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Archaikon Altes Handwerk lebt weiter

Holz, Ton, Leder und Wolle ohne elektrische Geräte bearbeiten, das erlebten die Besucher am Sonntag im Freilichtmuseum Diesdorf.

Von Anke Pelczarski 22.05.2017, 12:00

Diesdorf l Eine überdimensionale Libelle fällt nahe der Scheune Hilmsen gleich auf. „Die haben wir bei unserem zweiten Archaikon hier im Museumsdorf fertiggestellt. Sie ist künftig unser Maskottchen“, beschreibt Initiator Alexander Heß aus Jeebel. Verschiedene Gewerke hätten daran zusammen gearbeitet. Herausgekommen ist ein Hingucker.

Das Handwerkersymposium, bei dem es darum geht, mit primitiven Werkzeugen wie zu Zeiten der Vorfahren zu arbeiten, lockt diesmal sechs Teilnehmer sowie zwei Gastfamilien an. Auch Kinder sind dabei. Es ist familiär. „Wir danken dem Museum für das große Vertrauen“, merkt Alexander Heß an. Denn schon seit Donnerstag sind er und seine Mitstreiter dort am Werkeln.

Der historische Holzhandwerker Holger Schwerin aus Immekath ist gerade dabei, einen frischen Haselnuss-Stamm zu spalten. Das sei die Vorarbeit für die Bogenrohlinge, sagt er. Auch Schwerter aus Holz sind gefragt. Der Fachmann unterstützt beim Herstellen in der Holzwerkstatt.

Nebenan formt André Schlauch aus Ton ein Gefäß. Ohne Drehscheibe, einfach so im Freien. „Ich habe eine Vorliebe für ur- und frühgeschichtliche Keramik“, erzählt der Mann aus der Nähe von Greifswald. Ihm gefalle die Austausch-Atmosphäre und die lockere Arbeit an Projekten. „Das Museum ist sehr schön, fast ein verwunschenes Plätzchen“, lobt er.

Christiane Petersen, Filzerin und Landwirtin von der Insel Rügen, hat Schafwolle mitgebracht. Sie lädt Jung und Alt zum Filzen ein. Ihr gefalle der familiäre Rahmen, aber auch der Austausch untereinander. „Ich habe beispielsweise die Polsterung für einen Köcher gefilzt“, nennt sie ein Beispiel. Gudrun Scheel und ihr Mann Rainer aus Zießau fragen neugierig. „Wir versuchen, an unsere Enkel Immanuel und Elias weiterzugeben, wie es früher mal war“, erzählt die Oma.

Lederer Jörn Rau hat erst vor eineinhalb Jahren zu seiner Berufung gefunden: Damals hat der heute 23-Jährige aus Lüneburg einen Lederumschlag für ein Notizbuch gefertigt. Vor ihm auf dem Tisch liegen viele Erstlingswerke. „Ich möchte das alte Handwerk lernen und es weitergeben“, erzählt er. Im März habe er Alexander Heß kennengelernt und sei seitdem sein Schüler. „Für mich ist das Hiersein eine Erdung in einer globalisierten Welt. Wir sind eine nette Gruppe“, sagt der junge Mann und verbindet das Leder des Köchers mit einer mexikanischen Rundflechtart.

Nebenan zeigt der Rand-Berliner Uwe Gerlach, wie ein Pfeil entsteht. „Schuld ist meine Enkelin, die sich vor sechs Jahren gewünscht hat, dass ich ihr einen Bogen baue“, schildert er und erlernte die Technik. Das sei ein prima Ausgleich zur Büroarbeit. Er bezeichnet das Museum „als Ort von unschätzbarer Bedeutung“. Das Miteinander gefalle ihm sehr.

Das genießt auch Helge Frey, ein Gast aus Görlitz, der am Ziehpferd einen Mörser für den Töpfer herstellt, damit dieser Holzkohle zerkleinern kann. „Wichtig ist, dass man es den Kindern vormacht. Nur so kann das alte Handwerk überleben“, sagt er. Seine Söhne Yngve und Arvid sowie Tochter Alva hätten schon einiges ausprobiert, freut er sich.

Im nächsten Jahr soll das dritte Archaikon folgen. „Schön wäre es, wenn sich Sponsoren finden, damit wir den Teilnehmern die Fahrtkosten erstatten können“, wünscht sich Alexander Heß Unterstützung.