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Studium Rávina möchte Ärztin werden

Nach bestandener Prüfung absolviert Rávina Naibijetzt an der Uni Magdeburg einen Vorbereitungskursus, um danach studieren zu dürfen.

Von René Döring 28.08.2016, 01:01

Kroppenstedt l Als die 18-jährige Rávina Naibi im Spätsommer vergangenen Jahres mit ihrer fünfköpfigen Familie aus dem afghanischen Herat geflüchtet war, da ging es erst einmal um das nackte Überleben. Hinter Vater Wakil Ahmad Naibi waren die Taliban her, weil er für die Uno-Truppen gearbeitet hatte. Und mit ihm war die gesamte Familie gefährdet. Also weg und sich nach Europa durchkämpfen.

Sechs Wochen hatte diese Flucht gedauert, die nicht nur einmal drohte, tragisch zu enden. Mal für eines der Kinder, mal für Vater oder Mutter, mal für die gesamte Familie. Ob auf der Ebene, in den Bergen oder auf dem Meer, es war immer eine „Reise“ mit gewaltigen Hindernissen, die jäh hätte zu Ende sein können.

Doch haben es die Naibis schließlich bis Europa, bis Deutschland geschafft und sind nach diversen Aufenthalten in Flüchtlingslagern und anderen Anlaufstellen am 26. Oktober in Kroppenstedt eingetroffen. Wo sie gemeinsam mit fünf syrischen Flüchtlingsfamilien von einer Gruppe Kroppenstedtern empfangen worden sind, die diese Ankunft in den Wochen zuvor schon intensiv vorbereitet, beispielsweise Wohnungen geordert oder auch Einrichtungsgegenstände gesammelt hatten.

Und die sich bis heute um die neuen Stadtbewohner kümmern. Sich mit ihnen freuen, wenn es Grund zur Freude gibt und mit ihnen leiden, wenn es mal nicht gut läuft. Wofür die Familie Naibi sehr dankbar ist, die in Europa, in Deutschland, speziell in Kroppenstedt bleiben möchte. Und deshalb sehnsüchtig darauf wartet, von den Behörden grünes Licht für eine Zukunft hierzulande zu bekommen.

Derweil besucht der fünfjährige Waid bereits die Kindertagesstätte, der neunjährige Sei Forrhman die Grundschule und Vater Wakil Ahmad sowie Mutter Jila Sanez einen Sprachkursus in der Gröninger Wirtschaftsakademie. Wobei Wakil Ahmad Naibi dort auch schon stundenweise praktisch unterwegs ist, ihm dabei vor allem seine Kenntnisse und Fähigkeiten als Schweißer helfen.

Den bisher größten Schritt in eine gute Zukunft in Deutschland ist jedoch die 18-jährige Tochter Rávina Naibi gegangen, indem sie bereits eine gewaltige Prüfungshürde genommen hat und auf dem Weg ist, ihrer Oma nachzueifern. Die Ärztin ist und vor der Taliban-Herrschaft in Teilen Afghanistans auch als Ärztin gearbeitet hat. Was ihr dann aber von den neuen beziehungsweise zwischenzeitlichen Machthabern verboten worden ist.

„Meine Oma ist mein ganz großes Vorbild“, sagt Rávina Naibi, die mit dieser Motivation am 15. März nach Magdeburg in die Universität gefahren ist, um dort nicht nur eine Prüfung zu absolvieren, sondern um diese Prüfung auch zu bestehen. Und zwar eine Prüfung, die ihr den Weg in einen 18-monatigen Vorbereitungskursus ebnet, der wiederum Voraussetzung für ein Studium ist.

Und all das hat Rávina auch geschafft. Sie hat besagte Prüfung bestanden und ist jetzt in diesem Vorbereitungskursus schon fleißig dabei, Deutsch zu lernen sowie insgesamt in zahlreichen Fächern ihre Hochschulreife nachzuweisen.

„Am Tag der Aufnahmeprüfung für diesen Vorbereitungskursus haben wir alle mächtig mitgefiebert“, erinnert sich Beate Könnecke, die eine der aktivsten Krottorfer „Flüchtlingshelfer“ ist und ganz große Hochachtung vor der Leistung von Rávina Naibi hat. Denn mehr als 200 Männer und Frauen waren zu dieser Prüfung angetreten und nur 60 Plätze sind vergeben worden.

Und dann hatte Rávina noch das absolut größte Problem von allen zu meistern. Denn sie war die einzige Afghanin, deren Muttersprache ja Persisch ist. Die Fragen jedoch sind nur auf Deutsch, Englisch und Arabisch gestellt worden.

„Bei den Aufgaben in Chemie oder Mathematik war das keine große Schwierigkeit“, sagt Rávina Naibi. Bei den meisten anderen aber schon. Auch wenn ihr einige andere Aufgaben von Prüfungsnachbarn übersetzt worden sind.

Unter dem Strich war Rávina dennoch ganz vorn dabei. Worüber sich Beate Könnecke und ihre Mitstreiter nicht nur sehr gefreut haben, sondern worauf sie auch sehr stolz sind.

Und froh ist Beate Könnecke überdies, dass Rávina auch jetzt beim eineinhalbjährigen Vorbereitungskursus in Magdeburg nicht auf sich allein gestellt ist. Denn es gibt ja die Kroppenstedterin Stefanie Thärig. Die zum einen zum erweiterten Kreis der Kroppenstedter „Flüchtlingshelfer“ gehört und die zudem eine Mitarbeiterin der Magdeburger Universität ist. So hatte es bisher vor allem so gut wie keine Probleme in Sachen Unterkunft sowie bei der Hin- und Rückfahrt gegeben. „Rávina kann aber auch mit jeder anderen Schwierigkeit jederzeit zu mir kommen. Ich werde immer versuchen, ihr zu helfen.“

Auch wenn Stefanie Thärig immer eine Ansprechpartnerin bleiben wird, fühlt sich Rávina Naibi natürlich selbst für ihre Uni-Zukunft verantwortlich, in die sie recht optimistisch schaut. „Ich möchte den Vorbereitungskursus für die Universität gut bestehen und dann am liebsten Medizin wie meine Oma studieren.“