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Klage„Letzter Fricopaner“ will Rauswurf

Der Landtagsabgeordnete und ehemalige Fricopan-Betriebsrat Andreas Höppner (Die Linke) klagt vor dem Gericht in Stendal auf Kündigung.

Von Wolfgang Biermann 23.02.2017, 23:01

Stendal l Gütetermin vor dem Arbeitsgericht in Stendal am Dienstagmittag: Landtagsmitglied Andreas Höppner, der von sich sagt, der „letzte Fricopaner“ zu sein, klagt gegen seinen Noch-Arbeitgeber, die Fricopan Back GmbH Immekath, auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Das Unternehmen hat bekanntlich ihren Geschäftsbetrieb im Vorjahr zum 31. August eingestellt hat. Höppner war dort 17 Jahre beschäftigt, davon etliche Jahre als Betriebsratsvorsitzender,

Derzeit ruht das Arbeitsverhältnis, weil er ein politisches Mandat ausübt. Noch, denn am Dienstag ging es vor dem Arbeitsgericht um einen Auflösungsvertrag, den er gemeinsam mit seiner Magdeburger Anwältin Heike Danz von Fricopan, wenn er ihn denn schon nicht in Güte freiwillig erhält, einklagen will. Fricopan-Anwalt Jürgen Schmitt aus Stuttgart und Anja Zapka-Volkmann, Personalchefin für Europa bei Aryzta, dem schweizerischen Mutterkonzern von Fricopan, lehnen dies kategorisch ab.

Der Hintergrund ist allen Beteiligten im Gerichtssaal 111 klar: Gibt Fricopan Höppners Verlangen nach, ist eine Abfindung fällig. Und die beläuft sich nach Berechnungen von Höppner auf 63  910,77 Euro.

Ein Aufhebungsvertrag sei nicht einklagbar, macht die Vorsitzende Richterin, Arbeitsgerichtsdirektorin Elisabeth Quick, dazu sofort klar, weil in Deutschland Vertragsfreiheit bestehe: „So ist der Rechtsstaat.“ Fricopan könne demnach nicht zu einem Aufhebungsvertrag gezwungen werden, erläutert Quick die Rechtslage.

Dann eben Kündigung, so Höppner und Danz. Kündigungen ruhender Arbeitsverhältnisse von politischen Mandatsträgern seien laut Gesetz gar nicht möglich, befindet die Richterin. Ausnahme, es ginge dabei nicht um das politische Mandat selbst. Das sei hier wohl der Fall. Aber: Ihr fehle die Rechtsgrundlage, Fricopan zur Kündigung zu verurteilen. „Das ist spannend: Das habe ich noch nie gehabt – Kündigung einklagen“, so Richterin Quick. Anwältin Danz beruft sich mit ihrer Klage auf den vertraglich ausgehandelten sogenannten Interessenausgleich und den Sozialplan zwischen Aryzta-Fricopan und den Mitarbeitern.

In diesem „Interessenausgleich“, einem Instrument der betrieblichen Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz im Arbeitsrecht, habe sich laut Danz Fricopan dazu verpflichtet, allen Mitarbeitern zu kündigen und ihnen eine Abfindung zu zahlen. Fricopan zeige mit der Nichtkündigung von Höppner ein „treuewidriges Verhalten“. Fricopan habe allen gekündigt, nur ihrem Mandanten nicht.

Doch auch da geht Richterin Quick nicht mit. Man könne hier doch „Äpfel nicht mit Birnen vergleichen und daraus ein Recht auf Kündigung ableiten“. Es gehe doch vorwiegend um ehemalige Mitarbeiter, die sozial nicht abgesichert seien. Das bringt ihr den Vorwurf von Höppner-Anwältin Danz ein, sie hätte eine „vorgefasste Meinung“. Das stimme nicht, vielmehr habe sie „nach vorläufiger Würdigung“ nur ihre derzeitige Auffassung dargelegt, entscheiden werde eine später stattfindende Sitzung ihrer Kammer, erwidert Richterin Quick.

Zu bedenken gibt sie zudem, dass, vorausgesetzt es komme zu einer Entscheidung für Höppner, dann möglicherweise eine Kündigungsschutzklage nachschieben könne, um die Abfindung in die Höhe zu treiben.

Den Hauptverhandlungstermin setzt Richterin Quick für den 1. September, 11.30 Uhr an. Dazu ordnet sie das persönliche Erscheinen von Andreas Höppner und Fricopan-Geschäftsführer Coen Terlingen an. Außerdem gibt Quick Anwältin Danz auf, innerhalb von zwei Monaten ihre Klage per Schriftsatz eingehend zu begründen.

Fricopan hat danach zwei weitere Monate Zeit, darauf schriftlich zu erwidern. Abschließend weist die Richterin noch darauf hin; „Wenn die Firma Fricopan im Handelsregister bis dahin gelöscht wird, dann ist gar nichts mehr.“