1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Osterburg
  6. >
  7. Freude über Kleinigkeiten

Erinnerungen Freude über Kleinigkeiten

Elfriede Scholz und Gerda Hammermeister aus der Seniorenresidenz in Arneburg blicken zurück auf ihre Kindheit zur Weihnachtszeit zurück.

Von Karina Hoppe 25.12.2016, 08:00

Arneburg l Am gestrigen Sonnabend war die große Weihnachtsfeier in der „Pro seniore Elb­residenz“. Klar, dass Elfriede Scholz (89) und Gerda Hammermeister (88) sich darauf freuten. „Da kommen wieder Zweie, die singen“, sagte Elfriede Scholz am Vormittag. „Und ein Vier-Gänge-Menü gibt es auch.“ Weihnachten im Pflegeheim, die Frauen finden das okay. Sie kennen sich noch nicht lange. Gerda Hammermeister, die zuletzt in Iden wohnte, lebt seit gut zwei Jahren in der Einrichtung, Elfriede Scholz, die ihr Zimmer gegenüber hat, seit gut einem Jahr.

Auf der Couch in Elfriede Scholz‘ Zimmer lässt es sich gut an damals erinnern. Die Seniorin stammt aus Dessau bei Arendsee, dort erlebte sie ihre ersten Weihnachtsfeiern. Dazu gehörte ein unumstößliches Ritual: „Ich hab für die Pferde des Weihnachtsmannes immer einen Handwagen mit Stroh, Heu und Wasser rausgestellt.“ Und am anderen morgen, welch‘ Wunder, war alles weg. Als sie klein war, sah Elfriede Scholz den Weihnachtsmann nie. „Da jing et an Heiligabend nach Kirche und Essen ab ins Bett.“ Und dann gleich wieder heraus. Um, erneut oh Wunder, die Bescherung zu erleben. Elfriede Scholz, die 70 Jahre und bis zuletzt in Schwarzholz lebte, erinnert sich an Gestricktes von ihrer Mutter, sogar mal ein Kleid, vor allem aber an ihre Puppenstube. Die liebte sie nämlich. Und jedes Jahr gab es was dazu. Mal ein Schrank, mal ein Bett, dann „kleene Kochpötte“.

Als Elfriede Scholz älter war, bekam sie den Weihnachtsmann doch noch zu sehen. Den Mantel und die Mütze hatte er verkehrt herum angezogen, eine Rute in der Hand „und um die Hüfte ein Kälberstrick, da bin ich aber Trab gelaufen. Ich war ein kleener Mokel, aber flink“. An Heiligabend gab es Kartoffelsalat und Bockwurst, am ersten Feiertag Gans oder Ente und was über war, am zweiten.

Kulinarischerseits konnte Gerda Hammermeister dem gestern nur beipflichten, aber was die Bescherung betrifft, nicht. Die gab es in Wasmerslage, wo sie aufwuchs, erst am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages. Warum? Gute Frage. Es war so. Gerda Hammermeister hat immer Hausschuhe bekommen, „Kamelhaar“. Und für ihre Puppe gab es häufig neue Kleider, genäht von der Mutter, „sie hat sich immer viel Mühe mit uns gegeben“. Gerda Hammermeister wuchs zunächst mit vier weiteren Geschwistern auf. Dann kamen, als sie 15 und 16 war, nochmal zwei dazu. Freundin Elfriede hatte einen Bruder.

Die beiden Frauen haben das Gefühl, „dass man früher schon mit Kleenem zufrieden war“. Heute, da sei das doch entschieden anders. Die Menschen wollen mehr. Brauchen mehr? Auch über so etwas unterhalten sich die beiden.

Gerda Hammermeister war nicht verheiratet und hat keine Kinder. Elfriede Scholz‘ Mann starb vor 26 Jahren. Sie hat eine Tochter, zwei Enkel- und zwei Urenkelkinder. Gerda Hammermeister hat im früheren Institut Iden als Versuchstechnikerin gearbeitet, Elfriede Scholz in der Landwirtschaft. Es gibt viel zu erzählen. Und im Altenheim „gedeiht natürlich auch der ein oder andere Klatsch“, sagt Gerda Hammermeister und bringt ihre Freundin Elfriede damit zum Lachen.

Gerda Hammermeister verbringt die Feiertage wohl ganz in der „Elbresidenz“, Elfriede Scholz wusste es gestern Vormittag noch nicht genau. Beide sind auf jeden Fall guter Dinge. Schenken wollen sie sich nichts. „Was sollen wir uns denn noch schenken?“