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Atommüll Zwischenlager wird verstaatlicht

Das atomare Zwischenlager in Gorleben soll verstaatlicht werden. Der Bund wird ab 2019 dafür zuständig sein.

Von Björn Vogt 30.12.2016, 01:00

Salzwedel/Gorleben l Als Zwischenlagerbetreiber in Gorleben im benachbarten Wendland wird die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) spätestens im Jahr 2020 Geschichte sein: Dies wurde auf einem Informationsabend in Gorleben deutlich. Denn nach dem kürzlich veröffentlichten Gesetzesentwurf „zur Neuordnung der Verantwortung der kerntechnischen Entsorgung“ wird die Verantwortung für die Zwischenlagerung von Atommüll aller Arten demnächst auf den Bund übergehen. Hierzu soll eine privat geführte GmbH gegründet werden, deren alleiniger Gesellschafter die Bundesrepublik Deutschland sein wird. Hintergrund: kürzlich wurde zwischen dem Bund und den vier großen Energieversorgern (EVUs) vereinbart, dass sie rund 23 Milliarden Euro in einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzahlen. Dafür werden sie von der Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung freigestellt.

Laut dem Vortrag von GNS-Geschäftsführer Holger Bröskamp wird die Verantwortung für das Transportbehälterlager – Castoren mit hochradioaktivem Abfall – am 1. Januar 2019 übergeben, für das Abfalllager mit schwach- und mittelaktiver Atommüll am 1. Januar 2020.

Die Konzerne und somit als Auftragnehmer die GNS bleiben aber für die fachgerechte Verpackung des strahlenden Mülls zuständig. Nach endlagergerechter Verpackung wird dann wiederum der Bund für den Transport in das oder die Zwischenlager zuständig sein. Sprich: Etwaige Castortransporte laufen dann im Auftrag des Bundes.

Sehr viel mehr Details waren an dem Info-Abend nicht zu erfahren. Einerseits ist der Gesetzesentwurf vom Bundestag noch nicht verabschiedet, andererseits gibt es bisher noch keine konkreten Informationen über die Abläufe des neuen Verfahrens. Weshalb einige Fragen offen blieben.

Zum Beispiel die nach der Zukunft der Pilotkonditionierungsanlage (PKA) auf dem Zwischenlager-Gelände. Hier sollten ausgediente Brennelemente endlagergerecht verpackt werden. Auch die PKA wird spätestens 2020 nicht mehr der GNS gehören. Der Bund wird entscheiden müssen, ob und in welchem Umfang sie weiterhin eine Betriebsgenehmigung erhält. Bisher ist sie laut GNS-Betriebsleiter Lutz Oelschläger lediglich für die eventuelle Reparatur schadhafter Behälter vorgesehen.

Offen ist auch die Frage nach dem Fortbestand des Ansiedlungsvertrags zwischen Gartow und der GNS. Bröskamp geht zwar davon aus, dass der Bund als Rechtsnachfolger gezwungen ist, den Vertrag zu übernehmen, aber sicher ist das nicht.

Zu klären wird auch die Frage nach den Gewerbesteuern sein, die von der GNS an die Samtgemeinde Gartow gezahlt werden. Gartows Kämmerer Hans-Heinrich Drimalski ist der Ansicht, dass auch der Bund über die private GmbH Steuern wird zahlen müssen. Wenn die Verträge mit den Energieversorgungsunternehmen Bestand haben, bleibt die GNS für die Qualität der einzulagernden Atommüll-Behälter weiterhin zuständig. Auch die endlagergerechte Verpackung bleibt ihre Aufgabe.

Auch das Thema „Rostfässer" nahm während der Fragestunde einigen Raum ein. GNS-Betriebsleiter Oelschläger bemühte sich, die Schäden an den Fässern als harmlos darzustellen. Er zeigte Fotos, auf denen lediglich zwei bis drei Zentimeter große Roststellen zu sehen waren. Fotos aus einer Präsentation vor dem Niedersächsischen Landtag, die der Volksstimme vorliegen, zeigen allerdings ein anderes Bild. Dort sind großflächige Abplatzungen und Aufblühungen von Lack zu sehen.

Die GNS bleibt bei ihrer Ansicht, dass die Anordnung des niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne), ein neues Sicherheitskonzept vorzulegen, nicht gerechtfertigt sei. Die Roststellen hätten keine Sicherheitsrelevanz und eine Sichtkontrolle der Mosaikbehälter sei nicht notwendig, da sie schon durch ihre Bauart „korrosionssicher“ seien. Für die GNS sei es logisch, dass sie Klage gegen die ministerielle Anordnung eingereicht hat - zumal die vom Ministerium geforderten Maßnahmen zu keiner tatsächlichen Verbesserung der Sicherheit führen würden, erklärte Holger Bröskamp.

Die Umsetzung der Forderungen seitens des Umweltministers kostet den Betreiber einiges an Investitionen. Nach Erfahrungen mit derartigen Klagen ist eine rechtskräftige Entscheidung erst in drei bis vier Jahren zu erwarten – zu einem Zeitpunkt, an dem die GNS kein Betreiber des Zwischenlagers mehr ist.