1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Bauamtsfrau verlässt Barby

Verabschiedung Bauamtsfrau verlässt Barby

Die Stadtverwaltung Barby verliert eine ihrer kompetentesten und engagiertesten Mitarbeiterinnen: Uschi Käsebier.

Von Thomas Linßner 28.03.2016, 10:24

Barby l „Ich muss gestehen, dass mich meine Haarfarbe offenbar ein wenig daran hindert, in voller Ausdehnung zu verstehen, was Herr ... in diesem Unternehmen für eine Rolle spielt…, sorry.“

Das ist so eine typische Mail, die man von der blitzgescheiten Uschi Käsebier, der Blondine, manchmal bekommt. Sie schreibt wie sie spricht und telefoniert: zuweilen ohne Punkt und Komma, jedenfalls im übertragenen Sinne.

Es ist unüblich, dass die Tageszeitung mit einem Porträt über das Ausscheiden eines Verwaltungsmitarbeiters aufmacht. Es sei denn, er geht „in den wohl verdienten Ruhestand“. Doch Uschi Käsebier ist 46 und hat demnach noch ein paar Dienstjahre vor sich.

Was also, ist das Besondere an dieser Frau? Stadtratsvorsitzender und Barbys Ortsbürgermeister Ernst Neugebauer bringt es auf den Punkt: „Ich habe sie wahrgenommen, als ein Mensch, der stets weiß, wovon er redet und der fleißiger ist, als man es sein muss.“ Und er sagt noch etwas: „Wenn sie mit Vorlagen in den Stadtrat kam, hatte alles Hand und Fuß.“ Ihr Chef, Bürgermeister Jens Strube, lobt ihre Kollegialität und Zielstrebigkeit. „Sie hat so lange an einem Problem gearbeitet, bis es gelöst war.“

Uschi Käsebier, deren Nachname bei Außenstehenden zuweilen für Heiterkeit sorgt, ist eine Lokomotive. Die stellvertretende Bauamtsleiterin guckt nicht auf die Uhr, um kommunale Dinge auf den Weg zu bringen. Nicht selten erlosch im kleinen Rathausbüro das Licht erst sehr spät. Dann war sie der einzige Mensch in dem mittelalterlichen Amtshaus, dessen Kellerräume zwar keine nachweislichen Gespenster, aber bei Dunkelheit mulmige Stimmungen erzeugen.

Die Barbyerin studierte in Magdeburg Betriebswirtschaft. Trägerbetrieb war das Heizkesselwerk Schönebeck. Als sie kurz nach der Wende einen Praktikumsplatz für die Diplomarbeit suchte, riet ihr eine Barbyer Standesbeamtin: Versuchs mal bei uns. Im Januar 1991 hatte Uschi Käsebier Glück. Verwaltungschef war damals Frank Ziegenhein, ihr Arbeitsplatz die Abteilung Finanzen.

In einer Zeit des Aufbruchs und der üppigen Förderung musste in Barby ein Wohngebiet erschlossen werden. Die Frage stand: Wie wird das finanziert? So glitt die damals 25-Jährige immer mehr in die „klassische Stadtplanung“, also zu den Aufgaben des Bauamtes hinüber. Neben dem Eigenheimbau stand vor allem ein Industriegebiet auf der Agenda. Große Firmen wie Cerestar (heute Cargill) oder Maxit (Saint-Gobain Weber) sowie mehrere Speditionen brauchten Bauflächen. Frank Ziegenheim bestätigte seiner Bauamtsmitarbeiterin, eine „Lokomotive“ zu sein.

Nicht zu vergessen ist Uschi Käsebiers Engagement außerhalb der Rathausmauern. Ohne je aktiv im Kajak gesessen zu haben, kümmerte sie sich um die Finanzen der Kanuten, stand dem Grundschulförderverein vor, war Aufsichtsratsmitglied der Wohnungsbaugesellschaft.

Ihr jüngster ehrenamtlicher Tatendrang kommt dem Erhalt der Barbyer Elbbrücke zugute. Mit ihrem „Amtswissen“ wurde sie vor Monaten als „Verbindungsfrau“ in die Arbeitsgruppe Elbbrücke gebeten. Schließlich hat die Stadt ein gerüttelt Maß an Verantwortung, was den Erhalt der Barbyer Eisenbahnbrücke betrifft.

Seitdem ist die Barbyerin mehr als nur Quotenfrau in der von Herren dominierten Arbeitsgruppe. Bei den Brückenfesten gab es wenige Dinge, wo Uschi nicht die Finger im Spiel hatte. Bei vorbereitenden Sitzungen brachte sie die Männer charmant auf „Linie“, wenn ein Themenpunkt zerredet zu werden drohte. Was diese Gruppe betrifft, braucht man nicht in der Vergangenheitsform zu schreiben, weil Uschi verspricht, sich trotz zukünftiger 180-Kilometer-Distanz weiterhin einzubringen.

Die 46-Jährige zieht in die Gemeinde Südheide (Landkreis Celle,) wo sie im Bauamt dem Fachdienst Bauen, Planen und Entwickeln angehört. Nebenbei baut sie mit ihrem Partner ein Eigenheim.

„Wenn ich ihn auch aus eigenem Wunsch und mit ganzem Herzen gehe, so ist dieser Schritt für mich dennoch nicht ganz einfach … jeder, der mich kennt, wird dies nachvollziehen können“, gesteht die Mutter eines Sohnes.

„Die Jahre im Rathaus Barby verbinde ich in aller erster Linie mit einer Vielzahl von Menschen: Angefangen mit denen, die mich 1991 freundlich aufnahmen. Jene, von denen ich viel lernen konnte…über die, die schon ihren wohlverdienten Ruhestand genießen, andere Wege gehen oder auch von ‚Wolke 7‘ auf uns schauen“, schreibt sie in ihrer Einladung zum Abschied.

Der Wegzug von Barby dürfte nicht nur für die Stadtverwaltung ein Verlust sein. Denn engagierte Ehrenamtliche sind heutzutage selten gesät ...

Zum Abschluss sei eine sinnliche Erfahrung der scheidenden Bauamtsfrau verraten: Als sie 1991 im Rathaus anfing, nahm sie dessen typischen Geruch war. Der war weder gut noch schlecht, aber eben omnipräsent. „Und weißt du was“, gesteht Uschi Käsebier milde lächelnd, „seit einiger Zeit rieche ich den nicht mehr.“