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Flugzeugabsturz Knochenfunde werden jetzt analysiert

72 Jahre nach dem Absturz eines amerikanischen Flugzeuges beenden die Amerikaner die Suche nach den Insassen.

Von Thomas Höfs 20.05.2016, 03:08

Barby l „Es gibt noch zwei Augenzeugen für den Absturz“, sagt Jens Strube. Der Bürgermeister der Elbestadt verfolgt die Ausgrabungen der Amerikaner am Stadtrand seit Monaten. Eine Einheit der Army beschäftigt sich mit der Frage, was aus den gefallenen Soldaten geworden ist. Rund um die Welt reisen die Fachleute, immer auf der Suche, das Einzelschicksal der ehemaligen Angehörigen zu klären.

Im vergangenen Sommer kamen die Spezialisten erstmals nach Barby. Auf einem Feld wurden sie seinerzeit fündig. Luftaufnahmen von einst zeigten den Fachleuten, wo sie ihre Suche beginnen mussten.

Als die B 17 am 4. November 1944 abstürzte, war sie zuvor von der Flak getroffen worden, die bei Barby stationiert war, erzählt Jens Strube. Der Bomber, der als Fliegende Festung in die Geschichte des Zweiten Weltkrieges einging, hatte zuvor die Benzinproduktion im nicht weit entfernten Leuna bombardiert, weiß der Bürgermeister. Auf dem Rückflug wurde die Maschine dann abgeschossen. Einige der zehn Besatzungsmitglieder, die üblicherweise in der mit Maschinengewehren reich bestückten Maschine saßen, schafften vor dem Aufprall der Maschine den Absprung. „Einer ist in Barby gelandet. Ein zweiter, der außerhalb der Stadt sicher gelandet war, wurde von einem Einwohner mit der Pistole erschossen“, kennt Jens Strube die Geschichte. Die Tat sei nicht ungesühnt geblieben. Als die Amerikaner ein halbes Jahr später Barby erreichten, zogen sie den Schützen zur Rechenschaft.

In den letzten Kriegsmonaten wurden vier Soldaten auf dem Friedhof beerdigt. „Ich vermute, dass die Soldaten damals aus dem abgeschossenen Flugzeug stammten“, schätzt Jens Strube ein. Unterlagen über die Nationalität der Soldaten gebe es nicht. Keinerlei Aufzeichnungen seien angefertigt worden. Allerdings seien die Soldaten kurz nach Kriegsende exhumiert worden, weiß er.

In knapp einem Jahr haben sich die amerikanischen Fachleute durch den Barbyer Boden gegraben. Die Maschine ist freilich verschwunden. „Das Material wurde für die Rüstung genutzt. Der Bomber wurde schon bald nach dem Absturz abtransportiert“, sagt er.

Das Flugzeug kam nach Augenzeugenangaben sanft herunter. Der Bomber glitt über die Felder und brannte anschließend aus. Die noch an Bord befindliche Munition explodierte dabei. Während der Suche nach menschlichen Überresten fanden die Experten reihenweise die Überreste der abgebrannten Munition. Geschosse und Patronenhülsen der Maschinengewehre haben die Jahrzehnte im Boden gut überstanden. Erhalten haben sich während des langen Zeitraumes aber ebenso Knochenfragmente und Splitter der damals getöteten Soldaten. Diese suchten die Fachleute vor allem. Mit den heute zur Verfügung stehenden Untersuchungsmöglichkeiten des menschlichen Erbgutes soll geklärt werden, wessen Überreste bei Barby gefunden worden, haben die Amerikaner dem Bürgermeister erzählt. Einen Abschiedsbesuch statteten sie ihm im Rathaus ab und berichteten von der Suche. Anhand des Erbgutes in den gefundenen Knochenstücken können die Überreste zweifelsfrei bestimmt werden, schilderte der Bürgermeister. Dazu nehmen die Fachleute Speichelproben der Angehörigen und vergleichen sie.

Weltweit seien die Fachleute im Einsatz, um vermisste Soldaten in Kriegseinsätzen aufzuspüren. Auch nach Jahrzehnten, so zeigt der Barbyer Fall, gebe es immer noch genug Fundstücke im Boden.

Dabei waren die Amerikaner erst bei Pömmelte auf die Suche gegangen. Dort war ebenfalls im Zweiten Weltkrieg ein Flugzeug abgestürzt. Dabei handelte es sich aber um eine britische Lancaster. Nachdem dies erkannt war, hätten die Amerikaner an der Stelle die Suche abgebrochen.

Mit einer Urkunde bedankten sich die Fachleute in dieser Woche beim Bürgermeister für die gute Zusammenarbeit. Gestern schaute sich Jens Strube die Absturzstelle noch einmal vor Ort an. Die vielen Geräte hatten die Fachleute bereits in die Container verladen. Mit Andreas Kohl und Herbert Resch war ziviles Personal vor Ort, um das Material nach Kaiserslautern zu transportieren. Auf Tiefladern gehe es zurück in die Kaserne. Schon öfter hätten sie die Ausrüstung durch Deutschland transportiert, sagten sie. Im Gespräch erkundigten sie sich nach der Geschichte des einst abgestürzten Bombers an der Elbe. Es sei sehr bemerkenswert, dass die Armee ihre Soldaten noch nach einem so langen Zeitraum suche und Gewissheit erlangen wolle, schätzten die beiden ein. Dazu betreiben die Streitkräfte einen großen Aufwand bei der Suche nach Hinweisen und Beweisstücken, haben sie in den vergangenen Jahren immer wieder erlebt. Nun sei die Akte des Absturzes wohl geschlossen.