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Gerichtsurteil Drogen-Bunker: Sechs Jahre Haft

Sechs Jahre Haftstrafe für 62 Kilogramm illegaler Drogen. Diese große Menge wurde in der Garage eines Schönebecker Unternehmers gefunden.

Von Franziska Ellrich 21.11.2015, 11:38

Schönebeck/Magdeburg l Letzter Verhandlungstag im Schönebecker Drogenprozess vor dem Magdeburger Landgericht: Es geht um mehr als 60 Kilogramm illegaler Drogen – die Staatsanwältin spricht am Freitagvormittag von einer „Riesen-Menge, die ganz selten mal sichergestellt wurde“. Die Beweisaufnahme ist geschlossen. Der Angeklagte Akkan L.* wurde im Mai dieses Jahres dabei erwischt, wie er zehn Kilogramm nasses Amphetamin und zwei Kilogramm Marihuana aus einem „hoch professionellen Versteck im Auto“, so beschreibt es die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer, in seiner Garage ausladen wollte. In dem „Drogen-Bunker“ entdeckten die Polizeibeamten bei ihrem Übergriff zusätzlich 50 Haschischplatten mit einem Gewicht von jeweils einem Kilogramm.

Dafür muss der Angeklagte jetzt für sechs Jahre hinter Gitter. So lautet das Urteil der Vorsitzenden Richterin. Und schließt sich damit dem geforderten Strafmaß der Staatsanwältin an. Die Begründung des Gerichts: „Wir sind überzeugt, dass Sie wussten, dass Sie da an einer ganz großen Sache beteiligt sind.“ Zudem habe Akkan L. gewusst, wie viele Drogen in seinem Depot lagerten. Zwar glaube das Gericht dem Angeklagten, dass er weder Einfluss auf die Bestellung noch die Qualität oder den Preis der Betäubungsmittel gehabt hat. Fakt ist aber, dass Akkan L. jederzeit Verfügungsgewalt über die Substanzen in seiner Garage hatte - auch wenn sie ihm nicht gehörten.

Der Angeklagte Akkan L. war vom ersten Prozesstag an geständig. Die Staatsanwältin bewertet das in ihrem Plädoyer jedoch nicht so hoch wie seine beiden Verteidiger. „Bei der gefundenen Menge wäre Abstreiten auch schwierig geworden.“ Was sie ihm zugute hält: Akkan L. ist noch nie bei der Polizei auffällig geworden, hat keinen Eintrag im Vorstrafenregister. Auch dass die Drogen nicht in den Verkehr gelangt sind, müsse positiv berücksichtigt werden. Da sind sich Richterin und Staatsanwältin am Freitag einig. „Aber natürlich waren die Drogen für den gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen“, stellt die Staatsanwältin klar. Und fordert eine „deutliche Strafe“ aufgrund der großen Menge und dem Fakt, dass ohne die Rolle des „Depot-Halters“ erst gar kein Drogenhandel möglich wäre. Die von ihr geforderten sechs Jahre Haft sind es nun auch geworden.

Ein Grund dafür: Akkan L. besaß sowohl einen Autoschlüssel für den Drogen-Transporter als auch den Transponder, um das luftdicht und elektronisch verschlossene Versteck zu öffnen. Geliefert wurden die Betäubungsmittel der Staatsanwältin zufolge von einer „hoch-kriminellen Organisation“. Vier türkische Brüder sollen laut den Duisburger Ermittlungsbeamten Drogen in sehr hohen Mengen aus den Niederlanden über Duisburg in ganz Deutschland ausgeliefert haben - Schönebeck soll dabei eine wichtige Rolle gespielt haben. Die Drahtzieher legten Wert darauf, dass sich Kurierfahrer, Abnehmer und Depot-Halter nicht gegenseitig kennen. Die Fahrer haben den beladenen Transporter entweder an einer Tankstelle oder vor einem Schnellrestaurant in Schönebeck abgestellt und sich entfernt.

Der Angeklagte übernahm daraufhin das Fahrzeug und lud die Drogen in seiner Garage in Schönebeck aus. Direkt Geld soll der 36-Jährige dafür nicht bekommen haben, sondern ihm wurde pro Lieferung ein Teil seiner Schulden erlassen. Eine hohe Summe, die der selbstständige Unternehmer sich geliehen hat, um angekaufte Immobilien in Schönebeck zu sanieren.

Akkan L. hat die letzten Worte, bevor das Gericht sich am Freitag zur Urteilsberatung zurückzieht. Dabei räumt er ein: „Ich möchte nichts schön reden, es war ein Fehler und ich bereue das tief in meinem Herzen. Ich wurde durch meine finanzielle Lage dazu gezwungen. Ich habe zwei kleine Kinder, die mich brauchen – deswegen möchte ich um ein milderes Strafmaß bitten.“

Geht es nach Akkan L.'s Verteidigung, hätten die beiden Rechtsanwälte ein Strafmaß in Höhe von nur vier Jahren für angemessen gehalten. Der türkischstämmige Schönebecker habe den gesamten detailliert durchgeplanten Prozess nicht überblicken können. Akkan L. sei nicht tiefer in die Organisation und Planung involviert gewesen. „Er war sozusagen die arme Sau, die nur eine Nachricht bekam, wenn wieder was in die Garage transportiert werden musste“, beschreibt sein Verteidiger gegenüber der Vorsitzenden Richterin.

Am Tag seiner Festnahme fanden die Polizeibeamten fast 50 000 Euro Bargeld in einer Einkaufstüte auf dem Beifahrersitz seines Wagens. Für Akkan L. soll das jeweils das Zeichen gewesen sein, dass wieder eine Lieferung ankommt. Das Geld sollte dann mit dem Kurierfahrer zurück zu den Verkäufern in den Niederlanden gehen. Dazu ist es in der Nacht der Festnahme im Mai nicht gekommen. Worauf die Verteidigung pocht: Die Untersuchungshaft des Angeklagten solle doch bitte bis zu seinem Haftantritt ausgesetzt werden. Denn Akkan L. ist gerade zum zweiten Mal Vater geworden und würde sich gern um den Säugling kümmern - die Familie wäre bereit, eine Kaution für seine zwischenzeitliche Entlassung zu zahlen. Die Richterin verneint: „Das kommt uns komisch vor - erst steigen sie wegen ihrer Schulden ins Drogengeschäft ein und jetzt stellt ihre Familie ihnen so viel Geld zur Verfügung.“

Für Akkan L. ist es mit diesem Urteil nicht getan. Er soll noch in weitere Drogen-Übergaben verwickelt gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft hat bereits eine weitere Anklage erhoben, verhandelt wird jedoch nicht mehr in diesem Jahr.

*Name von der Redaktion geändert