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Drogenprozess Ermittlungsführerin sagt aus

Ein Schönebecker soll Teil einer Niederlande-Duisburg-Verbindung gewesen sein, die in großem Stil mit Drogen handelt.

Von Franziska Ellrich 13.11.2015, 00:01

Schönebeck/Magdeburg l Von „selten so gut abgeschotteten Drogenfahrten“ spricht die Polizeibeamtin am Donnerstag vor dem Magdeburger Landgericht. Sie ist die Ermittlungsführerin am Duisburger Polizeirevier und schildert, wie der Drogenhandel in großem Stil abgelaufen ist, in den der Schönebecker Akkan L.* verwickelt war. Seit Mai sitzt der 36-Jährige in Untersuchungshaft. Mehr als 60 Kilogramm illegaler Drogen haben die Ermittlungsbeamten bei ihm sicher gestellt. Amphetaminpaste und Marihuana wollte der türkischstämmige Schönebecker gerade aus einem Kurierfahrzeug ausladen, Haschischplatten standen bereits in seiner Garage. Wie es zu dem Übergriff kam, schildert die Polizistin aus Duisburg: Anfang des Jahres haben sich niederländische Behörden an die Duisburger Beamten gewandt und um Hilfe gebeten. Anlass: Eine Tätergruppe rund um vier türkischstämmige Brüder soll Kurierfahrten organisiert haben, um Betäubungsmittel in großer Menge aus den Niederlanden über Duisburg in ganz Deutschland auszuliefern.

„Dieser Verdacht hat sich schnell verdichtet“, erklärt die Polizeibeamtin gegenüber der Vorsitzenden Richterin. Man habe daraufhin verdeckt ermittelt, Telefone überwacht und technische Mittel eingesetzt. Schnell war klar: „Eine große Gruppe hat Drogen aus den Niederlanden nach Deutschland geliefert, Schönebeck spielte dabei eine wichtige Rolle.“

Bereits Anfang April konnten die Ermittler einen ersten Transport nach Schönebeck nachvollziehen. Allerdings sei man immer auf die Hinweise der Niederländer angewiesen gewesen. Die Duisburger Ermittlungsführerin spricht aus Erfahrung: „Das Zusammenspiel war so gut abgeschottet.“ Die Kurierfahrer des extra ausgebauten Kleintransporters mit elektronisch verschlossenem Drogen-Geheimfach hatten keinen Kontakt zu den Abnehmern. Sondern mussten eine Stunde vor Ankunft einen Mittelsmann kontaktieren, der wiederum in den Niederlanden anrief, damit die Strippenzieher dem Abnehmer am Zielort Bescheid geben konnten. An dieser Stelle kommt der Angeklagte Akkan L. ins Spiel. Während die Kurierfahrer den Drogen-Transporter auf einem Parkplatz im Schönebecker Gewerbegebiet abstellten und sich entfernten, setzte sich Akkan L. ans Steuer, um die Ware in seiner Garage auszuladen. Danach sollte der Transporter mit dem Geld für die Drogen - beim Übergriff befanden sich knapp 50 000 Euro in einer Plastiktüte auf dem Beifahrersitz - zurückgebracht und vom Kurierfahrer wieder übernommen werden. Pro Tour sollen die Fahrer der Polizistin zufolge 1750 Euro kassiert haben.

Nach der Aussage von Akkan L. hat er für die Nutzung seiner Garage als Drogenbunker kein Geld bekommen, sondern ihm wurden Schulden erlassen. Schulden, die er bei einem Unbekannten gemacht hat, um Immobilien in Schönebeck für eine geplante Vermietung zu sanieren. Wer die Drogen abgeholt hat, wisse der Angeklagte nicht. „Er hat nie damit gehandelt“, räumte sein Verteidiger bereits am ersten Verhandlungstag ein. Für die ermittelnde Polizeibeamtin macht es das nicht weniger schlimm: „Selbst die Rolle des Depot-Halters ist nicht zu unterschätzen, ohne Depot läuft nichts.“

Inwieweit Akkan L. in die Bestellung der Drogen oder Preisabsprachen einbezogen war, ist unklar. Die Duisburger Beamten haben alle aufgezeichneten Telefon- und Email-Kontakte vom Türkischen ins Deutsche übersetzt. Dort ist immer von einer zweiten Person neben dem Besteller die Rede. Die Ermittlungsführerin geht davon aus, dass es sich dabei um den Schönebecker handelt. Doch die Nummer des bei ihm gefundenen Telefons stimmt nicht überein. Und offensichtlich gebe es noch „eine Person im Hintergrund“, die man bisher nicht geschnappt hat.

Dass außer in der Garage und in dem Kurierfahrzeug keine Drogen bei dem zweifachen Familienvater gefunden werden konnten, bestätigt ein Zollbeamter am Donnerstag. Er war an der Durchsuchung der Schönebecker Wohnung des Angeklagten beteiligt. „Dort war alles so blitzblank, mir kam das vor wie eine Alibi-Wohnung“, erklärt der Zollfahnder.

In der nächsten Woche soll das Urteil gefällt werden. Doch für Akkan L. bleibt das nicht der letzte Prozess. Die Staatsanwaltschaft hat bereits wegen weiterer Drogenlieferungen, in die Akkan L. verwickelt war, Anklage erhoben.

*Name von der Redaktion geändert