1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Gitarrenvirtuose kurbelt das Kopfkino an

Konzert Gitarrenvirtuose kurbelt das Kopfkino an

Im zweiten Anlauf ist es geglückt: Vicente Patíz hat das Publikum in der Schwarzer Dorfkirche verzaubert.

Von Andreas Pinkert 08.12.2016, 00:01

Schwarz l „Es ist einfach schief gegangen“, entschuldigt sich Vicente Patiz bei der Begrüßung am Dienstagabend. Gemeint war sein angekündigter Auftritt in Schwarz im Rahmen des Kleinkunstfestivals „Grenzgänger“ im September, bei dem die Besucher vergebens auf ihn warteten. Ein Lächeln in die Kirchenbänke, alles ist vergessen und verziehen. Der 40-Jährige weiß sein Publikum gleich von Beginn an für sich zu gewinnen. Einmal mehr war die kleine Dorfkirche zum Konzertraum umgestaltet worden, der Platz unter der Empore als Bühne in rotes Licht getaucht.

Vicente Patíz, der Gitarrist mit dem exotischen Namen, kommt eigentlich aus dem sächsischen Johanngeorgenstadt im Erzgebirge und heißt mit bürgerlichem Namen Jörg Patitz. Für seine Zuhörer hatte er Anekdoten und vor allem Klänge aus aller Welt mitgebracht. „Ich reise unheimlich gern, vor allem in den Süden“, berichtet Vicente Patíz. Indien, Laos, Kuba, der Mittelmeerraum seien seine Ziele, von denen er sich Inspirationen mitbringe, die er in seinen Kompositionen verarbeite. „Wenn ich wenig Zeit habe, dann geht´s nur nach Süd-Chemnitz“, meint der Musiker, bei dem trotz vieler Reisen immer wieder seine Heimatverbundenheit anklingt.

Für Vicente Patíz spielt die Entfernung eines Reiseziels nicht die entscheidende Rolle. Es ist das Unterwegssein, die Begegnungen mit Menschen und vor allem die besondere Atmosphäre eines Ortes, die er als Musiker zu konservieren versucht. Und das ist ihm eindrucksvoll gelungen.

Als Gitarrist verfügt er über eine exzellente Spieltechnik, mit der er die Klangvielfalt von sehr zart und leise bis laut und stampfend auslotet. Wer bei seinem feurigen Flamenco-Spiel die Augen schließt, fühlt sich sofort in eine andalusische Bar versetzt und blickt mit einem Carajillo in der Hand den Tänzerinnen zu.

Für die Klänge des Dschungels zückt Patíz auch schon mal eine herkömmliche Nagelfeile, mit der er gefühlvoll seine Stahlsaiten bearbeitet. Plötzlich scheint es, als ob tropische Moskitos durch das kühle Gotteshaus schwirren. Das Wellenrauschen vom Ostseestrand in Prerow lässt er genauso vor dem inneren Auge auftauchen wie das Strandflair des kubanischen Santa Maria.

Dank einer elektronischen Loopstation erzeugt der Künstler außergewöhnliche Klangwelten, wobei er jede einzelne Sequenz nacheinander mit verschiedenen Gitarren, einem Didgeridoo, diversen Perkussionsinstrumenten und einer slowakischen Hirtenflöte einspielt. Nach weit über 1500 Konzerten macht er seinem Ruf als „Meister des Kopfkinos“ alle Ehre. Die Zuhörer danken es ihm nach mehr als anderthalbstündigem Konzert mit viel Beifall und lassen ihn nicht ohne Zugaben von der Bühne. Pfarrer Jürgen Kohtz übergibt ein Präsent der evangelischen Kirchgemeinde Schwarz, die im Anschluss zu Schmalzstullen, sauren Gurken, Glühwein und gemütlichem Beisammensein einlud.