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Glinde Sommercamp sorgt für Irritationen

Heute endet das Camp der Lothar-Kannenberg-Akademie im Glinder Sportpark. Hier hielten sich jugendliche Flüchtlinge auf.

Von Thomas Linßner 11.08.2015, 17:32

Glinde l Irritationen gab es wegen des Aufenthaltes von „unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“, die sich knapp zwei Wochen lang im Glinder Sportpark aufhielten. Handelte es sich bei den 45 Jugendlichen um straffällig Gewordene, die in Bremen über Wochen Schlagzeilen machten?, wollte eine Leserin aus Glinde wissen. Zur Erinnerung: Die „Akademie Lothar Kannenberg“ ist dabei, im Elbedorf eine Jugendhilfeeinrichtung aufzubauen, in der straffällig gewordene Kinder und junge Männer resozialisiert werden sollen.

Doch das aktuelle Camp sei quasi außer Konkurrenz gelaufen. Es handelte sich um unter 18-Jährige, die in Bremen untergebracht sind und von Kannenberg betreut werden. Herbert Becker, Pädagogischer Leiter der Kannenberg-Akademie: „Kriminell sind die alle nicht, kriminell ist man ja erst dann, wenn man verurteilt ist.“ Dennoch räumt er Probleme beim internen Campbetrieb ein: „Die Leute kommen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, wo der eine darauf achtet, dass er dem anderen gegenüber nicht benachteiligt wird.“

Vergangene Woche machte in Glinde ein Aufreger die Runde: Ein Dutzend junger Männer wollte nicht in Zelten schlafen, weil es ihnen „nachts zu kalt“ gewesen sei und sie das Leben in einem Bremer Hotel gewöhnt sind. Auf dem Gelände des Sportparks hatten die Organisatoren ein kleines Sommercamp aufgebaut, wo die Unterbringung in Zelten stattfand. Zeugen sahen vor gut einer Woche einen Trupp junger Männer, die mit Gepäck auf dem Weg nach Schönebeck waren und von der Polizei begleitet wurden …

Diese Beobachtung sorgte reichlich für Unmut. „Wenn mein Kind ins Ferienlager fährt, schläft es auch in einem Zelt und ich muss dafür bezahlen“, grollte eine Mutter (Name der Redaktion bekannt) aus Glinde. Was noch einer der sachlichsten Kommentare war. Herbert Becker räumt ein: „Die wohnen in Bremen in Hotels. Was aus pädagogischer Sicht keine schlaue Maßnahme ist.“ Denn unter normalen Umständen wehe in der Kinder- und Jugendhilfe ein anderer Wind. „Da müssen die Jugendlichen selber kochen, putzen und das Haus in Ordnung halten. Die müssen ja lernen, alleine zu leben“, sagt Becker.

In Bremen ist die Situation derzeit allerdings fatal: Dort sei überhaupt kein Jugendhilfeträger mehr in der Lage, jemanden aufzunehmen. Deshalb wurden für die minderjährigen Flüchtlinge Hotels angemietet, „bis sich eine bessere Möglichkeit der Unterbringung bietet“, wie Herbert Becker betont. Die Hansestadt sei mit fast tausend Flüchtlingen fast am Ende.

Im Sommercamp von Glinde seien einige der ausländischen Jugendlichen von falschen Voraussetzungen ausgegangen. „Die hatten Fotos vom Sportpark gesehen und dachten, dass sie in den Bungalows untergebracht würden“, erzählt Herbert Becker. Elf hatten ihre Rucksäcke gepackt und waren zu Fuß zum Schönebecker Bahnhof aufgebrochen. Die Polizei kam nur ins Spiel, weil die Gruppe auf der Straße lief.

„Wir waren damit nicht einverstanden, dass die abreisen, konnten dagegen aber nichts unternehmen“, so Becker. Er habe sofort die Bahnpolizei verständigt. „Da kommen Jugendliche, die sind ohne unsere Erlaubnis unterwegs!“ Fahrkarten nach Bremen - so sie gelöst wurden - seien vom privaten Taschengeld bezahlt worden. „Wir haben daraus gelernt, versuchen über das Jugendamt einiges anders zu machen“, räumt der Pädagogische Leiter ein. So müsse beispielsweise das Taschengeld gekürzt werden.