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Landespolitik Krause: "Ich habe Furchen hinterlassen"

Der Landtagsabgeordnete Hans-Jörg Krause tritt in diesem Jahr nicht zur Wahl an. Nach 26 Jahren Landespolitik wartet der Ruhestand auf ihn.

Von Uta Elste 28.01.2016, 02:00

Salzwedel l In den Sitzungsprotokollen wird die Zusammenkunft des Landtages am 20. Januar in Magdeburg als 106. Sitzung dieser Legislaturperiode vermerkt. Für Hans-Jörg Krause, Landtagsabgeordneter der Partei Die Linke, ist es eine besondere Sitzung. Nicht nur, weil er an diesem Tag 62 Jahre alt wurde. Es ist seine letzte Landtagssitzung. Der Salzwedeler stellt sich am 13. März nicht wieder zur Wahl. Zeit für einen Rückblick auf 26 Jahre Landespolitik.

Krause, Agraringenieur aus Packebusch, leitete zu DDR-Zeiten die Abteilung Landwirtschaft beim Rat des Kreises Salzwedel. Nach der Kommunalwahl 1990 war er arbeitslos. Der damals Mittdreißiger musste sich beruflich neu orientieren. Er interessierte sich für Wirtschaftsrecht und dachte an ein erneutes Studium an der Fachhochschule in Wismar.

Doch dazu kam es nicht. Denn seitens des Kreisvorstandes der damaligen PDS hieß es: „Du kandidierst!“ Es folgte ein turbulenter Wahlparteitag in Dessau, in dessen Verlauf Hans-Jörg Krause auf dem 10. Platz der Landesliste landete. „Auf diesem Listenplatz war ich auch bei den folgenden vier Wahlen. Ich wurde schon gefragt, ob ich ein Abo auf diesen Platz habe“, erinnert sich Krause schmunzelnd.

Er wollte sich für die Landwirtschaft einsetzen, für den ländlichen Raum und den Erhalt der genossenschaftlichen Strukturen, so der Politiker weiter. „Gleich während der ersten Sitzung des Landtages nach der Konstituierung ging ich in die Bütt, also ans Rednerpult. Der damalige Ministerpräsident Gerd Gies gab seine Regierungserklärung ab, und ich habe für unsere Fraktion zum Thema Landwirtschaft gesprochen.“

Eine Rede einfach nur zu halten, ist nicht Krauses Sache. Dafür bewegt ihn die Zukunft der Landwirtschaft viel zu sehr. Die Haltung der anderen Landtagsabgeordneten gegenüber den Mitgliedern der SED-Nachfolgepartei PDS habe er damals als ablehnend, ja hasserfüllt empfunden, erinnert sich Krause.

Der Satz „Ich stehe vor einem Haufen menschlicher Primaten“ habe ihm damals jedoch noch keinen Ordnungsruf eingebracht. Das änderte sich allerdings in den folgenden Jahren. Wieviele Ordnungsrufe er in den knapp 26 Jahren erhalten habe, wisse er nicht genau. Es dürfte aber eine stattliche Anzahl sein, sagt Hans-Jörg Krause und lächelt verschmitzt.

Doch er stehe zu seinem Ideal, dass die genossenschaftliche Produktion sozial und zukunftsträchtig sei. Es dürfe nicht um Betriebsgrößen gehen, sondern darum, welche Struktur die höchste Wertschöpfung, die meisten Arbeitsplätze und Biodiversität ermöglicht, sagt Hans-Jörg Krause mit Nachdruck und klingt dabei nicht wie jemand, der sich gerade von der Politik verabschiedet.

Mit einer 40-Stunden-Woche komme man als Landtagsabgeordneter nicht aus. „Manchmal war ich drei bis vier Tage am Stück unterwegs.“ Seine Mitarbeiterin Carola Sperling etablierte derweil das Salzwedeler Wahlkreisbüro als Anlaufpunkt. Das Familienleben mit Ehefrau Karin und den drei Kindern richtete sich an den erst vier-, dann fünfjährigen Legislaturperioden aus. „Man konnte ja nicht davon ausgehen, dass man wiedergewählt wird.“

Die Platzierung auf der Landesliste sicherte ihm von Wahl zu Wahl den erneuten Einzug in den Landtag. Doch Hans-Jörg Krauses Ehrgeiz richtete sich auf das Direktmandat im Wahlkreis Salzwedel. Er habe meist etwas weniger Stimmen als der jeweilige CDU-Kandidat, erst Egon Sommerfeld, dann Jürgen Stadelmann, erhalten. „Ich dachte immer, drei bis vier Prozent, dass müsste doch machbar sein.“

2011 schaffte er es. Allerdings schätzt Hans-Jörg Krause die Auswirkungen der Sätze Angela Merkels über Salzwedel, dass die Hansestadt nach blühender Vergangenheit nunmehr den Anschluss verpasst habe, als nicht so ausschlaggebend ein. Aus seiner Sicht sorgten eher die Auseinandersetzungen um die illegale Müll-entsorgung in den Tongruben von Vehlitz (Jerichower Land) dafür, dass Jürgen Stadelmann, vormals Staatssekretär im Landes-Umweltministerium, im Kampf um das Direktmandat das Nachsehen hatte.

Und jetzt der Rückzug aus der Landespolitik. „Man sollte auch den Mut und die Kraft haben aufzuhören. Es heißt immer, wer nicht ackert, pflügt und Furchen hinterlässt, der hat nicht gelebt. Und ich habe Furchen hinterlassen“, stellt Hans-Jörg Krause fest und lächelt.

Und wohl auch Lücken. „Er wird mir fehlen. Hans-Jörg war immer für eine Überraschung gut“, bedauert sein Kollege Jürgen Barth (SPD) aus Lockstedt. Es sei eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gewesen, so die übereinstimmende Bilanz der beiden Altmärker.

Und was kommt danach? Mehr Zeit für die Familie natürlich, denn inzwischen ist Hans-Jörg Krause begeisterter dreifacher Großvater. Im Deutschen Langhaarverband Nordwest will der passionierte Jäger verstärkt mitarbeiten, der stolz auf die bestandene anspruchsvolle Elm-Schweißprüfung seines Jagdhundes Gero von Althümling ist. Und er werde sich natürlich weiter kommunalpolitisch engagieren und zu Wort melden, kündigt Hans-Jörg Krause an.