Schutz Theorie und Praxis ...

Die Kriminalisten geben in Barby Tipps gegen Einbrüche. Was zu verblüffenden Erkenntnissen führte.

Von Thomas Linßner 13.11.2015, 20:11

Barby l „Ein angekipptes Fenster ist ein offenes Fenster. Das sollte man immer im Hinterkopf haben“, sagt Kriminalhauptkommissar Bernd Neumann. Ein paar Schüler hören sich diesen Satz artig, aber eher gelangweilt an. Aber nicht lange. Als Neumann seinen Worten Tagen folgen lässt, bekommen die Anwesenden Stielaugen. Der Kriminalist nimmt ein kurzes Stück Rohr, an dem zwei dünne Seile befestigt sind. Dann fädelt er mit „spitzen Fingern“ das Rohr über den Fenstergriff, zieht am Seil und bewegt ihn. Das Fenster öffnet sich, der Weg für einen potenziellen Einbrecher wäre schnell und komfortabel frei.

Bernd Neumann genießt die Verblüffung der Zuschauer. „Ja, so schnell geht das, wenn man Übung hat“, triumphiert er. Und Spitzbuben haben Routine.

Doch damit nicht genug. Wie Einbrecher zu wenig gesicherte Fenster und Türen überwinden, demonstriert er als Zugabe. Ein starker Schraubenzieher, ein unbeobachteter Moment und etwas kriminelle Energie reichen aus und ruck-zuck stehen Fenster oder Balkontür offen und der Einbrecher im Wohnzimmer. „Man muss nur die richtigen Stellen kennen“, sagt Neumann und sticht mit dem Werkzeug zwischen Rahmen und Fenster. Das macht er drei, vier Mal ... dann verbreitet er erneut Staunen.

Das Wichtigste sei die mechanische Sicherung von Türen und Fenstern. Wer glaubt, mit einem teuren Sicherheitsschloss wäre es getan, der ist auf dem Holzweg. Wichtig ist das Türschloss in der Kombination mit Türblatt, Rahmen und Beschlägen. Auch eine durchwurfhemmende Verglasung ist bedeutsam. Und man sollte nach dem Abschließen den Schlüssel auch nicht irgendwo verstecken. Es ist immer noch weit verbreitet, dass es im Blumenkasten oder unter der Fußmatte hinterlegte Schlüssel gibt. „Wichtig sind“, hebt der Hauptkommissar den Finger, „Fenster und Türen der Widerstandsklasse 2, DIN 1627.“ Diese Widerstandsklasse bietet einen Grundschutz gegen den Einbruchsversuch mit einfachen Werkzeugen wie Schraubendreher, Zangen oder Keile.

Bernd Neumann empfiehlt die Nachrüstung auf diese Norm, wenn Fenster und Türen noch nicht diesen Standard besitzen. „Das macht Ihnen ein geschickter Tischler mühelos“, sagt er.

Wie dicht Theorie und Praxis zuweilen beieinander liegen, zeigte sich Stunden später. In der Nacht zum gestrigen Freitag wurde in die Apotheke am Barbyer Markt eingebrochen. Die Täter hebelten offenbar mühelos die Verbundglasscheibe im Ganzen aus dem Alu-Türrahmen, was kaum Spuren hinterließ. Nach Angaben der Polizei wurde ein Tresor entwendet. Darin habe sich eine geringe Menge Bargeld, aber verschreibungspflichtige Medikamente befunden. Die Täter seien sehr professionell und zielgerichtet vorgegangen, hieß es.