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Polizei übt Geiselnahme und Gitarrendiebstahl

Geiselnahme, Einbruch im Stones-Museum Lüchow und Brandstiftung waren Szenarien einer Übung für Pressesprecher der Polizei.

Von Björn Vogt 25.05.2016, 01:00

Salzwedel/Lüchow l Geiselnahme im Lüchower Rathaus! Zum Glück ist die „unklare Bedrohungslage“ nur simuliert. Demnach haben sich Geiselnehmer mit zwei Mitarbeiterinnen in einem Raum eingeschlossen. Vor dem Verwaltungsgebäude in der Nachbar-Kreisstadt steht ein Polizeiwagen mit eingeschaltetem Blaulicht und beleuchtet ein Fernseh-Interview, welches ein fiktiver Reporter mit einem echten Polizeisprecher führt. Immer wieder hakt der Reporter – es ist der Pressesprecher der Zentralen Polizeidirektion in Hannover, Karsten Wolff – nach: „Es hieße, Ausländer könnten die Frauen als Geiseln genommen haben. In Lüchow gibt es doch so viele Ausländer. Wissen Sie mehr?“

Der interviewte Beamte bleibt cool und winkt ab: „Wir wissen noch nichts Genaues. Wenn wir mehr wissen, informieren wir Sie.“

In einem weiteren fiktiven Verbrechen wurde im Lüchower Stones-Museum eingebrochen. Ausgerechnet das wertvollste Stück wurde gestohlen, eine von Ron Wood handsignierte, streng limitierte Akustik-Gitarre.

Hier löchert eine echte Reporterin – Anja Steinhörster arbeitet für den NDR – die Polizeisprecher. „Die Einbrüche in Lüchow häufen sich. Hat die Polizei die Lage im Wendland nicht mehr im Griff?“

Souverän antwortet Helga Stilke, Hauptkommissarin aus Oldenburg, dass es sich bei der Gitarre um ein „atypisches Diebesgut“ handele und sich die Einbrüche in Lüchow tatsächlich nicht häuften. „Super, du hast dich nicht aus der Ruhe bringen lassen“, lobt die Reporterin hinterher.

Die spektakulärste Szene des Tages wird auf dem Gelände der Lüchower Polizeikaserne vorbereitet: Hier wird gleich ein Renault Twingo sein Autoleben in einem Flammenmeer aushauchen, angezündet von der Freiwilligen Feuerwehr Lüchow.

Die pechschwarze Rauchsäule ist kilometerweit zu sehen. Die Feuerwehr kommt angerast und löscht - allerdings schön langsam, damit der Rauch für drei Interviews reicht.

„Die Live-Szenarien sollen die Kollegen unter Stress setzen“, berichtet Michael Hoff von der Polizeiakademie Niedersachsen in Nienburg, der die Schulung entwickelt hat.

„Ziel unserer Kameraschulung ist es, Souveränität und Gelassenheit zu trainieren. Man merkt nämlich erst live, was eine Kamera und bohrende Fragen wirklich für einen Stress bedeuten. Deshalb schaffen wir einen zwar lebensnahen, aber geschützten Raum, in dem geübt werden kann, wo auch Fehler gemacht werden dürfen.“

Michael Hoff dreht selber mit einer Videokamera ein „Making-off“ der Schulung. Immer wieder versucht er, die Szene aufzumischen und zu stören, drängt sich ins Bild, spielt den Bürgermeister.

Gemeinsam mit den Bildern der zweiten Kamera wird ein Lehrfilm für Pressesprecher erstellt. Und nach dem Pilotprojekt sollen diese Schulungen in Zukunft drei bis vier mal pro Jahr in Lüchow stattfinden, mit jeweils zehn Kollegen. Insgesamt gibt es in Niedersachsen rund hundert Polizeibeamte, die auch als Pressesprecher arbeiten.

Warum ausgerechnet Lüchow? Michael Hoff antwortet: „Wir fühlen uns hier alle pudelwohl. Die niedersächsischen Kollegen kommen supergerne nach Lüchow. Eigentlich bilden wir nur in Hann.-Münden fort, aber in Lüchow ist nach dem Wegfall des Flüchtlings-Notlagers auf dem Kasernengelände jetzt auch wieder Platz“.