Armenien - Zuchau Verbindung demonstrieren

Die erste armenische Bank in Sachsen-Anhalt steht in Zuchau. Am Wochenende wurde sie vor der romanischen Laurentiuskirche eingeweiht.

Von Thomas Linßner 15.08.2016, 16:56

Zuchau l Nun wird man sich im ersten Moment verwundert die Ohren reiben: Eine armenische Bank in Zuchau? Warum, um Gottes Willen, ein Kreditinstitut in einem der kleinsten Orte der Einheitsgemeinde?

Jörn Weinert, der Initiator, lächelt über Missverständnisse wie dieses: Die Bank ist ein schönes und sehr massives Sitzmöbel, kein Ort der Geldaufbewahrung und Vermehrung. Die Bank sei vielmehr ein Symbol für die Vertiefung partnerschaftlicher Verbindungen. Deutschland unterstützt Armenien bei der Annäherung an die EU und die NATO. Staatspräsident Serzh Sargsyan wurde 2010 von Bundeskanzlerin Merkel empfangen, 2015 kam es zu bilateralen Treffen in Brüssel und Riga. Außenminister Edward Nalbandian hält sich regelmäßig zu Gesprächen in Deutschland auf ...

Aber warum Zuchau?

Weil sich Dr. Jörn Weinert, vom Institut für Germanistik der Martin-Luther-Universität Halle, 2014 zwei Monate lang als Gastdozent in der Staatlichen Linguistischen Brjussow-Universität Eriwan aufhielt, dabei Land und Leute schätzen lernte. Nicht unbedingt den chaotischen Straßenverkehr, aber die Menschen und deren Geschichte. „Die armenischen Gastgeber bekundeten immer wieder Interesse an einer Intensivierung der Beziehungen zu Sachsen-Anhalt“, so Weinert. Und weil der Zuchauer seit Jahren in der Regionalgeschichte unterwegs ist und schon so manches verschüttete „Schätzchen“ ans Tageslicht förderte, erinnerte er an den (höchstwahrscheinlich) Barbyer Mönch, der vor siebeneinhalb Jahrhunderten unvoreingenommen den fernen Osten bereiste und beschrieb.

Weinert griff auch ein brandaktuelles Thema auf: Den Genozid der Türken an den Armeniern 1916. Die Armenier sehen in ihm ein ungesühntes Unrecht und fordern seit Jahrzehnten ein angemessenes Gedenken auch in der Türkei. Der Bundestag stufte die Massaker als Völkermord ein. Doch immer noch tut sich die offizielle Türkei schwer damit, den Genozid anzuerkennen. In Zuchau wurde nicht verschwiegen, dass das Deutsche Reich als enger Verbündeter der Türken im Ersten Weltkrieg früh Kenntnis von der Vertreibung und Ermordung der Armenier hatte, aber nichts unternahm.

Dieser Resolution hatte auch der Bundestagsabgeordnete Tino Sorge (CDU) zugestimmt, der die Armenische Bank zusammen mit Weinert als erster „ausprobierte“. Sie sei ein Ort der Kommunikation.

Professor Hans-Joachim Solms, Martin-Luther-Universität Halle, sprach über Initiativen und Impulse der deutsch-armenischen Universitätspartnerschaft. Die Armenier hätten schon vor langer Zeit die europäische Kultur beeinflusst, seien sehr aufgeschlossen unserer Kultur gegenüber. Professor Gerhard Meiser, Vorsitzender der Vereins „WortWerkWittenberg“, berichtete über die deutsche Sprache und deren Verbindungen nach Armenien. Er hob deren Schriftzeichen hervor, die sich in den vergangenen Jahrhunderten nicht verändert hätten. Man könne heute einen tausend Jahre alten Text problemlos lesen. „Das versuchen Sie mal bei uns“, so Gerhard Meiser.

Und weil diese bemerkenswerte Veranstaltung in einer christlichen Kirche stattfand, wurde auch ein armenischer Gottesdienst gehalten. Pfarrer Gnel Gabrielyan, Vertreter der Armenischen Apostolischen Kirche für Mittel- und Norddeutschland: „Normalerweise dauern die Gottesdienste bei uns zwei Stunden, aber hier machen wir es kürzer.“ Das Christentum wurde in Armenien 301 zur Staatsreligion erklärt; die Armenische Kirche ist damit die älteste christliche Staatsreligion.

Zum Abschluss wurde die Bank von Matthias Kiesler, deutscher Botschafter in der Republik Armenien, eingeweiht. Im Anschluss entspannen sich Gespräche bei armenischen und deutschen Speisen und Getränken im Festzelt am Fuße der Kirche. Weinert hatte dafür extra einen guten Weinbrand mitgebracht. Er wurde destilliert in ... Armenien, wo die Geschichte des Weinanbaus über 3000 Jahre zurück reicht.