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Katastrophenübung Viren kennen keine politischen Grenzen

Nach über 50 Jahren kehrt die Maul- und Klauenseuche zurück. Zum Glück nur eine Notfallübung

Von Ralf Franke 15.09.2015, 21:00

Beuster l In Zeiten der Globalisierung rücken in der Landwirtschaft Seuchen in den Fokus, die es in der Region früher nicht gab oder die ausgerottet schienen. Nach den regional begrenzten Erfahrungen mit Milzbrand und Rinderwahn rüstet sich der Landkreis auch für größere Szenarien.

In Beuster ging deshalb gestern in und an den Rinderställen der GbR Müller eine groß angelegte Übung mit mehr als 120 Einsatzkräften von Feuerwehren, technischem Hilfswerk, der Johanniter Unfallhilfe, vom Katastrophenschutzzug des Landkreises, Mitarbeitern der Kreisverwaltung (insbesondere Veterinäramt) und einigen Zaungästen aus den Nachbarkreisen sowie aus dem benachbarten Brandenburg über die Bühne. Das „Drehbuch“ der Übung sah einen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) in der 450 Köpfe zählenden Rinderherde vor. Wobei Kreistierarzt Dr. Thoralf Schaffer darauf hinwies, dass der letzte Fall von MKS in Deutschland gut 50 Jahre zurückliegt und dass die fiebrige Viruserkrankung kaum auf den Menschen überspringt – und wenn, dann auch in einem recht ungefährlichen Ausmaß. MKS stand vielmehr als Anlass für ein Sicherheitsprozedere, das auch bei afrikanischer Schweinepest, der Vogelgrippe oder ähnlich gefährlichen Krankheiten in Gang gesetzt werden müsste.

Das Einbeziehen der Nachbarn lag für den zweiten Beigeordneten des Landrates, Sebastian Stoll, auf der Hand. Denn Seuchen kennen keine Grenzen.

Ebenso wie sein Chef Carsten Wulfänger bedankte er sich bei den drei Brüdern der Landwirtsfamilie, die ihren Betrieb für die Aktion zur Verfügung gestellt hatten. Und dazu den eigenen Hof abseits der Tieranlage. Weshalb das Lageeinsatzzentrum und die Verpflegungsstation außerhalb des betroffenen Gebietes untergebracht waren, was bei einem großen Einsatz aber auch notwendig wäre. Wobei es offenbar nicht so leicht war, ein geeignetes Unternehmen in der Größenordnung zu finden. Aufgrund der geltenden Hygienebedingungen in ähnlich großen Schweine- und Geflügelanlagen blieb an Ende ohnehin nur noch eine Rinder- beziehungsweise Milchviehanlage übrig. Die Übung war abseits der personellen Herausforderung nicht zuletzt wegen des logistischen Aufwandes von der Technik über die Schutzbekleidung bis zu den Dekontaminationsvorrichtungen von langer Hand vorbereitet worden und diente dazu, betroffene Hilfskräfte zu schulen, Erfahrungen im Allgemeinen und zum gemeinsamen Wirken verschiedener Kräfte für den Ernstfall zu sammeln. Allen Beteiligten war klar, dass es beim wirklichen Ausbruch einer Seuche keine lange Vorwarnzeit geben wird, und dass ein Einsatz dann nicht morgens beginnt und am Nachmittag endet. Bis eine Seuchensituation innerhalb eines Sperrbezirkes von bis zu zehn Kilometern Radius überstanden ist, können laut Dr. Schaffer Wochen und Monate vergehen.

Was für eine Materialschlacht die Seuchenbekämpfung werden dürfte, wurde beim Stationsbetrieb deutlich, den alle Beteiligten durchlaufen mussten. Denn nicht nur die Einwegschutzanzüge müssen nach jedem Einsatz und dem Wechsel vom Schwarz- in den Weißbereich entsorgt werden, sondern auch das mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln versetzte Wasser, das bei der Dekontamination von Menschen und Technik anfällt.

Nahezu alle Aktionen bis zum Beproben der Tiere konnten die Kräfte praktisch durchspielen. Nur das Keulen, also das vorsorgliche Schlachten der Tiere, wurde theoretisch durchgesprochen. Aber: Wenn es hart auf hart kommt, sind die Helfer auch da hautnah am Geschehen, obwohl sie selbst kein Leben nehmen müssen.