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Wintervögel Das ist keine Zeitungs-Ente

Der Naturschutzbund Deutschland ruft von heute an bis zum Sonntag alle Bürger auf, sich an der „Stunde der Wintervögel“ zu beteiligen.

Von Ulrich Meinhard 08.01.2016, 10:25

Schönebeck l Weiß doch der Kuckuck, was das für ein Vogel ist ... Eine wirklich rein poetische Redewendung zum Thema Vögel zu finden, ist schwierig. Die meisten sind recht rustikal: komischer Vogel oder komischer Kauz heißt es im Volksmund. Oder auch: Dreckspatz, Schmierfink, Rabeneltern, Schnapsdrossel. Zeitungsente gar ... Diese Zuordnung fällt in der Tat nicht schwer. Jedoch das Wissen um die tatsächlichen Arten, die profunde Kenntnis der gefiederten Freunde dürfte allgemein eher dünn ausfallen.

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Jemanden einen Vogel zeigen ist leicht - aber die wissenschaftliche Bestimmung ist schon schwerer. Zumal dann, wenn es nicht um Spatz oder Ente geht. Doch an der „Stunde der Wintervögel“, zu der der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) von heute an bis zum Sonntag aufruft, kann eigentlich jeder interessierte Bürger teilnehmen, der einen Spatz von einer Ente unterscheiden kann. Denn im Mittelpunkt dieser bundesweiten Zählung stehen Arten, die auch Ottonormalbürger vertraut sind, wie Haussperlinge, Kohlmeisen, Amseln.

„Das Ganze ist eine Mitmachaktion, bei der keineswegs nur Experten gefragt sind“, erklärt der Vorsitzende der Nabu-Ortsgruppe Schönebeck, Michael Wunschik. Zweck der Wintervogel-Stunde sei es, die Bestände zu erfassen, Alarmsignale über den Rückgang von Arten zu erhalten. „Nehmen sie ab, nehmen sie zu? Ziehen sie weg? Kommen Wintergäste“, zählt Wunschik einige Fragen auf, die sich Ornithologen regelmäßig stellen. Bei der Benatwortung helfen können hier auch die Laien. Konkret: Jeder, der mitmachen möchte, nehme sich von heute an bis Sonntagabend eine Stunde Zeit, postiere sich etwa am Fenster zum Garten, oder unweit der Futterstelle oder irgendwo draußen in der Natur und notiere, wie viele Kohlmeisen, Hausperlinge, Amseln und andere dem Beobachter bekannte Arten in dieser Zeit auftauchen. Das ist schon alles. Die Ergebnisse können und sollten auf einem Nabu-Formular aufgelistet werden. „Diese Vordrucke gibt es im Internet unter www.nabu.de. Wer über kein Internet verfügt, kann sich Formulare in Schönebeck in den beiden Stadtinformationen abholen, ebenso im Solequell, in der Stadtbibliothek oder auf dem Bierer Berg“, erklärt Wunschik.

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Sämtliche Daten von Flensburg bis Garmisch-Patenkirchen wandern dann zur Nabu-Zentrale in Berlin. Dort werden die Zahlen ausgewertet. Die Fachleute gewinnen so, wie schon erwähnt, Erkenntnisse über Zu- und Abnahme von Populationen und können dann reagieren; Arten unter Schutz stellen zum Beispiel.

Der nach wie vor am häufigsten beobachtete Vogel ist in Deutschland der Hausperling. „Was aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Art in ihrem Bestand gesichert ist“, gibt Wunschik zu bedenken. Er und seine Kollegen vom Naturschutzbund stellen fest, dass der kleinere Verwandte des Haussperlings, der Feldsperling, zunehmend in die Städte zieht. Das habe vor allem mit dem Futterangebot zu tun.

Zu den häufigsten Wintervögeln in Deutschland gehören laut Nabu auch die Kohlmeise, die Blaumeise, der Grünfink, der Buntspecht, das Rotkehlchen, der Kleiber, der Erlenzeisig, die Elster und der Buchfink. Bei der letztgenannten Art sind derzeit aber nur die Männchen anzutreffen. Die Buchfinken-Damen, weiß Michael Wunschik, überwintern lieber in wärmeren Gefilden, vor allem in Südeuropa. Deshalb gebraucht der Nabu-Mann mit einem Augenzwinkern den begriff „Strohwitwer“ für die Buchfinken-Herren.

Für Wunschik als Ornithologen sind besonders die Wintergäste interessant. Die Kälte aus dem Osten hat in den vergangenen Tagen viele solcher Gäste in Richtung Mittel- und Westeuropa getrieben. Vor zwei Jahren, kann sich Wunschik noch lebhaft erinnern, habe es in Schönebeck einen regelrechten Zeisig-Zustrom gegeben. Zu den eher seltenen Gästen im Winter gehört auch der Seidenschwanz, der aus den skandinavischen Ländern eingeflogen kommt, wenn er dort alle auftreibbaren Samen weggefressen hat.

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Die momentane Schneelandschaft (laut Wetterbericht ist es damit am Wochenende erst einmal wieder vorbei) sei günstig für die Stunde der Wintervögel, meint Michael Wunschik: „Weil die Tiere dann eher zu den Futterhäuschen kommen und hier gut beobachtet werden können.“

Der Nabu ruft in diesem Jahr bereits zum sechsten Mal zur Stunde der Wintervögel auf. Im vergangenen Jahr meldeten die vielen Beobachter allein in Sachsen-Anhalt gut 57 000 Vögel, darunter 14 000 Haussperlinge, über 7000 Kohlmeisen, über 6000 Feldsperlinge, fast 4500 Blaumeisen und über 4000 Amseln. Auch im Salzlandkreis belegten von über 6500 gezählten Vögeln Haussperling, Kohlmeise und Feldsperling die ersten drei Plätze.

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Bundesweit wurden 161 verschiedene Arten gemeldet, auf die zehn genannten häufigsten Arten entfielen 75 Prozent der Beobachtungen. Bis zu 93 000 Menschen beteiligten sich 2015 und meldeten 2,8 Millionen Tiere.

In Schönebeck lädt der Nabu am Sonnabend, 9. Januar, von 10 bis 11 Uhr in der Nachtigallenoase in der Chausseestraße zum gemeinsamen Zählen ein.

Einsendeschluss für die Meldebögen ist der 18. Januar. Hier die Postadresse: Nabu, Stunde der Wintervögel, 10469 Berlin. Der Nabu verlost übrigens unter allen Teilnehmern Preise, darunter ein Zeiss-Fernglas (Wert 1000 Euro) und zehn Bücher „Vögel füttern im Winter“. Damit dürften die Leser im nächsten Jahr noch besser gerüstet sein bei der Bestimmung der Wintervögel.