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Haushalt Salzwedel „Wir sind derzeit bankrott“

Salzwedel erhöht den Kreditrahmen von 11 auf 13,5 Millionen Euro.

Von Arno Zähringer 27.10.2015, 02:00

Salzwedel l Bereits Anfang Oktober hatte Andreas Vogel, stellvertretender Bürgermeister Salzwedels, angekündigt, dass ein Nachtragshaushalt für die Hansestadt notwendig sein würde. Olaf Meining, der neue Kämmerer, sprach in diesem Zusammenhang von einer Premiere. Denn es ist der erste doppische Nachtragshaushalt in der Geschichte der Stadt. Weil erhoffte Einnahmen weggebrochen sind, ist der ursprünglich geplante Kreditrahmen von elf Millionen Euro nicht mehr zu halten, sagte Meining am Montag in der Sitzung des Finanzausschusses. Denn im Ergebnisplan habe sich ein Minus von 3 Millionen Euro aufgetan. „Das ist nicht schön, aber wir müssen das tun, um die Zahlungsfähigkeit der Stadt zu erhalten.“ Ende vergangener Woche seien deshalb Ausschussvorsitzender Reinhold Butze (CDU) sowie Vertreter der Fraktionen über die Situation informiert worden.

Für Ingrid Schwertz (Linke) stand fest: „Wir können ja gar nicht anders, als zuzustimmen und zu hoffen, dass die Kommunalaufsicht den Etat genehmigt.“ Und Norbert Hundt (SPD und Für Salzwedel) legte noch einen drauf: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand.“ Er ist überzeugt, dass „wenn wir rechtzeitig von den Zahlen gewusst hätten, wir vielleicht noch etwas hätten ändern können“. Deshalb wäre es gut gewesen, das Rechnungsprüfungsamt der Stadt aufzulösen und den Kreis dessen Aufgabe übernehmen zu lassen.

Der finanzielle Kollaps sei seit Jahren abzusehen gewesen, machte Sabine Blümel (Salzwedel Land) deutlich. „Wir haben kein Geld.“ Deshalb stimme sie dem Verwaltungsvorschlag zu. „Auch weil wir keine anderen Zahlen haben.“ Um Einnahmen zu bekommen, könne die Stadt laut Ingrid Schwertz zwar etwas verkaufen, dies aber eben nur einmal. Olaf Meinung war es wichtig, dass nicht der Eindruck entsteht, dass „wir jetzt unser Tafelsilber verkaufen“. Vielmehr sei es notwendig, sich alles anzuschauen und auf den Prüfstand zu stellen.

Die Erhöhung der Kredite bezeichnete Peter Fernitz (CDU) noch „als einen leichten Schritt“. Viel schwierigere würden in der Zukunft allerdings kommen. Hundt warnte in diesem Zusammenhang vor Spekulationen. Vielmehr sei alles offen und müsste diskutiert werden.

Christian Franke (Grüne/Bürgerbund) sprach von einer „Debatte, die Wahlkampf-Charakter hat“. Dafür erntete er nicht nur heftige Reaktionen der Ausschussmitglieder, sondern bekam von Sabine Blümel den Satz um die Ohren: „Das ist kein Wahlkampf, die Wahl ist entschieden.“

Sie widersprach Frankes Erklärung, die finanziellen Probleme der Stadt seien auf die Einführung des doppischen Haushaltes zurückzuführen. Vielmehr habe man den städtischen Etat schön gerechnet, bemerkte Blümel, die erneut darauf hinwies, bereits seit Jahren auf die Probleme hingewiesen zu haben. Aus Sicht von 2014 sei man noch von einem Haushaltsplus 2015 von rund 45 000 Euro ausgegangen. Nun stehe hier aber ein Minus von 6,1 Millionen Euro, die „zum Teil noch finanziert werden können“ (Meining). Letzlich aber bleibe ein Fehlbetrag von etwa 2,2 Millionen Euro.

Für Peter Fernitz stand deshalb fest: „Wir hatten falsche Informationen.“ Das wollte Reinhold Butze allerdings so nicht stehen lassen. „Ich glaube nicht, dass uns jemand bewusst falsche Zahlen auf den Tisch gelegt hat.“ Allerdings bilanzierte er: „Wir sind derzeit bankrott.“

Sollte die Kommunalaufsicht die Erhöhung der städtischen Kredite auf 13,5 Millionen Euro nicht genehmigen, dann sehen manche Politiker bereits die kommunale Selbstverwaltung Salzwedels in Gefahr. Dann sei künftig wohl nur noch eine vorläufige Haushaltsführung möglich. Für Sabine Blümel ist deshalb klar: „Dann wird es richtig übel. 2016 ist das Jahr der Wahrheit.“ Allerdings rechnet der Kämmerer für 2015 noch mit „erheblichen Zahlungseingängen“ aus Steuern oder Zuweisungen.