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24 Stunden 2 bis 3 Uhr: Feinarbeit in Biere

24 Stunden unterwegs im Salzlandkreis - 24 Geschichten, die erzählt werden wollen.

03.08.2015, 23:01

Biere l Es ist früh. Sehr früh. Oder spät. Wohl Letztgenanntes, wenn man nicht jeden Tag dieses Gefühl hat, nachts arbeiten zu müssen. Um 19.30 Uhr beginnen die ersten Mitarbeiter der Bäckerei Schwarz mit ihrer Schicht. Sie bereiten die Teige vor, backen das Brot und haben den großen Vorteil, auch früher gehen zu können. „Gerade im Sommer ist es doch schön, wenn man einen Großteil des Tages für sich hat“, grinst Bäckermeister Michael Schwarz.

So habe er immer wieder überlegt, wie er denn seine Lehrlinge etwas aus den Nachtschichten herausbekommt. „Die meisten haben dann aber gesagt, dass sie gar nicht wollten“, so der Chef. Im späteren Berufsleben wäre dies wohl auch kaum möglich, denn die Nacht ist der Tag des Bäckers.

Die Brötchen und der Kuchen wollen ja schließlich pünktlich im Geschäft sein. So herrscht im Gewerbegebiet von Biere vor allem gegen drei Uhr morgens ein buntes, wuseliges Treiben bei Schwarz. Die ersten Wagen werden beladen, die Mitarbeiter sortieren und zählen die Waren, damit auch wirklich jede Filiale die richtige Anzahl an Broten oder Brötchen bekommt.

Allein das ist schon eine Herausforderung, denn die Auswahl ist beachtlich. „Wir haben 20 Sorten Mehrkornbrötchen und 15 verschiedene Brote“, erklärt Michael Schwarz. Doch nicht in jeder Nacht werden alle gebacken. Backstubenleiter Thomas Bleistein sagt: „Wir haben eine gewisse Abwechselung, also nicht jeden Tag die gleichen Produkte im Laden.“ Damit habe der Bäcker in der Backstube weniger Stress, aber auch die Kunden würden so besser angelockt.

An einem normalen Tag oder anders gesagt, in einer normalen Nacht stehen 20 Mitarbeiter an Knetmaschinen, Öfen und Brötchenwirkmaschine. Bei letztgenannter Apparatur handelt es sich nicht um eine Vollautomatik, sondern lediglich um eine Art doppelte Walze für die Teiglinge.

„Wir produzieren diese immer am Ende einer jeden Schicht, da sie noch garen müssen“, erläutert Schwarz und fügt hinzu: „In unseren Filialen werden sie dann aufgebacken.“ Dabei werden aus einem Teigstücke zuerst Kugeln geformt, die dann wiederum in die Brötchenform gebracht werden. „Am Ende schneidet ein Messer einen kleinen Ritz in den Teigling, damit sie im Backofen entsprechend hochbacken“, weiß Michael Schwarz. In einer Stunde kann so ein Kollege rund 1500 Teiglinge herstellen, das macht am Tag - also in einer Schicht - ungefähr 10 000.

Weniger auf Maschinen kann sich Christiane Zwernemann verlassen. Sie schafft in einer Stunde auch nur 16 Stück. „Der Aufwand der Plunderstücke und Kaffeekränze ist wirklich immens“, sagt sie. Zuerst stellt sie den Teig her. „Der hat aber schon 27 Schichten für die Plunderstücke und wenn ich Blätterteig mache, sind es 144 Schichten.“ Beim genauen Hinsehen erkennt man die unzähligen kleinen Schichten in den Backwaren.

Bei ihrer Arbeit sieht die 59-Jährige nicht immer aus wie eine Bäckerin. Wenn sie mit dem großen Lineal hantiert, erinnert sie mehr an eine Architektin. Sie muss genau abmessen, wie groß die Teigstücke sein dürfen, damit der perfekte Kaffeekranz entsteht. Auf den ausgerollten Teig schneidet sie Vierecke, bestreicht sie mit einer Marzipanmasse und streut Rosinen darüber.

Dann werden sie alle zusammengerollt und in der Mitte ausgeschnitten. Mit einem beherzten Griff „flechtet“ sie beide Teile und packt sie in eine Form. Hier zählt noch echte Handarbeit. „Maschinen könnten es sicher auch“, sagt Michael Schwarz, „aber die Qualität ist so eine viel bessere.“ In diesem Moment kommt der nächste Fahrer. „Wir fahren jede Filiale zweimal an“, fügt Schwarz hinzu.

Was beim ersten mal noch nicht fertig war oder vergessen wurde, kann so noch seinen Bestimmungsort finden. Und die Fahrer bringen dann die Rückläufe und leeren Kisten mit nach Biere. Zwischen sechs und sieben Uhr gehen die letzten Mitarbeiter der Nachtschicht. Dann fängt die Konditorin an. Sie arbeitet als einzige in der Bierer Backstube am Tage.