Verkehrsgesellschaft Schlechte Noten

Schlechte Noten erhält die Kreisverkehrsgesellschaft in einer Studie zum Personennahverkehr.

Von Ulrich Meinhard 21.12.2015, 18:17

Schönebeck/Staßfurt l Wer ein Auto hat, ist mobil und damit nicht angewiesen auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Der wird im Salzlandkreis auf den Straßen vorrangig von der Kreisverkehrsgesellschaft (KVG) betrieben. Jetzt liegt eine Untersuchung des ÖPNV für den Stadtverkehr Bernburg und den ländlichen Raum im Bereich der Stadt Könnern vor, die der KVG schlechte Noten ausstellt. Erarbeitet hat das Papier die Tramp - Traffic and Mobility Planning GmbH mit Sitz in Magdeburg. Auftraggeber war die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH, kurz Nasa.

Unter der Zwischenüberschrift „Einschätzung des aktuellen Angebotes“ heißt es: „Das Angebot ist überwiegend durch den regionalen Schülerverkehr geprägt. Durch die vollkommen fehlende Vertaktung des Angebotes sind Fahrpläne für Fahrgäste kaum merkbar. Am Wochenende ist das Angebot so gering, dass eine Nutzung praktisch nicht möglich ist.“

Weiterhin wird festgehalten: „Bernburg ist kein Taktknoten im integralen Taktverkehr und eine Abstimmung der Fahrpläne zwischen dem Schienen-Personen-Nahverkehr und dem Straßen-Personen-Nahverkehr ist nicht erkennbar.“ Will heißen: Die KVG-Fahrpläne existieren, als ob es keine Notwendigkeit für Anschlüsse an andere Busse oder die Bahn gibt.

Erwähnt wird auch, dass Arbeitnehmer, die in Betrieben arbeiten, die auf der grünen Wiese entstanden sind, quasi keine Chance haben, diese mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen.

Im die Nachfrage im öffentlichen Personennahverkehr nicht noch weiter sinken zu lassen, sei es erforderlich, „das Angebot wieder stärker auf den Jedermann-Verkehr auszurichten“. Verstärkt im Fokus müsse die Gruppe der Senioren stehen. Wörtlich heißt es: „Im Linienverkehr ist es zur Erreichung von Nachfrageeffekten im Jedermann-Verkehr erforderlich, für die Kunden ein klar strukturiertes, leicht verständliches und somit gut merkbares Angebot zu schaffen.“ Reisezeiten sollten auch konkurrenzfähiger zum Individualverkehr werden. Wie soll das erreicht werden?

Aufgelistet werden folgende Vorschläge:

- eine konsequente Vertaktung und die Schaffung von Anschlusssystemen durch attraktive Stadtbussysteme und vertaktete Regionalbusangebote

- die Umsetzung einer identischen Linienführung für Richtung und Gegenrichtung

- die Vermeidung von Parallelverkehren

Betriebskosten könnten verringert werden durch:

- die Optimierung der Linienlänge

- die Anpassung von Schulanfangszeiten an die Erfordernisse eines optimierten Busverkehrs

- betriebliche Optimierungen im Bereich der Dienstplangestaltung

Bezogen auf Bernburg sind sich die Autoren der Studie sicher, dass sich die Zahl der ÖPNV-Nutzer verdoppeln lasse.

Auf fruchtbaren Boden stößt das Papier bei Kreistagsmitglied Johann Hauser (FDP). Hauser ist auch Mitglied im Aufsichtsrat der KVG. Allgemein kritisiert er, dass die Angebote der KVG immer mehr ausgedünnt werden. Absurd sei, dass der Bus-Fahrgast „aus Förderstedt dann in Staßfurt ankommt, wenn dort der Zug nach Magdeburg oder Halle gerade abgefahren ist“. Die Dörfer im Salzlandkreis sieht Hauser abgeschnitten.

Er stellt aber auch den Landkreis als Eigentümer der KVG in die Pflicht: „Die Straßen müssen zu jeder Jahreszeit mit Bussen befahrbar sein“, sagt der Liberale und verweist konkret auf die Kreisstraße zwischen Löbnitz und Hohenerxleben, die in einem „fürchterlichen Zustand“ sei.

In der Pflicht stehen für ihn auch die Direktoren der Schulen. Mit versetzten Schuleingangszeiten könnte eine Entspannung beim Schülertransport erreicht werden. „Wenn alle um 8 anfangen und um 16 aufhören - das funktioniert doch nicht“, argumentiert Hauser.

Das gesamte System des ÖPNV im Salzlandkreis müsse nach seinem Dafürhalten auf den Tisch. „So, wie es jetzt ist, geht es nicht weiter, andernfalls würden wir die KVG selbst in Frage stellen.“ Mit der Studie sieht das Kreistagsmitglied einen wichtigen ersten Schritt in Richtung eines attraktiveren ÖPNV im Salzlandkreis getan. „Lange hat es gedauert. Spät, aber nicht zu spät.“

Nach Volksstimme-Informationen soll das Thema ÖPNV im Mai 2016 im Kreistag behandelt werden. Mit entsprechenden Beschlüssen dürfte dann auch zu rechnen sein.

Der Geschäftsführer der KVG, Jens-Matthias Fleck, war gestern nicht erreichbar. In diesem Jahr nicht mehr, hieß es bei der KVG. Leider auch nicht zu erreichen war der Leiter des zuständigen Fachdienstes Kreis- und Wirtschaftsentwicklung des Salzlandkreises, Tilo Wechselberger. Dafür ging Landrat Markus Bauer ans Telefon. Zwar könne er konkret zum Arbeitspapier nichts Konkretes sagen, aber das Thema ÖPNV stehe bei ihm generell ganz oben auf der Agenda, betonte der Landrat.