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Kammerphilharmonie Gutes Bild nicht in Schatten stellen

Trotz des Rechtsstreits zwischen der Rentenversicherung und der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie ist das Orchester auf einem guten Weg.

Von Kathleen Radunsky-Neumann 01.03.2016, 00:01

Schönebeck l Wie steht es wirklich um die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie? Am Montag berichtete die Volksstimme, dass der gemeinnützigen GmbH mit Sitz in Schönebeck die Insolvenz droht. Das ist faktisch richtig, sagt Gerard Oskamp, Chefdirigent der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie. Jedoch schätzt er die Situation, die zwar ernst ist, anders ein.

Hintergrund ist ein Rechtsstreit mit der Deutschen Rentenversicherung Bund. Dabei geht es um die Frage, ob die Kammerphilharmonie für selbstständige Gastmusiker und Visagisten sozialversicherungspflichtige Beiträge abführen muss. Ursprung ist eine 2009 erfolgte Betriebsprüfung für das Jahr 2005. Für die nachfolgenden Jahre werden Forderungen in Höhe von 120 000 Euro prognostiziert.

Kann das Orchester, das von Land, Salzlandkreis und Stadt Schönebeck bezuschusst wird, diese Summe nicht aufbringen, droht die Insolvenz. Die Kammerphilharmonie hat 2010 Klage beim Sozialgericht Magdeburg eingereicht. Am 12. Februar ist ein Urteil gesprochen worden. „Dabei haben wir als Orchester ungefähr ein Drittel Recht bekommen und die Rentenversicherung zwei Drittel“, sagt Gerard Oskamp im Volksstimme-Gespräch. Die schriftliche Urteilsbegründung wird erst Mitte/Ende April erwartet. Dann wird entschieden, ob Rechtsmittel eingelegt werden.

Gerard Oskamp geht davon aus, dass beide Prozessbeteiligten Rechtsmittel einlegen werden. Damit ist und bleibt dieser Rechtsstreit für den Dirigenten „eine nie endende Geschichte“. Und die Frage, in welcher Höhe Forderungen geltend gemacht werden dürfen, werde außerdem weiter in die Zukunft verschoben. Der Dirigent bewahrt sich derweil seine positive Einstellung. Das gehöre zu seiner lösungsorientierten Arbeitsweise, erklärt er. Seit drei Jahren hat er die künstlerische Leitung als Chefdirigent bei der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie inne. „In der Zeit haben wir uns qualitativ verbessert“, sagt er und zählt die moderne Ausdrucksweise und das vielseitige Programm-angebot auf.

2014 hatte das Orchester mit einem Minus abgeschlossen. „Dafür haben wir 2015 insgesamt mehr Besucher in allen Bereichen verzeichnen können“, sagt er. Das habe ebenso zur Folge, dass das Orchester 2015 sogar einen Überschuss erwirtschaften konnte. Für den Chefdirigenten ist klar: „Wir werden mehr wahrgenommen.“ Bestes Beispiel dafür: „Am Montag hat mich die Staatskanzlei gefragt, ob wir das Weihnachtskonzert des Landes spielen.“ Mit den Konzerten und Projekten der Kammerphilharmonie werden, so Gerard Oskamp, der Salzlandkreis als alleiniger Gesellschafter und das Land überregional vertreten.

„Es gibt sicher Altlasten, mit denen wir umgehen müssen“, sagt er und fügt sogleich hinzu: „Die dürfen das positive Bild des Orchesters nicht in den Schatten stellen.“ Die Qualität steht für ihn im Vordergrund. Dazu gehöre auch die Vielzahl an großartigen Solisten, die die Konzerte bereichern. „Die können wir uns eigentlich nicht leisten“, gibt Gerard Oskamp zu. Tut das Orchester aber auch nicht. „Bei den Solisten profitiert die Kammerphilharmonie von meinen Freunden, meinem Netzwerk“, sagt er, dass die Solisten meist aus Freundschaft für die sprichwörtlichen Apfel und Ei auftreten.

Die Solisten aus aller Welt kann sich die MKP vielleicht nicht leisten, aber eine vernünftige Entlohnung der festangestellten Musiker soll erfolgen. Vor Jahren noch gingen sie mit rund 60 Prozent des Tarifgehalts nach Hause. „Inzwischen konnten wir mit Hilfe des Landes und des Landkreises die Gehälter auf 80 Prozent anheben“, sagt der Chefdirigent. Deshalb sei 2014 unter anderem das Minus im Jahresabschluss entstanden.

Für Gerard Oskamp befindet sich die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie ergo auf dem richtigen Weg. Und bei dem Rechtsstreit ist für ihn längst noch nicht das letzte Wort gesprochen. Denn auch andere Kultureinrichtungen in ganz Deutschland haben schon ähnliche Streitigkeiten mit der Rentenversicherung ausgetragen. „Aber diese Fälle gingen nie bis in die höchste Instanz“, sagt er, dass deshalb noch kein sogenannter Präzedenzfall herangezogen werden könne.