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Gericht Frau hat Todesangst bei Würgegriff

Ein 53-Jähriger Salzwedeler hat seine Frau schwer misshandelt. Sie hatte Todesangst.

Von Annemarie Fehse 10.01.2017, 19:00

Salzwedel l Es ist morgens, als die 47-Jährige die Kinder zur Schule bringt. Als sie in die Wohnung zurückkehrt, vernimmt sie laute Musik, die wohl aus ihrer Wohnung kommt. Auch die Nachbarn haben sie bereits auf den Lärm angesprochen. Sie betritt die Räumlichkeiten und findet ihren Mann auf dem Balkon, die Musik ist sehr laut. Sie bittet ihn, sie leise zu drehen. Dies lehnt er ab. Beide streiten, wie schon öfter in der Ehe.

Die Mutter dreier Kinder zieht sich zurück, in das Kinderzimmer ihres Sohnes. Ihr Mann folgt ihr, beschimpft sie. Dann stößt er sie auf die Schlafcouch, hält mit der einen Hand Arme und Beine fest, mit der anderen würgt er sie – fast bis zur Bewusstlosigkeit.

„Ich bring‘ dich um“, ruft er und drückt immer fester zu, bis sich die Salzwedelerin nicht mehr bewegt. „Er muss gedacht haben, dass ich bewusstlos bin“, sagt die gebürtige Russin. So jedenfalls schildert es die Frau und Mutter vor dem Salzwedeler Amtsgericht. Todesangst habe sie gehabt. Deshalb habe sie die Polizei gerufen. Als diese an der Wohnung eintraf, war ihr Mann bereits verschwunden.

Er hatte seine Sachen gepackt. Vor Ort dokumentieren die Beamten den Tathergang und fotografieren die Verletzungen. Erhebliche Würgespuren sind am Hals zu erkennen und auch Hämatome am linken Oberarm.

Bei der Polizei gibt die Frau an, dass es zuvor nie zu körperlichen Übergriffen gekommen war. „Es war mir zu peinlich“, begründet sie die Verheimlichung. „Wie kann die Polizei blaue Flecken nach ein paar Stunden fotografieren?“, fragt der angeklagte Ehemann.

Immerhin kommen blaue Flecken erst nach mehreren Stunden oder gar Tagen zum Vorschein. „Ja“, sagt die Mutter, die vor Angst rote Flecken im Gesicht bekommt. „Das war schon von vorher.“ Dann merkt der Russe, der sich nur über eine Dolmetscherin mit den Anwesenden im Gerichtssaal verständigen kann, an, dass seine Frau ebensogut genau die gleichen roten Flecken gehabt haben könnte, wie jetzt vor Aufregung.

Aber Richter Klaus Hüttermann legt den Polizisten, die als Zeugen geladen sind und die Bilder geschossen haben, ebendiese noch einmal vor und bittet um einen Vergleich. „Nein, das waren eindeutig Druckspuren“, sagen sie.

Während der Verhandlung kann sich der Amtsrichter ein gutes Bild von dem Umgangston in der Beziehung machen. Dann taucht auch noch ein Schreiben einer Person auf, die dem Gericht unaufgefordert mitteilt, dass der Angeklagte ein ganz anständiger Kerl sei und die Ehefrau lüge. „Kennen Sie die Frau, die das geschrieben hat?“, fragt der Richter unter Nennung des Absenders. Die Ehefrau verneint.

„Trinken Sie?“, fragt Hüttermann den Angeklagten. „Nein“, gibt dieser zurück. Nicht mehr. Vor drei Jahren sei es schlimm gewesen, sagt seine Frau. Dann habe er sich nach Russland begeben, um dort Spritzen zu besorgen, die er sich injizieren sollte. „Wenn ich dann Alkohol trinke, geht es mir schlecht“, erklärt der gelernte Dreher und Schlosser den Hintergrund. Das habe gegen den Alkoholismus geholfen, gibt die Frau zu, aber seitdem sei die Kommunikation und Liebe zwischen den beiden eingeschlafen. Alles werde nur noch über die 18-jährige Tochter bespochen.

Deshalb hat die Bürokauffrau im Mai 2016, noch vor dem Vorfall, die Scheidung eingereicht. Ein Jahr lang müssen die beiden getrennt leben, um die Scheidung vollziehen zu können.

Weil der Angeklagte keine Vorstrafen hat, lautet das Urteil des Richters so: Acht Monate Freiheitsstrafe auf zwei Jahre Bewährung mit einem Bewährungshelfer. Zudem soll der Angeklagte 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, mindestens 20 Stunden im Monat.