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Gericht Reichsbürgerin erscheint nicht

Nicht vor Amtsgericht Salzwedel erschienen ist eine Angeklagte, die den Reichsbürgern zugeordnet wird.

Von Antonius Wollmann 25.02.2017, 13:10

Salzwedel l Hatte sie während der Verhandlung am Dienstag noch das Amtsgericht mit ihrer gelinde gesagt respektlosen Art in Aufruhr versetzt, zog es eine Salzwedelerin am Freitag vor, gar nicht zum zweiten Verhandlungstag zu erscheinen. Im Oktober des vergangenen Jahres hatte sie im Bürgercenter der Stadt Salzwedel für Unruhe gesorgt und herbeigerufene Polizisten attackiert.

Die deutsche Gerichtsbarkeit erkennt die Frau, die der „Reichsbürgerszene“ zugerechnet wird, ohnehin nicht an. Amtsgerichtspräsident Klaus Hüttermann und Staatsanwältin hatte sie beispielsweise permanent geduzt und Zeugen in einer bisher nicht gekannten Art lautstark unterbrochen. Weil zwischen ihr und dem Richter kein Vertrag bestehe, zweifelte sie außerdem die Rechtmäßigkeit der Verhandlung grundsätzlich an. Eine „Reichsbürgerin“ zu sein, verneinte sie übrigens vehement.

Die schräge Weltsicht der Angeklagten, der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen wurde, hielt Klaus Hüttermann nicht davon ab, sie trotz ihrer Abwesenheit zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 13 Euro zu verurteilen. Ob sie die Geldstrafe jemals zahlen wird, ist allerdings fraglich. Das Urteil wird ihr zwar per Post zugestellt, ob sie den Brief öffnet, ist mehr als fraglich. „Die Angeklagte verweigert die Zustellung der Post. Diese Verweigerung ändert aber nichts an der Rechtskräftigkeit des Urteils“, erklärte Klaus Hüttermann. Zahlt die 34-Jährige nicht, drohen ihr drei Monate Haft.

Die Salzwedelerin wird früher oder später wieder sowieso von der Justiz hören, ließ sie doch mit ihrer Abwesenheit ein zweites gegen sie laufendes Verfahren vorläufig platzen. Denn wenige Tage nach dem Bürgercenter-Vorfall war sie in der Salzwedeler Redaktion einer Zeitung vorstellig geworden und hatte mehrere Mitarbeiter beleidigt. Wann dieser Fall verhandelt wird, steht indes noch nicht fest.

Am Freitag nahmen mit Dennis R. und Falk S. (Namen geändert) außerdem noch zwei junge Männer auf der Anklagebank Platz. Ihnen warf die Staatsanwaltschaft vor, im Sommer in der Innenstadt Nazi-Parolen gerufen zu haben. Mit „Sieg Heil“- und „Heil Hitler“-Rufen seien sie nach einer Partynacht durch die Neuperverstraße gelaufen. Dies fällt unter den Strafbestand des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole. Vor ihren verbalen Ausfällen hatten sie in den Lokalitäten „City Club“ und „Nachtschicht“ ausgiebig gefeiert und getrunken. Anwohner hatten die Polizei verständigt und eine andere Besucherin der „Nachtschicht“ die Tat zur Anzeige gebracht.

Zur Aufklärung trugen die beiden Angeklagten wenig bei. Sie beriefen sich auf Erinnerungslücken in Folge ihres exzessiven Alkoholkonsums. „Ich erinnere mich nur daran, dass mich ein Türsteher in der „Nachtschicht“ geweckt hat“, sgate Dennis R. Erst am nächsten Morgen setze seine Erinnerung wieder ein. Falk S. äußerte sich ähnlich. In der Tat ergab der von der Polizei vorgenommene Alkoholtest eindeutige Werte: Wurden bei Dennis R. 1,7 Promille gemessen, waren es bei Falk S. gar 2,3 Promille.

Die Frage der Staatsanwältin, ob sie Sympathien für die rechte Szene hegen würden, verneinten die beiden. Dennis R. sagte, er kenne sich mit der deutschen Geschichte aus, würde sich aber von der Nazizeit distanzieren. Pikanterweise waren die beiden in der Nacht aber noch mit einem Spanier aneindergeraten.

Wegen der verminderten Schuldfähigkeit aufgrund des Alkoholkonums entschied Klaus Hüttermann, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldstrafe einzustellen. Dennis R. und Falk S. müssen jeweils 500 Euro an den „Weißen Ring“ zahlen. Der Verein unterstützt Menschen, die Opfer von Verbrechen geworden sind.