sowie die ehemaligen Oschersleber Stadträte Ingrid Hoffmann und Gabriele Osterburg. Keine der genannten Personen trage heute eine direkte Verantwortung für den Oschersleber Stadtrat, hieß es.

„Die Veränderung des Vertrages hätte auch schon im vergangenen Jahr mit der Wahl des neues Bürgermeisters angeschoben werden können. Doch als Anerkennung der Arbeit des jetzigen Aufsichtsrates, dessen Amtszeit ohnehin Ende dieses Jahres endet, wurde die Änderung des Gesellschaftervertrages erst jetzt in Angriff genommen“, machte Stadtrat Burkhard Kanngießer (SPD) deutlich. Er hat maßgeblichen Anteil an der Erarbeitung des neuen Vertrages.

Dieser sieht im Entwurf einen Aufsichtsrat mit fünf Mitgliedern vor. Gesetztes Mitglied und Vorsitzender ist der Bürgermeister. Hinzu kommen zwei Vertreter aus den Stadtratsfraktionen. Zwei weitere Personen werden vom Stadtrat berufen, sie müssen nicht Mitglied des Rates sein. Explizit wird im neuen Vertrag darauf verwiesen, dass die Tätigkeit des Bürgermeisters im Aufsichtsrat mit Beendigung seiner Amtszeit endet.

Vorsitzender der Gesellschafterversammlung solle ebenso der Bürgermeister sein. Weiterhin werden sieben Mitglieder aus dem Stadtrat in die Gesellschafterversammlung entsendet. Diese sieben Sitze werden nach dem vom Kommunalverfassungsgesetz vorgegeben Verfahren zur Bildung und Zusammensetzung der Ausschüsse nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren ermittelt.

Von einer Machtkonzen-tration sprach Stadträtin Lilo Drohberg (Die Grünen) angesichts der Tatsache, dass der Bürgermeister künftig sowohl Vorsitzender der Gesellschafterversammlung als auch Vorsitzender des Aufsichtsrates sein soll. „Stimmt er dann nicht über seine eigene Entlastung ab?“, fragte die Stadträtin. „Nein, das werde ich nicht. Wie in diesen Fällen allgemein üblich, werde ich nicht an einer Abstimmung teilnehmen“, erklärte Bürgermeister Kanngießer (parteilos).

„Ich halte es für gefährlich, heute darüber abzustimmen“, erklärte CDU-Stadtrat Urban Jülich, der im Namen seiner Fraktion eine lange Latte von Änderungsvorschlägen vortrug.

Der Vertragsentwurf sei in den Augen der CDU nicht genügend ausdiskutiert worden. Laut Torsten Schubert hätte er am 17. August eine letzte, aktuelle Fassung bekommen, die bis zum 23. August in der Fraktion hätte ausdiskutiert und mögliche Änderungswünsche hätten angezeigt werden sollen. „Es ist mir unerklärlich, wie man so eine Frist setzen kann“, so der CDU-Fraktionschef. Dem widerspricht der Bürgermeister: „Wir haben am 3. August erstmals zusammengesessen und über den Entwurf, der sowohl von einem Fachanwalt als auch von der Kommunalaufsicht geprüft ist, gesprochen. Änderungen wurden eingearbeitet und abermals an die Fraktionen weitergeleitet. Von der CDU gab es keine Reaktion, keine Kooperationsbereitschaft. Das Verhalten ist unfair.“

Wolfgang Nehring (CDU) betonte, dass ein rechtssicherer Vertrag beschlossen werden sollte. Zu viele Fragen seien jetzt aber noch offen. Worauf Benjamin Kanngießer (parteilos) antwortete: „Dieser Vertragsentwurf ist bereits mit der Kommunalaufsicht abgestimmt, damit rechtssicher und wasserfest.“

„Als der Gesellschaftervertrag 2005 dahingehend geändert wurde, dass der amtierende Bürgermeister nicht automatisch Mitglied des Aufsichtsrates ist, geschah dies sang- und klanglos, ohne dass der Stadtrat damals darüber lange diskutiert hat“, machte Burkhard Kanngießer deutlich.

Ulrich Spey (SPD), seit 2006 im Stadtrat, zog an diesem Abend folgendes Fazit: „Ich wollte für die Bürger dieser Stadt etwas erreichen, für sie etwas auf die Beine stellen. Das haben wir nicht geschafft. Es ist ein Unding, was gerade in dieser Stadt passiert“, so der enttäuschte Stadtrat.