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Ausgrabungen „Interessanter Fund“ am Elbdeich

Kurz vor Abschluss ihrer Arbeit in Werben macht Judith Lücke in Werben doch noch einen „interessanten Fund“.

Von Karina Hoppe 12.06.2016, 09:00

Werben l Während der Straßenbaumaßnahme am Elbdeich trat eine massive und „abgeknickte“ Mauer zum Vorschein. Die Archäologin vermutet darin ein Überbleibsel der Landwehr, die die schwedischen Truppen einst gegen den Feldherren Tilly errichteten. Ihr Chef will den Gedanken an das mittelalterliche Hospital noch nicht ad acta legen. Stehen die Werbener vor einem Überbleibsel von St. Gertrud? „Ein Schmuckstück“, sagt Judith Lücke. Am Ende ihrer straßenbaubegleitenden Arbeit in der Straße „Am Wehl“ stieg der Adrenalinpegel noch einmal kräftig in die Höhe. Dort, wo die Straße einen Knick macht, kurz vor dem Elbdeich, legten die Straßenbauarbeiter ein mächtiges Stück Mauer frei – teils nur rund 20 Zentimeter unter der Grasnarbe. Die Archäologin übernahm die Feinarbeit, maß den Fund akribisch aus. Die Mauer hat außen eine feste Ziegelsteinschicht, innen liegt im weitesten Sinne Ziegelbruch. Sie misst sichtbar knapp zehn Meter, auffällig ist die gut erkennbare Biegung.

Was trat hier zu Tage? Es gibt Vermutungen. Die Archäologin selbst geht davon aus, dass es sich bei der Mauer um ein Überbleibsel einer so genannten Landwehr handelt. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) schlugen Truppen unter König Gustav II. Adolf von Schweden nordöstlich von Werben ein großes Lager auf (1631). Dabei errichteten sie in Abwehr gegen den Feldherrn Tilly auch eine Mauer mit Bastionen, wie sie die beiliegende Karte zeigt. Die Ausrichtung der Biegung im Merian-Stich stimmt nicht ganz mit dem Fund überein, „aber ausschließen kann man es nicht“. Allerdings sei die Mauer für eine Wehrmauer wiederum nicht dick genug. Aber womöglich zu dick und laut Archäologin auch mit ungewöhnlichem „Knickwinkel“ versehen für die zweite Möglichkeit: Vielleicht stieß Judith Lücke genau auf das, was sie sich zu Beginn ihrer gut zweiwöchigen Arbeit in Werben erhofft hat: Überbleibsel des St.  Gertrud Hospitals. „Mein Chef möchte diesen Gedanken noch nicht beerdigen“, so Judith Lücke. Das Hospital wurde, so auch beschrieben im Buch „Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg nach ihrem Ursprung...“ von 1751 (Berlin, Hrsg. Bernhard Ludwig Bekmann) im Jahr 1425 von Herrenmeister Busso von Alvensleben gestiftet, bestand aber nicht allzu lang. Schon 1595 ist es beim damaligen Deichbruch „durch das Wasser verderbet worden und eingegangen“.

Interessant wäre es nun, die Mauern komplett auszugraben, dann ist eine sichere Erkenntnis wahrscheinlich. Aber so läuft die archäologische Baubegleitung nicht. Es wird aufgenommen und beschrieben, was bei den Bauarbeiten zu Tage tritt und dann wächst wieder Gras darüber – oder wie in Werben eine neue Straße. „Anders wäre es natürlich, wenn wir einen Schatz gefunden hätten“, sagt Judith Lücke. Die Mauer sei ein „interessanter Fund“, aber nicht von großer Bedeutung. Ausgrabungen kosten Geld. „Schlimmer finde ich es immer, wenn viel ältere Funde und Befunde verloren gehen, etwa aus dem Neolithikum.“

Drei weitere Mauern – ein ganz kurzes Stück, eine Mauer von neun und eine von 14 Metern Länge – fand sie noch. Sie stammen aus der Zeit vor 1875, da mit Klosterformat-Steinen erbaut. Judith Lücke vermutet darin Zeugen älterer Wohnbebauung. Kleinere Funde kamen ihr nicht viel in die Quere, nur ein paar mittelalterliche Scherben wandern nun ins Magazin nach Halle/Saale.