1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Bedrückend und geheimnisvoll

Geschichtsprojekt Bedrückend und geheimnisvoll

„Sich erinnern, sich begegnen“: Unter diesem Titel findet bis heute ein Geschichtsprojekt statt, das vom Kultusministerium unterstützt wird.

Von Olaf Koch 27.01.2016, 17:07

Schönebeck l Am Übersetzer lag es nicht. Als Noell Mels, Lan-dry Pajon und Mattys Charpentier gefragt wurden, wie die Eindrücke beim Besuch der Gedenkstätte für Opfer in der Euthanasie-Anstalt Bernburg waren, rangen die 14-jährigen Schüler aus Frankreich nach den richtigen Worten. „Sehr geheimnisvoll“, sagt Schülerin Noell. „Das war kein angenehmer Ort.“

Auch auf deutscher Seite antworten die Kinder und Jugendlichen recht wortkarg. „Bedrückend“, „interessant“ und „unangenehm“. Die Gäste aus Frankreich und Gymnasiasten aus Schönebeck und Osterburg wurden am Mittwoch mit einem Stück Geschichte in Bernburg konfrontiert, die wirklich nicht einfach zu verstehen ist. „Es war komisch. Irgendwie fühlte man, dass hier etwas Furchtbares passiert ist“, macht Landry Pajon deutlich. Im Anschluss des Besuches der Einrichtung hatte die Schülergruppe vor Ort einen Kranz des Gedenkens niedergelegt.

Im Rahmen des gemeinsamen Projekts unter dem Titel „Mémoires Croisées – Sich erinnern, sich begegnen“ gab es bis heute eine fast dreitägige deutsch-französische Begegnung aus Anlass des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Gemeinsam wurden die Teilnehmer aus der französischen Partnerregion Sachsen-Anhalts, Centre - Val de Loire (südwestlich von Paris), und aus dem Carl-Hermann-Gymnasium Schönebeck sowie dem Markgraf-Albrecht-Gymnasium Osterburg eingeladen, die zentrale Gedenkveranstaltung des Landes zu besuchen. Die fand am gestrigen Mittwoch statt. Anschließend nahmen die Schüler an einer Landtagssitzung teil. „Das ist eine klasse Einladung, dass wir dort dabei sein dürfen“, freute sich Mattys Charpentier.

Im Anschluss an die zen-trale Veranstaltung im Landtag war ein Zeitzeugengespräch der Schüler mit Sara Atzmon, Überlebende des Holocaust, vorgesehen. Neben den 18 Gästen aus Frankreich wurden dazu die 20 Schüler sowie Lehrkräfte aus Schönebeck und Osterburg erwartet.

Der Anstoß für das gemeinsame deutsch-französische Geschichtsprojekt zur Pädagogik der Erinnerung erfolgte während des Besuchs des Präsidenten der französischen Partnerregion auf Einladung des Ministerpräsidenten zum Holocaust-Gedenktag im Januar 2013. Darauf verwies am Mittwoch in Schönebeck Uwe Birkholz, Referent aus dem Kultusministerium. Beide Seiten bekundeten damals ihr Interesse, Fragen des Geschichtsunterrichtes, insbesondere zur didaktischen Vermittlung des Zweiten Weltkriegs und zur Erinnerung an den Holocaust, gemeinsam zu bearbeiten.

Lehrerinnen und Lehrer der beiden Regionen haben die Zusammenarbeit seither aktiv mitgestaltet. Jetzt hat eine neue Phase begonnen. Beteiligt sind zudem Gedenkstätten in Sachsen-Anhalt und die Gedenkstätte CERCIL in Orléans, ein Studien- und Forschungszentrum über die Internierungslager im Loiret und Gedenkmuseum für die Deportation jüdischer und Roma-Kinder.

Im Laufe des Projektes hat es zahlreiche Begegnungen und Projektberatungen gegeben. Neben gemeinsamen Materialien sind in dieser Zeit auch sechs Schulpartnerschaften entstanden. Beide Seiten beabsichtigen, die Arbeit an dem Projekt fortzusetzen. Insgesamt bestehen derzeit 55 Partnerschaften zwischen Schulen aus Sachsen-Anhalt und aus Frankreich.

www.europa.sachsen- anhalt.de/internationales/partnerregionen-des-landes/region-centre-val-de-loire