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Ambulanz Mobile Herkunft? Egal! Die Leistung zählt

Zum bereits internationalen 225-köpfigen Team der Ambulanz Mobile GmbH & Co. KG Schönebeck gehören nun auch drei Syrer.

Von Ulrich Meinhard 07.06.2016, 20:10

Schönebeck l „Bei uns gibt es keine klassischen Hierarchien. Entscheidend ist die Leistung.“ Hans-Jürgen Schwarz hat sich als einer der ersten Unternehmer im Salzlandkreis für die Einstellung von Flüchtlingen interessiert. Auf dem hiesigen Arbeitsmarkt findet er nämlich für einige Bereiche im Unternehmen nicht genügend einheimische Arbeitnehmer. Das trifft zum Beispiel für die Abteilung zu, in der die Ambulanzfahrzeuge beklebt werden. Für diese Tätigkeit, die eine Ausbildung und zudem händisches Geschick verlangt, suche er händeringend nach Personal, versichert Schwarz während eines Treffens mit Landrat Markus Bauer (SPD) und dem Chef der Arbeitsagentur Bernburg, Thomas Holz.

Sogleich „hier“ gerufen hat der Firmenchef, als drei in Schönebeck untergekommene Flüchtlinge aus Syrien an seiner Türe klopften und um Arbeit nachfragten.

Inzwischen stehen Sherin und Roni Osman sowie Firaf Al Sabagh bei der Ambulanz Mobile GmbH und Co. KG in Lohn und Brot. Sozialversicherungspflicht wohlgemerkt. Eben leicht war es nicht, sie in Arbeit zu bringen, dafür sorgten die gesetzlichen Vorgaben. Mit einem langen Atem fand sich ein Weg.

Im Spätsommer vergangenen Jahres traf das syrische Trio erstmals auf Mitarbeiter der Arbeitsagentur des Salzlandkreises. Es folgten sieben Monate lang mehrere Beratungsgespräche. Die drei Männer besuchten einen Einstiegssprachkurs der Bundesagentur für Arbeit. Ende Januar trafen sie das erste Mal auf ihren heutigen Arbeitgeber Hans-Jürgen Schwarz. Der hatte kurz zuvor sein Interesse an der Einstellung und Ausbildung von Flüchtlingen bekundet.

Nach dem Vorstellungsgespräch am 25. Januar waren sich alle beteiligten Parteien schnell einig, mehr noch: sympathisch sogar. Der 27-jährige Sherin und der 19-jährige Roni begannen am 1. Februar eine Erprobungsphase im Betrieb. Nach fünf Wochen sind beide fest eingestellt worden. Heike Klausnitzer von der Agentur für Arbeit Bernburg erklärt dazu: „Sherins Vorkenntnisse, die er in Syrien beim Besuch einer schulischen Ausbildung in Richtung Elektrotechnik erworben hat, Ronis schnelle Auffassungsgabe und die raschen Fortschritte, die beide beim Erwerb der deutschen Sprache machten, sind nur ein Teil der Gründe dafür.“ Entscheidend war vor allen Dingen der feste Wille, in Arbeit zu kommen und die Zielstrebigkeit der Brüder - freilich nicht zu vergessen das Interesse des Arbeitsgebers und die Unterstützung durch die Arbeitsagentur - und - im Falle von Firaf Al Sabagh - das Jobcenter des Salzlandkreises.

Da der Asylantrag von Sherin und Roni noch nicht entschieden ist, sind beide nur im Besitz einer Aufenthaltsgestattung und dürfen eine Erwerbstätigkeit nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde aufnehmen. Dazu musste ein Antrag gestellt werden. Weil sich beide zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht 18 Monate in Deutschland aufgehalten haben, veranlasste die Ausländerbehörde bei der Arbeitsagentur eine vorgeschriebene Vorrangprüfung, die im Fall der Brüder positiv beschieden worden ist.

„Das A und O für die gelungene Integration ist die Vernetzung von Arbeitgebern und Behörden sowie Bildungsträgern“, hebt Landrat Markus Bauer hervor. Sein Appell: „Parallelgesellschaften müssen wir unbedingt vermeiden.“

Der Chef der Arbeitsagentur Bernburg, Thomas Holz, äußert sich erfreut über mittelständische Unternehmen der Region, die bereit sind, sich dem Aufwand zu stellen, der vor der Einstellung nötig ist. „Dieser Aufwand ist um ein Vielfaches höher als bei Deutschen oder anderen EU-Bürgern oder bereits anerkannten Flüchtlingen“, weiß Holz. Die gute Zusammenarbeit der beteiligten Behörden sorge zumindest dafür, dass der Aufwand so klein wie möglich gehalten werde. „Unser Zusammenspiel verbessert sich dabei stetig“, sieht der Agenturchef die so gewonnenen Erfahrungen positiv.

Schwerpunkte der Schönebecker Firma und ihren 225 Mitarbeitern aus mehr als zehn Nationen sind der Ausbau von Behindertentransport- und Krankentransportwagen, aber auch von Rettungswagen sowie Notarzteinsatzfahrzeugen. Das 1991 gegründete Unternehmen exportiert in viele Länder der Erde und ist allein schon deshalb personell international aufgestellt, unterhält Kontakte zu Vertriebspartnern auf mehreren Kontinenten. Hans-Jürgen Schwarz: „Wir sind selbst Ausländer - überall dort.“