Deichbau Wände in U-Form

Das größte Deichprojekt der letzten Jahre befindet sich derzeit in Schönebeck in Bau.

Von Olaf Koch 22.12.2015, 19:21

Schönebeck l Kopfschütteln bei Karl-Heinz Dietze. Der Schönebecker, der in der Baderstraße wohnt, hat die Baustelle am Salzblumenplatz tagtäglich direkt vor seinen Augen. Weil er etwas nicht versteht, wendet sich der Leser an die Volksstimme: „Gegenwärtig wird am Elb-ufer die geplante Hochwasserschutzwand vorbereitet. Wie viele andere Anwohner würde ich gern wissen, wer die Idee hatte, diese Schutzwand im Bereich des Salzblumenplatzes vom Elbufer weg zum Fahrbahnrand der Baderstraße zu verlegen? Wie wird diese absonderliche Linienführung begründet?“

Einer, der Antworten auf diese und andere Fragen hat, ist Ulf Reimherr. Der Flussbereichsleiter ist Projektleiter der Baumaßnahme „Deichlückenschluss Schönebeck“ des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) und hat den kompletten Überblick. Warum also wird der Deichschutz in U-Form am Salzblumenplatz gebaut und nicht in gerader Linienführung entlang des Elbufers? „Dafür liegen mehrere Gründe vor“, beantwortet Reimherr die Leserfragen in einem Pressegespräch.

Zunächst macht der Projektleiter auf den Untergrund im Bereich des Ufers am Salzblumenplatz aufmerksam. Er bezeichnet ihn als „gestörten Untergrund“, der sich zum Bauen schwer eignet. Dort ist demnach alles weich wie Pudding. „Hätten wir dort die Spundwand in die Erde gepresst, hätten wir diese sehr, sehr tief einrammen müssen. Das wäre dann extrem kostenintensiv gewesen“, berichtet der Experte.

Dritter Grund für das Verrücken der Schutzanlage in Richtung Baderstraße ist die Schieflage in Richtung Elbe. „Der Vorteil, dass wir das Ende des Salzblumenplatzes nutzen, ist das Gefälle zur Elbe. Wir können dort die Spundwand mit den Kopfbalken ebenerdig zum Platz abschließen, so dass bei einem Hochwasser nur die mobile Wand aufgestellt werden muss. Würde die gleiche Konstruktion unten an der Elbe stehen, würde am Ufer ein flache Mauer stehen, die die mobile Schutzwand aufnehmen würde“, berichtet der Projektleiter. Dies ist der Hauptgrund für besagte technische Lösung, die zudem einen deutlich besseren ästhetischen Wert habe: Der Salzblumenplatz muss nicht noch mit einer Schutzmauer direkt am Ufer „verschandelt“ werden.

So akribisch haben sich die Experten des LHW und die beauftragen Bauingenieure nicht nur wegen des Salzblumenplatzes Gedanken gemacht. An allen Stellen der kilometerlangen „Wasserfront“ wurden Individuallösungen gefunden. So sind in den nächsten Jahren noch zwei ganz spezielle geplant: Im Elbtor werden besondere Spundwände nicht nur dafür sorgen, dass das Wasser Elbe unterirdisch in Richtung Altstadt fließt, sondern auch dafür, dass Grundwasser aus Richtung Stadtseite nicht die Bauwand in die Elbe drückt.

Ein ganz neues Experiment wagen die Hochwasserschutz-Fachleute am Burgwall am angrenzenden Acker in Richtung Magdeburg: Dort werden spezielle Schläuche teilweise mit Sand gefüllt. Drei dieser Röhren aufgestapelt und mit Erde begrünt, ergeben einen festen Schutzwall gegen das Oberflächenwasser. Diese Baumaßnahme soll in einem Jahr im Dezember 2017 begonnen werden.

Alle sieben Bauabschnitte in der Kernstadt Schönebeck sowie in den Ortsteilen Plötzky und Pretzien kosten einschließlich der Planungen rund 20 Millionen Euro. Geld, das das Land nach dem Hochwasser 2013 zur Verfügung stellt.

In diesem Zusammenhang soll dann noch ein weiterer neuralgischer Punkt entschärft werden: Der Zufluss des Solgrabens in die Elbe. Von dort drückt der Fluss Hochwasser in das Stadtgebiet zurück. „Erste Ideen einer Lösung, die wir als LHW und die Stadt mittragen, gibt es schon. Ich denke, dass wir im Frühjahr 2016 dazu konkrete Aussagen treffen können. Vorher ist das noch nicht möglich“, so Ulf Reimherr zuversichtlich.

Leser Karl-Heinz Dietze hat noch ein Lob parat: Er bedankt sich bei den Bauarbeitern. „Sie verhalten sich sehr rücksichtsvoll gegenüber den Anwohnern. Dafür unsere Dankeschön“, schreibt er abschließend.