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Gericht Geständnis in letzter Minute

Vor dem Amtsgericht Salzwedel musste sich ein Mann wegen des Besitzes kinderpornografischer Bilder verantworten.

Von Arno Zähringer 23.06.2017, 20:00

Salzwedel l Zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung hat das Amtsgericht Salzwedel am Freitag einen 28-Jährigen wegen des Besitzes von kinder- und jugendpornografischen Schriften und Bildern verurteilt.

Dabei hatte der Mann, der in der Hansestadt wohnt, noch richtig Glück. Ohne sein „Geständnis in letzter Minute“ (Richter Klaus Hüttermann) hätte der von Hartz-IV-Leistungen Lebende eine Haftstrafe antreten müssen. Die resultierte noch aus einer Verurteilung im November 2014 durch das Landgericht Halle. Dort wurde der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs einer Zwölfjährigen verurteilt – ebenfalls auf Bewährung.

Bis der 28-Jährige am Freitag allerdings ein umfassendes Geständnis ablegte, mussten sich Staatsanwältin und Richter ziemlich abenteuerliche Geschichten anhören. Auf dem Mobiltelefon des Mannes hatte die Polizei bei einer Wohnungsdurchsuchung fast 5000 Dateien gefunden – mit kinderpornografischem Hintergrund. Von wem der Angeklagte die Fotos und Filme hatte, das vermochte er nicht zu sagen.

Außerdem hätte er mehrfach versucht, die Dateien zu löschen, doch das habe aus technischen Gründen nicht funktioniert. Die Bilder seien immer wieder neu hergestellt worden. Laut Staatsanwältin waren darauf Kinder und Jugendliche beim Geschlechtsverkehr in verschiedenen Varianten zu sehen.

Deshalb hatte sich der Vater einer Tochter, die allerdings bei der Mutter lebt, wegen Besitzes und Beschaffens kinder- und jugendpornografischer Bilder und Schriften zu verantworten. „Stimmt der Vorwurf?“, wollte Hüttermann wissen. „Halb und halb“, lautete die Antwort des Mannes, der in den sozialen Netzwerken erst im Gruppen-, später im Einzelchat unterwegs war.

Die Bilder und Filme will er von einem Unbekannten per WhatsApp zugeschickt bekommen haben. Nicht nur Richter Hüttermann hegte an dieser Aussage Zweifel und wollte deshalb wissen: „Wie kann es sein, dass jemand, der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt ist, von einem völlig fremden Menschen unaufgefordert kinderpornografische Bilder zugeschickt bekommt?“ Eine Antwort blieb der Angeklagte schuldig.

In der Beweisaufnahme sagte der Angeklagte, der Schulden hat, die er noch bezahlen muss, dass er nicht pädophil veranlagt sei. Zudem hätten ihn die Bilder und Filme auch nicht sexuell stimuliert. Warum sie allerdings in seinem Besitz waren, dazu gab der Mann nichts Erhellendes von sich.

Richter Klaus Hüttermann wies in der Verhandlung auch darauf hin, dass laut Gutachten des Landeskriminalamts die Dateien nicht lange gesucht werden mussten, weil sie offen und zugänglich waren. Es deute nichts darauf hin, dass die Dateien gelöscht worden seien. Deshalb machte er dem 28-Jährigen klar: „Von meiner Entscheidung hängt ab, ob Sie in Haft gehen.“ Dieser entgegnete: „Was soll ich dazu sagen?“ „Die Wahrheit“, lautete Hüttermanns trockene Antwort. Doch bis es soweit war, dauerte es noch eine Weile.

Der Pflichtverteidiger des Angeklagten beantragte angesichts der vielen Widersprüche seines Mandaten eine Sitzungsunterbrechung, in der er seinem Mandanten offenbar deutlich machte, dass er über seine Aussagen noch einmal nachdenken sollte. Nach kurzer Pause legte der 28-Jährige ein umfassendes Geständnis ab. Für die Staatsanwaltschaft ein positiver Punkt, denn das „war eine unglaubliche Geschichte, die Sie uns hier aufgetischt haben“. So sah dies auch sein Verteidiger, der sich in seinem Plädoyer für eine erneute Strafe zur Bewährung aussprach.