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Besuch bei Zwingern Schönebecker Tieren geht es gut

Was ist an den Vorwürfen gegen das Schönebecker Tierheim dran? Zwei Schönebecker Stadträte haben das überprüft.

Von Julia Schneider 29.10.2015, 00:01

Schönebeck l Dienstagnachmittag, 15.30 Uhr: Die Stadträte Mark Kowolik (parteilos) und Andreas Schumann (CDU) treffen sich vorm Schönebecker Tierheim. Sie wollen der Einrichtung unangekündigt einen Besuch abstatten, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wie es dort aussieht und vor allem davon, wie es den Tieren dort geht.

Dass die beiden Stadtratsmitglieder sich nicht mit den ehrenamtlichen Mitarbeitern des Tierheims abgesprochen haben, beweist die Tatsache, dass sie einen Tag zuvor vor verschlossenen Türen standen, weil sie die Einrichtung versehentlich außerhalb der Sprechzeiten besuchen wollten. Am Dienstag aber haben die Männer Glück. „Na gerne doch, kommen Sie rein, gucken Sie sich um“, empfängt Tierheim-Mitarbeiter Michael Boner die Stadträte. Auch die Volksstimme lässt er bereitwillig hinein, Fotos dürfen gemacht werden, „wir haben nichts zu verbergen“, heißt es.

Sofort werden Mark Kowolik und Andreas Schumann zu den Hundezwingern geführt, um die schon seit Jahren in regelmäßigen Abständen immer wieder Gerüchte brodeln. Dreckig sollen sie sein, nass und kalt. „Hunde sitzen in maroden und verschimmelten Hütten und Zwingern“, heißt es gar in einer Online-Petition, die mehrere Schönebecker ins Leben gerufen haben und die auch im letzten Stadtrat Thema war (Volksstimme berichtete). Den Tieren würde es außerdem schlecht gehen, so lauten Gerüchte. Die Hunde „werden schon seit Jahren mit drastischen Mitteln gemaßregelt: Anschreien, Würgehalsbänder, Wasserschlauch oder vorhandene Besen und Stöcke werden angewendet“, heißt es in besagter Online-Petition.

Als die Stadträte das Tierheim besuchen, bietet sich ihnen jedoch ein anderes Bild. Einige Hunde bellen beim Eintreffen des Besuchs, kommen an die Zwinger-Gitter gerannt und wedeln mit der Rute. „Denen geht es gut“, sagt spontan Andreas Schumann, der seit seiner Kindheit Hundebesitzer ist und schon verschiedene Tiere zu Hause hatte. Trotzdem wollen er und sein Gremienkollege es genau wissen und lassen sich einen Zwinger nach dem anderen aufschließen.

Reparatur schrittweise, so wie Geld da ist

Tierheim-Mitarbeiter Michael Boner erklärt währenddessen. „Naja, dass hier vieles noch aus DDR-Zeiten ist, sieht man an dem Boden“, gibt er zu. „Wir sind hier eben nicht in Berlin und haben keinen großen Glaskasten, in dem die Hunde sitzen. Dafür fehlt das Geld“, erläutert er. Michael Boner war viele Jahre ehrenamtlicher Mitarbeiter und ist seit einigen Monaten fest im Tierheim angestellt. Er ist es auch, der nach und nach die Hundezwinger auf Vordermann gebracht hat. „Vor Jahren waren einige wirklich in nicht so gutem Zustand. Aber die haben wir repariert. Das ist natürlich nur immer schrittweise möglich, so wie Geld da ist“, erklärt er.

Das bestätigt auch Tierheim-Leiterin Karin Braumann, die bei dem Überraschungsbesuch der Stadträte nicht vor Ort ist, später am Telefon. Sie weist darauf hin, dass jeder Hundezwinger über die gesetzlich vorgeschriebene Größe verfügt. Außerdem, so überzeugen sich auch Mark Kowolik und Andreas Schumann, verfügt jeder Zwinger über eine Erhöhung mit einer kleinen, gedämmten Hütte und zusätzlichen Hundedecken oder Körbchen. „Einigen Hunden legen wir Stroh in den Zwinger, weil sie die Decken zerruppen“, sagt Karin Braumann. Dem Vorwurf aus der Online-Petition, gespendete Decken und Hundekörbe würden von der Leiterin zurückgehalten werden, wiederspricht sie. „Das ist Verleumdung“, sagt sie vor allem auch über das Gerücht, Hunde würden in ihrem Tierheim misshandelt oder gar geschlagen werden. Das alles sei totaler Quatsch, sagt Karin Braumann. Und auch die Stadträte haben das Gefühl, an den Anschuldigungen sei nichts dran. „Hätten die Hunde Angst, würde es ihnen nicht gut gehen, würden sie sich ganz anders verhalten“, sagt Andreas Schumann. Mark Kowolik kann derweil keine Missstände in den Zwingern sehen und ist im Gegenteil sehr angetan von dem Zustand der Einrichtung. „Dass kein Geld da ist, wissen wir. Und dafür ist es hier sauber und ordentlich – in jeder Ecke“, stellt er fest.

Einige Vorwürfe können und wollen die Tierheim-Mitarbeiter übrigens nicht entkräften. „Dass wir hier täglich mit dem Schlauch die Zwinger abspritzen, stimmt natürlich. Sie werden jeden Morgen gereinigt. Wie sonst soll das passieren?“, fragt Michael Boner. Auch ein im Internet aufgetauchtes Foto einer Glasscherbe kommentiert er. „Wir sind hier auf dem Gelände einer ehemaligen Mülldeponie. Und in der Tat finden wir hier selten noch Scherben, wenn ein Hund beispielsweise irgendwo buddelt. Dann schmeißen wir das Glas weg. Ganz einfach“, sagt er.

Zustand sauber und ordentlich

Während die Mitarbeiter sich um Futter und Hygiene der Tiere kümmern, sorgen die ehrenamtlichen Gassi-Geher – mindestens zehn gibt es immer – für den nötigen Auslauf. So ist beim Besuch der Stadträte auch Barbara Ludwig anzutreffen, die mit ausgewählten, am liebsten kleineren Hunden spazieren geht, seitdem ihr eigenes Tier vor gut einem Jahr verstarb. „Hier ist alles sauber und ordentlich, keine Frage“, erklärt sie. Positiv äußern sich auch Natalie Bentke und Denise Schwäbe, die derzeit ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr im Tierheim absolvieren. Natalie bringt ihren eigenen Hund Mopi zur Arbeit in die Einrichtung mit und hat sich dort schon in „Easy“ verliebt, der bald ihr Zweithund werden soll. Beim Besuch sitzt sie mit beiden Tieren kuschelnd in einem der Zwinger, die für Pflegehunde bestimmt sind, die Schönebecker während ihres Urlaubs im Tierheim betreuen lassen. „Wenn das Tierheim so schlecht wäre, würde wohl kaum jemand seinen Hund zur Pflege hier lassen“, sagt Andreas Schumann. Er und Mark Kowolik wollen ihre Beobachtungen bei der nächsten Stadtratssitzung ihren Gremienkollegen schildern. Sie hoffen, dass das Thema Tierheim bald ein Ende findet. Jeder, so sagen sie, könne sich persönlich vom Zustand der Tiere überzeugen. „Und der ist gut. Deshalb muss das Thema auch bald mal abgehakt werden!“.