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Amtsgericht Geheime Videoaufnahmen auf dem Damenklo

Weil er auf dem Damenklo gefilmt hatte, musste sich ein Mann aus der Gemeinde Bördeland vor dem Schönebecker Amtsgericht verantworten.

Von Bernd Kaufholz 24.07.2017, 01:20

Schönebeck l Strafrichter Eike Bruns hat einen 51-Jährigen vom Vorwurf freigesprochen, den höchstpersönlichen Lebensraum von Kundinnen eines Schönebecker Supermarkts durch Bildaufnahmen verletzt zu haben. Hintergrund für den Freispruch ist die seelische Erkrankung des Mannes aus einem Ortsteil der Gemeinde Bördeland.

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hatte dem Angeklagten vorgeworfen, sich am 24. Mai des vergangenen Jahres auf das Damenklo des Supermarktes geschlichen zu haben und dort aus einer WC-Kabine heraus per Handy Aufnahmen von Frauen gemacht zu haben, die einem dringenden Bedürfnis nachgegangen waren. Dazu, so der Ankläger, habe der 51-Jährige ein Loch in der Kabinenwand genutzt („Das habe ich da nicht rein gemacht. Das war schon da.“).

Um weitere Aufnahmen anzufertigen, habe der Mann dann das Handy in der Decke der Toilettenkabine befestigt, in einer Öffnung, in der sich normalerweise die Lüftungsklappe befindet („Das Loch war auch schon da.“). Aufgeflogen war die Sache, weil eine Reinigungskraft das „Spionage-Handy“ entdeckt und die Supermarkt-Leitung informiert hatte.

Für die Staatsanwaltschaft ein klarer Verstoß gegen Paragraph 201a des Strafgesetzbuchs, in dem es heißt: „Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt“. Hintergrund für die Tat sei gewesen, dass sich der Angeklagte an den Aufnahmen „sexuell erregen“ wollte.

Von vornherein, war bei diesem Prozess klar, dass die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie ein entscheidendes Wort bei der Urteilsfindung mitsprechen würde.

Allerdings wurde das Gutachten von Dr. Christine Wildt vom Landeskrankenhaus Bernburg in der nicht öffentlicher Sitzung verlesen und auch die Befragung des Angeklagten zu diesem Thema fand hinter verschlossener Tür statt.

Strafverteidiger Carsten Schneider hatte sogar einen Komplett-Ausschluss gefordert, weil das Ansehen seines Mandanten durch die Erläuterung von Details der Krankheitsgeschichte in der Öffentlichkeit beschädigt werden könnte. Richter Bruns hatte jedoch einen völligen Ausschluss abgelehnt.

Gleich, nachdem die Anklage verlesen worden war, hatte der Mann aus dem Bördeland die Tat eingeräumt. Sie sei nicht geplant gewesen, er sei einem spontanen Entschluss gefolgt, so der Angeklagte.

Die Gutachterin konnte nicht ausschließen, dass die Steuerungsfähigkeit des 51-Jährigen während der Tat aufgehoben und er somit „schuldunfähig“ gewesen ist. Der Angeklagte ist aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung in Behandlung und nimmt Medikamente ein, die als Nebenwirkung auch zu solchen Handlungen – wie im angeklagten Fall – führen können.

Nachdem sowohl Staatsanwalt, als auch Verteidiger aufgrund der medizinischen Erkenntnisse Freispruch gefordert hatten, erkannte auch Richter Bruns auf „Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen“.