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FundbüroWo Schlüssel den Ton angeben

Bei Anita Pinnecke im Osterburger Fundbüro warten viele Gegenstände darauf, vielleicht doch noch von ihren Besitzern abgeholt zu werden.

Von Nico Maß 21.10.2016, 01:01

Osterburg l Eigentlich vergeht kein Tag, an dem Anita Pinnecke in ihrem Dienstzimmer an der Ernst-Thälmann-Straße 10 nicht Suchanfragen von Einwohnern entgegennimmt. Nicht immer kann die Verwaltungsmitarbeiterin helfen. Aber es gilt auch der Umkehrschluss. Viele Gegenstände werden offenbar nicht vermisst oder im Fundbüro vermutet. Sie bleiben dort liegen, bis die gesetzlich vorgeschriebene Aufbewahrungsfrist von einem halben Jahr abgelaufen ist. Manche sogar noch länger. Das verrät der Blick auf einen Wandschrank im Fundbüro, in dem sich, ordentlich nach dem Fundjahr geordnet, Wohnungsschlüssel an Autoschlüssel reiht. Und regelmäßig kommen neue Exemplare hinzu. In ihrem Fall zeigt sich die Osterburger Verwaltung sehr kulant und bewahrt sie weit über das halbe Jahr hinaus auf. „Aber nach zwei Jahren ist auch bei den Schlüsseln Schluss“, sagte Anita Pinnecke. Dann werden sie professionell vernichtet.

Anita Pinnecke kümmert sich seit 2007 um das Fundbüro der Kommune. Seitdem hat sie am häufigsten Schlüssel in Empfang genommen. Zuletzt seien aber auch immer mehr Brieftaschen abgegeben worden. Die enthielten zum Teil sogar noch Dokumente. In diesen Fällen ein glücklicher Umstand, schließlich hätten sie die Recherche nach den Besitzern ungemein erleichtert, „wir konnten direkt Kontakt aufnehmen“, erzählte Anita Pinnecke.

Doch so einfach lässt sich der Eigentümer selten ermitteln. Das gilt selbst für auffällige Gegenstände wie Fahrräder, die häufig auch von der Polizei im Osterburger Fundbüro abgegeben werden. „Wir arbeiten eng mit der Polizei zusammen“, erläuterte Anita Pinnecke und resümierte gleichzeitig, dass die Zahl der Fahrräder im Vergleich zu vorherigen Jahren deutlich abgenommen habe. 2016 seien es bislang gerade einmal vier Drahtesel, „obwohl der Sommer schon hinter uns liegt.“ Aus diesem Grund denke das Fundbüro derzeit auch überhaupt nicht über eine Versteigerung von Fundsachen nach, wie sie zuletzt am 7. Mai 2014 von der Kommune vorgenommen wurde. Mehr noch. Auch für 2017 rechnet Anita Pinnecke nicht mit einer Versteigerung. Es seien schlicht nicht genügend Fundstücke an der Hand, die tatsächlich zur Versteigerung aufgerufen werden könnten. Zumal die Kommune auch zu beachten habe, dass zuerst die Finder ein Anrecht auf das von ihnen abgegebene Fahrrad hätten, wenn das halbe Jahr Aufbewahrungszeit verstrichen sei.

Mit einem Fahrrad verbindet Anita Pinnecke auch die ungewöhnlichste Geschichte um ein Fundstück, die sich in den zurückliegenden Monaten in der Einheitsgemeinde zugetragen hat. So habe eine Osterburgerin vor längerer Zeit ihr Fahrrad vermutlich durch einen Diebstahl verloren. Sie meldete den Verlust bei ihrer Versicherung und wurde auch entschädigt. Dann aber wollte es der Zufall, dass die Frau ihr altes Fahrrad in der weiteren Nachbarschaft ihres Hauses entdeckte. Sie brachte es zum Fundbüro. Eigentlich hätte sie nun die Versicherungssumme zurückzahlen müssen. Aber in Abstimmung mit der Versicherung offenbarte sich schließlich eine andere Lösung. Der frühere Drahtesel der Frau wurde für einen sozialen Zweck zur Verfügung gestellt. „Er ging in die Fahrradwerkstatt, die Flüchtlingspaten gemeinsam mit Flüchtlingen am Großen Markt betreiben“, berichtete Anita Pinnecke.

Als eher kurioses Fundstück der zurückliegenden Monate verwies die Stadtmitarbeiterin auf einen Kinder-Sportwagen. Der sei allerdings in einem ramponierten Zustand. Deshalb könne auch vermutet werden, dass seine vormaligen Besitzer ihn entsorgen wollten, sagte sie. Und mit Vewunderung hat sie registriert, dass zwei Damenringe nun schon länger im Fundbüro liegen und noch nicht nachgefagt wurden. „Die fanden sich im Jenny-Marx-Kindergarten. Vermisst die wirklich niemand?“