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Akademie Kannenberg Wieder ein Konsum in Glinde

„Onkel Lothars Laden“ öffnete auf Initiative der Jugendhilfeeinrichtung „Akademie Lothar Kannenberg" in Glinde.

Von Thomas Linßner 21.05.2017, 18:07

Glinde l Freitagnachmittag gegen 17 Uhr. Das Wetter ist schön, das „halbe Dorf“ hat sich versammelt. Man sitzt an Tischen, erklärt die Welt, tauscht Neuigkeiten aus und lässt es sich wohlsein. Bratwurstduft und gute Laune liegen in der linden Maienluft, Freibier wird gezapft. Zwei junge Frauen tragen Tabletts mit Sekt und Saft. Man bedient sich nach Fasson.

Wer sich hier mehr bewegt als die anderen, trägt ein T-Shirt der „Akademie Kannenberg“. Auf einigen steht „Onkel Lothars Laden“. Auch der Namensgeber trägt so eins unter dem Jackett. Lothar Kannenberg (60) verrät die Episode, wie er zum Namensgeber wurde. Man habe im Vorfeld immer von einem „Tante-Emma-Laden“ gesprochen. Bis jemand aus seinem Team flachste, dass ja nicht Emma die Initiatorin für das neue Geschäft sei, sondern Lothar. Onkel Lothar.

Die Glinderin Astrid Mewes, die sich von berufs wegen mit griffigen Werbebotschaften gut auskennt, lächelt anerkennend. „Onkel Lothars Laden“ hat einen Dreiklang, der sich einprägt.

Hinter dem Ladentisch steht Nicole Oswald, die nur einen Lichtmess-Strahl von ihrer neuen Arbeitsstätte entfernt wohnt. Zuvor saß sie stundenweise in einem Barbyer Supermarkt an der Kasse. Nun muss sie gucken, dass der Umsatz stimmt. So viel Kassen-Stress wie in Barby wird sie nicht haben. Dafür hat sie einen Ganztags-Job und Zeit für einen Schwatz mit den Kunden.

„Unsere Einrichtung und die Jugendlichen wurden in Glinde sofort gut aufgenommen. Nun ist es an der Zeit, den Glinder Einwohnern etwas zurückzugeben“, erklärt Kannenberg seine Motivation, die Verkaufsstelle wieder in Betrieb zu nehmen. Dass sie Gewinn erwirtschaften wird, glaubt er nicht. „Wir sind froh, wenn das auf Plus-Minus-Null hinausläuft“, sagt der ehemalige Profi-Boxer, dem für seine Arbeit mit gestrauchelten Jugendlichen das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde. Kannenberg räumt auch mit dem Gerücht auf, dass im neuen Dorfladen kein Alkohol verkauft werde. Natürlich gibt es den. (Weil für die Jugendlichen im Erziehungscamp absolutes Alkoholverbot herrscht, mutmaßten das einige Bürger.)

Glindes Ortsbürgermeister Norbert Langoff zitiert einen Kannenberg-Satz, den der Urheber an dieser Stelle nicht öffentlich sagt: „Auch wenn der Laden keinen Gewinn machen sollte - unser guter Ruf in Glinde ist uns wichtiger.“ Zuvor waren die Leute im Dorf verunsichert, standen dem Kannenberg-Camp zum Teil ablehnend gegenüber. Der Ortsbürgermeister räumt ein, dass man sich geirrt habe. Alles gut.

Langoff erinnert an eine Zeit, als sich die Glinder immer freitags gegen 17 Uhr am alten „Dorfkonsum“ trafen, um Bier zu holen. Die Kundschaft bestand überwiegend aus Männern. „Das artete manchmal auch aus“, grinst Norbert Langoff. Weil nicht der Einkauf, sondern das gesellige Beisammensein Priorität hatte.

Der neue Laden will diesen Anspruch auch wieder aufgreifen. „Wir möchten im Ort einen Treffpunkt schaffen, wo sich Jung und Alt austauschen können“, hebt Kannenberg hervor.

Verkäuferin Nicole erzählt von ihren ersten Kunden, die Freitagvormittag anrückten. Es waren Bauarbeiter und ein „Aussteiger“ mit Hund, der mit dem Fahrrad daher kam. Letzterer kaufte Mülltüten, Wasser, Eis und Zigaretten. Im hektischen Supermarkt hätte sie sich daran wohl kaum erinnern können.

Geöffnet ist täglich von 7.30 bis 12 Uhr und von 15 bis 19 Uhr, sonnabends von 7.30 bis 17 Uhr. Sonntags gibt es zwischen 8 und 10 Uhr warme Brötchen.