1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Essen teilen, statt es wegzuwerfen

Foodsharing Essen teilen, statt es wegzuwerfen

Teilen liegt im Trend. Ein junges Paar aus Bonese will das „Foodsharing“ im Altmarkkreis etablieren.

Von Dan Tebel 21.10.2015, 03:00

Salzwedel l Hungrig vergreift man sich an dem einen oder anderen Nahrungsmittel zu viel. Voller Korb, voller Kühlschrank. Tage-, manchmal sogar wochenlang liegen die überflüssigen Heißhunger-Produkte gekühlt, aber nicht angetastet im kalten Kasten. Irgendwann ist das Datum der Haltbarkeit überschritten und zurück bleibt der ernüchternde Wurf in den Mülleimer. Das muss aber nicht sein.

Das denkt sich auch Jenny Pollehn. Die 22-jährige Studentin der Ökotrophologie an der Hochschule Anhalt in Bernburg hat während des Studiums oft mit Ernährung und den bewussten Umgang mit Lebensmitteln zu tun. „Dort bin ich durch Kommilitonen erstmalig auf das Thema Foodsharing aufmerksam geworden“, erzählt sie im Volksstimme-Gespräch. Gemeinsam mit ihrem Freund, dem Zerspanungsmechaniker Lukas Jirjahlk, besuchte sie auch Vorlesungen, die Themen wie Nachhaltigkeit und Ernährungswirtschaft, zum Beispiel der eigentliche Weg eines Produktes, vom Erzeuger zum Verbraucher behandelten. Erkenntnisse? „Die Leute schauen nur nach den Preisen, aber schätzen die Lebensmittel nicht. Dementsprechend wird auch damit umgegangen“, erklärt und kritisiert Lukas. So landet das Produkt im Müll, wenn es nicht mehr verbrauchbar anmutet Die Kosten scheinen ja verkraftbar.

Die Bereitschaft, eine Facebook-Gruppe zum Teilen solcher Lebensmittel bereitzustellen und diese regional zu etablieren, ist das selbsterklärte Ziel des Paares. Dabei kann auf ähnliche Projekte in anderen Städten geblickt werden. In Bernburg hat eine solche Plattform über 130, in größeren Strädten wie Duisburg oder Hamburg sogar tausende Mitglieder.

Am 16. Juli entstand auf Facebook die Gruppe „Foodsharing Salzwedel“ unter Jenny Pollehns Engagement. „So wollen wir in der Region Salzwedel eine kostenlose Möglichkeit schaffen, bei der ein Nahrungsmitteltausch vereinbart werden kann. Zugleich wollen wir aber auch einen Denkanstoß zum Thema Nachhaltigkeit geben“, erklärt Pollehn.

Nach einer bestimmten strukturellen Vorgabe, werden die Angebote in der Gruppe für alle Mitglieder sichtbar veröffentlicht. Zum Beispiel via persönlicher Nachricht können sich Interessenten und Anbieter dann absprechen, wie und wo die Nahrungsmittel übergeben werden. Lukas Jirjahlk ergänzt, es ginge auch um die Schaffung eines Direktweges zwischen Verbraucher und Produzenten.

„Die Mitgliederzahl stieg recht unregelmäßig. Die ersten 60 Mitglieder kamen schnell, aber seitdem steigt die Zahl sehr nur langsam“, erklärt die Studentin. Unter den Mitgliedern seien auch viele Freunde des Paares, die Foodsharing allerdings zunächst nicht kannten. Viel Klärungsbedarf sei notwenig gewesen.

„Viele fragen direkt nach, um was es dort genau geht, oder schreiben, wie gut sie die Aktion finden“, so die Studentin. Aber das reicht nicht, um die Aufmerksamkeit zu steigern. Lukas vermutet: „Vielleicht schämen sich die Leute dafür, sich von anderen Essen zu holen.“ Eine andere Ursache könnte die geringe Mitgliederzahl der Gruppe sein, die vielleicht auf Misstrauen und weniger Interesse stoße.

Derzeit zählt die Gruppe „nur“ 99 Mitglieder, aktiv sind aber die wenigsten. Der jüngste Eintrag einer Nutzerin, die verschiedene Lebensmittel zur Selbstabholung anbot, blieb unbeachtet. Vor Monaten hat Gruppenmitglied Christian Daniel Behr aufgrund einer längeren Abwesenheit, Äpfel seines Grundstücks zum Selbstpflücken angeboten. Öffentliche, wie auch private Resonanz in und außerhalb der Gruppe gab es keine. Auf Nachfrage der Volksstimme schreibt Behr: „In einer Studentenstadt wie Freiburg klappt das mit dem Foodsharing super. Da ist man innerhalb eines Tages alles los. In Salzwedel kennen das leider kaum Leute“. Pollehn denkt da ähnlich: „Das Interesse ist da, es fehlt nur der erste Schritt“, sagt sie. Die Studentin und ihr Partner sind bereit, noch mehr Einsatzbereitschaft zu zeigen, wenn es regional mehr Zuspruch geben würde. Der erste Schritt ist getan, die Zukunft wird zeigen, was passiert.