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Tauziehen „Händigen Sie uns die Schlüssel aus“

Dem Streit um das Wahrenberger Gemeindehaus droht ein juristisches Nachspiel.

Von Ralf Franke 25.08.2015, 21:00

Wahrenberg l Wie sehr die Wahrenberger an ihrem Vereins- und Feuerwehrhaus hängen, machten sie wieder am Dienstagabend deutlich, als sie quasi nachträglich über den Verkauf der Immobilie am Ortsrand und die Hintergründe informiert werden sollten.

Nein, es geht nicht mehr darum, ob sich die klamme Gemeinde „Aland“ die Immobilie überhaupt leisten kann, weil die Mieter sozusagen freie Kost und Logis haben, ob die Wahrenberger einen teuren Neubau ablehnen oder ob die Rechtsaufsicht der Kreisverwaltung den Finger hebt. Am Ende werden beim Tauziehen um das Vereinshaus am Sportplatz wohl doch die Juristen das letzte Wort haben und wird möglicher Weise ein Formfehler beziehungsweise eine Fehlinformation das Zünglein an der Waage sein. Offen scheint derzeit nur, wie lange beziehungsweise durch wie viele Instanzen sich der Streit zwischen Einwohnern, die inzwischen sogar eine Bürgerinitiative gründet haben, auf der einen und der Gemeinde auf der anderen Seite hinziehen wird.

Im Gegensatz zum Ergebnis der Informationsveranstaltung, die am Dienstagabend im Objekt der Begierde über die Bühne ging und im Gegensatz zur jüngsten von Protesten begleiteten Ratssitzung verlief die Versammlung, an der einige Gemeinderäte und Mitarbeiter der Verwaltung, aber eben auch rund 70 Wahrenberger teilnahmen, in sachlicher Atmosphäre ohne große emotionale Ausbrüche, wofür sich Sitzungsleiter und Ratsmitglied André Solloch ausdrücklich bei allen Beteiligten nach weniger als einer Stunde bedankte.

Wenn sich die Fakten bestätigen, die der Vorstand des Fördervereins Wahrenberg schriftlich und nach Rücksprache mit zwei unabhängig von einander agierenden Rechtsanwälten geltend macht, ist der Pachtvertrag, den die Gemeinde Wahrenberg kurz vor der Kommunalreform mit der gemeinnützigen Organisation abgeschlossen hat, in allen Punkten gültig.

Vize-Wehrleiter René Seekel übergab gleich zu Beginn der Sitzung ein Schreiben vom Vereinsvorsitzenden Holger Streitzig, das an Bürgermeister Hans-Joachim Hildebrandt gerichtet ist, dessen Prüfung und Umsetzung aber auch die Verbandsgemeinde Seehausen als Sitz der gemeinsamen Verwaltung und nicht zuletzt auch als Träger der Feuerwehr beschäftigen wird. Denn die Brandschützer haben schon vor Jahren in der ehemaligen Halle für Metallverarbeitung Quartier bezogen, weil das alte Gerätehaus weder den Bedürfnissen der rund 20 aktiven Kameraden noch der Deutschen Industrie-Norm (DIN) gerecht wird. Weil das Gebäude mit Dorfgemeinschafts-Charakter ideal zum Feiern, für Versammlungen und kulturelle Veranstaltungen ist, möchten nicht nur der Förderverein in dem Domizil bleiben, sondern wegen des großzügigen Platzangebotes im hinteren Bereich auch die Blauröcke um Daniel Frank.

Mit Verweis auf die anwaltliche Prüfung des im August 2010 abgeschlossen und theoretisch noch 15 Jahre gültigen Pachtvertrages verlangt der Verein praktisch umgehend die Schlüsselgewalt über das Objekt zurück und setzte der Kommune eine Frist von 14  Tagen zum Prüfen der Lage. „Ansonsten gehen wir davon aus, dass Sie unsere Forderung stillschweigend akzeptieren“, heißt es abschließend in dem Papier.

Entscheidendes Detail eines Rechtsstreites wird die Frage sein, ob ein beschließendes Ratsmitglied seinerzeit mit einem Mitwirkungsverbot hätte belegt werden müssen, weil es nicht nur Vereins-, sondern auch Vorstandsmitglied gewesen sein soll. Ein klares Nein kommt vom Rechtsbeistand des Fördervereins, weil die betreffende Person zum Vertragszeitpunkt nicht im Vorstand war. Und das, so die Kritik von René Seekel , hätte mit wenig aufwändiger Recherche jeder im Vorfeld spätestens im Vereinsregister des Amtsgerichtes herausbekommen können.

Wahrenbergs Ex-Bürgermeister Gerhard Gorzny richtete einen eindringlichen Appell an die Kommune, im dem Streit einzulenken. Das Kind sei schon mehrfach in den Brunnen gefallen. Mit Aussitzen und einem dicken Fell sei die Sache nicht mehr aus der Welt zu schaffen, so Gorzny. Und weiter: „Die Rechtslage ist klar, händigen Sie uns die Schlüssel aus“.

Apropos „Schlüssel raus“. Dem Chef eines Perleberger Autozulieferers, der gern in einer eigenen Halle produzieren würde, um Mietkosten zu sparen und der die Versammlung verfolgte, war die Situation sichtlich unangenehm. Nichtsdestotrotz suchte er für eine Übergangslösung und für eine mögliche Kooperation in Zukunft den Kontakt zu Verein und Feuerwehr. Aber er geht derzeit auch von einem gültigen Zustandekommen des Kaufvertrages aus. Ein Erwerb mit einer 100-prozentigen Untervermietung dürfte den Unternehmer nicht wirklich weiter bringen.