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Projekt Fünf Steine zum Stolpern

In der Biesestadt wird künftig „gestolpert“. Vor dem Haus an der Breiten Straße 54 wird ein Künstler aktiv werden.

Von Ingo Gutsche 20.09.2016, 20:00

Osterburg l Gunter Demnig hat zugesagt. Und darüber sind besonders die Projektbeteiligten des Osterburger Markgraf-Albrecht-Gymnasiums um Lehrer Fabian Kröhnert froh. Am Dienstag, 27. September, wird der Kölner in Osterburg erwartet – zum Setzen der Stolpersteine. Diese sollen an die von den Nazis im Dritten Reich aus rassistischen Gründen verfolgten jüdischen Familien erinnern. Vor dem Haus an der besagten Breiten Straße 54 an die Unternehmerfamilie Less.

Schüler des Gymnasiums widmeten sich diesem Projekt. Seit Frühjahr 2015. Sie wandelten in der Osterburger Geschichte. In der weniger ruhmreichen. Die Jugendlichen begaben sich auf Suche nach jüdischen Familien, die an der Biese wohnten, hier ihren Berufen nachgingen und letztendlich die Flucht vor dem Nazi-Regime antreten mussten. Wie die Familie Less.

Die beiden ältesten Töchter emigrierten nach England, Vater und Witwer Moritz Less und seine jüngste Tochter gingen nach Berlin und versteckten sich dort im Untergrund, ergaben Recherchen der Schüler, die auch auf Aufzeichnungen des Kölners Erhard Heising zurückgreifen konnten. Am Dienstag ist es nun soweit. Der Abschluss des Projektes ist in Sicht. Gunter Demnig, 1947 in Berlin geboren, ist sozuagen der „Vater“ der Stolpersteine, der einst 1996 den ersten in Berlin-Kreuzberg verlegte. Dieser war nicht genehmigt, wurde indes später legalisiert. Seit 2000 nimmt das Projekt Jahr für Jahr mehr an Fahrt auf. „Mittlerweile habe ich 60 000 Stolpersteine in 21 Ländern verlegt“, sagte der Künstler, der sich auf seinen Besuch am kommenden Dienstag in Osterburg freut.

In diesem Monat hat Demnig 40 Stolperstein-Termine in seinem Planer. Das heißt an 40 Orten. Bevor Osterburg an der Reihe ist, wird Demnig in Nauen tätig sein. An der Biese wird er gegen 14 Uhr aufschlagen. „Natürlich sind auch Gäste willkommen“, hofft der Kölner auch auf Interessenten, die ihm bei seiner Arbeit über die Schulter schauen. Und das gehe recht zügig – den mit den festgelegten Grundmaßen zehn mal zehn Zentimeter großen und gefertigten Stein mit der Messing-Oberfläche und den entsprechenden Namen und Daten wird Gunter Demnig im Gepäck haben. Insgesamt fünf: Für Moritz Less, seinen drei Töchtern und ihrer Stiefmutter. Anschließend werden diese verlegt, eine Art Kunst-Performance. Denn der Künstler entscheide vor Ort, wie er die fünf Steine – unter- oder nebeneinander – anordnet.

Wie Pädagoge Fabian Kröhnert sagte, sind bei der Stolperstein-Verlegung auch zwei am Projekt beteiligte Schüler vor Ort, die für Fragen der Interessenten zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang möchte Kröhnert sich schonmal bei der Stadt bedanken, die sich sehr kooperativ zeigte und jederzeit das Gymnasiums-Vorhaben unterstützte.