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Dr. med. Seeger Heimatstube erinnert an innovativen Arzt

Die Heimatstube Calbe erinnert seit zwei Jahren an den Arzt Dr. med. Paul Gerhardt Seeger (1903-1991), der in der Saalestadt geboren wurde.

Von Thomas Linßner 08.02.2017, 02:00

Calbe l Als Sohn des Fabrikbesitzers Paul Seeger sollte der berufliche Werdegang des jungen Mannes so kurz nach dem Krieg ein anderer werden. Nach der Obersekundarreife absolvierte er eine Kaufmannslehre, war dann Bankangestellter und Handelsvertreter. 1926 legte er in Köthen sein Abitur ab und studierte an der Universität Halle Naturwissenschaften und Medizin. Von da an waren die Karrierepflöcke offensichtlich eingeschlagen: 1933 promovierte er mit Auszeichnung mit einer Preisarbeit in Zoologie über das Schicksal der Leydigschen Zellen der Urodelenhaut.

Dabei löste er ein über viele Jahrzehnte offenes Problem der Zellforschung. Aus politischen Gründen wurden weitere Forschungstätigkeiten untersagt. Im „Dritten Reich“ galt dieser wissenschaftliche Zweig als unwichtig.

Wie der Calbenser kürzlich verstorbene Heimatgeschichtler Hanns Schwachenwalde schreibt, war Gerhard Seeger nach zweijähriger Tätigkeit als Konservator in Halle 1935/36 an der Biologischen Reichsanstalt in Naumburg tätig. Von da wurde er an die Abteilung für Zell- und Virusforschung des Robert-Koch-Institut nach Berlin geholt – mit einem Auftrag zur Krebserforschung. Bis 1940 verfasste er zwölf wissenschaftlich experimentelle Arbeiten. 1942 legte der Calbenser sein medizinisches Staatsexamen ab und wurde Ende des Jahres auf Grund der von ihm eingereichten Arbeit „Über den Kalium-Natrium-Kontrast bei normalen und Krebszellen“ summa cum laude zum Dr. med. promoviert. Von 1943 bis 1945 absolvierte er in Berlin im Virchow-Krankenhaus und in Spandau seine Pflichtassistentenzeit. Nach 1945 war er praktischer Arzt in Falkensee bei Berlin, wo er privat weitere Krebsforschungen betrieb. 1956 wurde er zum Oberarzt und Leiter der Forschungsstelle für Krebsforschung an die Charité in Berlin berufen. Im Ergebnis seiner umfangreichen Forschungen veröffentlichte Seeger laufend seine experimentellen Arbeiten. 1974 erschien sein Standardwerk „Krebs – Problem ohne Ausweg?“, für das ein Vorwort von keinem Geringeren als Albert Schweitzer verwendet wurde. Insgesamt mehr als 250 Aufsätze und Bücher über Ergebnisse seiner experimentellen Arbeiten sind erschienen. Wegen seiner hervorragenden Forschungsarbeiten wurde Seeger 1979 und 1980 für den Nobelpreis nominiert. Seine über 50-jährige Tätigkeit und Verdienste auf dem Gebiet der Krebsforschung und -bekämpfung werden unter Medizinern im In- und Ausland hoch geschätzt.

Die 1966 als 10-Punkte-Programm zusammen gefassten Therapievorschläge von Seeger werden allerdings wissenschaftlich nicht als wirksam anerkannt und spielen in der akademischen Medizin keine Rolle, sondern sind Bestandteil der unkonventionellen Krebstherapien. Klinische Studien zu diesem therapeutischen Außenseiterverfahren gibt es nicht. Seeger ist auch als Befürworter einer umstrittenen Petroleum-Therapie bei Krebs bekannt geworden.

Wie Heimatstubenchef Uwe Klamm sagt, wurden Fotos und einige medizinische-wissenschaftliche Objekte 2014 aus dem Nachlass von Gerhardt Seeger aus Falkensee abgeholt. Beim jüngsten Bollenfest hielt sich auch Seegers Tochter in Calbe auf. Sie bot aus dem Nachlass ihres Vaters einen imposanten Stuhl an, der jetzt auf dem Postweg die Heimatstube erreichte. Er stammt aus dem Haushalt von Paul Gerhardt Seegers Eltern, die in der Nienburger Straße eine Ofenfabrik betrieben.