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Feuerwehrnachwuchs Zu lange Ausbildungen in der Wehr?

Die Freiwillige Feuerwehr Calbe sucht weiter nach aktiven Mitgliedern. Bisher ist die Resonanz gering - eine Suche nach Gründen.

Von Thomas Höfs 14.02.2018, 00:01

Calbe l „Nachmieter gesucht“, heißt es bei der freiwilligen Feuerwehr in Calbe seit längerer Zeit. Die Wehr wirbt mit einem Plakat seit einigen Monaten für die Mitarbeit unter der Bevölkerung. Jeden zweiten Freitag im Monat können Bürger an einem Schnupperdienst teilnehmen und dabei selbst erfahren, was es bedeutet Feuerwehrmann zu sein. Die Resonanz auf die Aktion sei überschaubar, sagt Stadtwehrleiter Jan Roschkowski. Zwei Bürger hätten sich gemeldet, einer habe sogar einen Dienst besucht. Ein spürbarer Anstieg der Zahl der aktiven Mitglieder sei bislang ausgeblieben, bestätigt er.

Dabei ist auch die Feuerwehr in Calbe auf den Zustrom weiterer Bürger angewiesen, sagte er. Zwar zählt die Wehr 52 aktive Mitglieder. Um alle Funktionen und Positionen dreifach zu besetzen, wie es empfohlen wird, reicht diese Zahl dennoch nicht aus. Denn die Wehr verfügt über jede Menge Einsatztechnik, macht der Brandbekämpfer deutlich.

Mit gut 100 Einsätzen durchschnittlich im Jahr rückt die Feuerwehr an der Saale auch häufig aus. Allein in den ersten eineinhalb Monaten dieses Jahres weist die Statistik bereits 30 Einsätze aus.

Doch wie gewinnt die Feuerwehr in Zukunft neue Mitglieder, um einsatzbereit zu bleiben? Ein Weg dabei sei die Jugendausbildung. Viele Feuerwehrleute haben schon als Kind oder Jugendlicher die Kameradschaft in der Wehr erfahren. Viele von ihnen bleiben später der Truppe treu.

In Sachsen-Anhalt haben die Feuerwehren in der Regel wenig von der Jugendarbeit, räumt der Stadtwehrleiter ein. Denn viele junge Menschen verlassen ihre Heimat nach dem Schulende und gehen in andere Bundesländer, um eine Ausbildung zu beginnen oder zu studieren. Die Quote derjenigen Jugendlichen, die in den Kommunen verbleiben, sei bislang sehr gering.

Angewiesen seien die Feuerwehren in Zukunft deshalb mehr auf sogenannte Quereinsteiger. Zielgruppe seien junge Familienväter, die in der Stadt eine Heimat gefunden hätten, schildert er. Sie müsse die Feuerwehr in Zukunft für eine Mitarbeit begeistern können, ist er überzeugt. Allerdings sprächen aktuell die Rahmenbedingungen eher gegen eine Mitarbeit, räumt der Feuerwehrmann ein.

Vor allem der zeitliche Aufwand wirke sich vielfach abschreckend aus. So müssen angehende Feuerwehrleute eine jahrelange Standortausbildung durchlaufen, bevor sie überhaupt das erste Mal zu einem Einsatz fahren dürfen, bestätigt er. In den Feuerwehren ist dies nicht unumstritten, erzählt er weiter. Neben der Standortausbildung kommen dann noch Lehrgänge auf Kreisebene dazu, die viele Wochenenden hintereinander in Anspruch nehmen, sagt er. Er könne verstehen, dass sich Menschen dies nicht antun wollten. Vor allem Bürger, die im Berufsleben stünden und über wenig Freizeit verfügten, schrecke dies ab.

Warum Feuerwehrleute viele Stunden ausgebildet werden müssen, um nachher vielleicht nur mit dem Besen Ölbindemittel von einer Straße zu fegen, erschließe sich ihm nach wie vor nicht, sagt der Stadtwehrleiter. Jan Roschkowski habe das Thema bereits angesprochen, doch die Kreisausbilder verweisen auf die Vorschriften. Doch sind die Vorschriften für die Feuerwehrausbildung noch zeitgemäß? Diese Frage sei durchaus zu stellen. Wenn die Feuerwehr für die Bürger wieder attraktiv gemacht werden soll, müsse diese Frage unbedingt mit beantwortet werden.

Vielleicht müsse die Ausbildung auch mal von Zeit zu Zeit ausgemistet werden, um die Bürger anzusprechen. Schließlich verlange der Staat, dass sich die Bürger in den Wehren engagieren. Dazu müssten auch die Rahmenbedingungen stimmen. In einer immer hektischer werdenden Arbeitswelt müsse sich auch die Feuerwehr ändern und modernisieren. Dazu gehöre es auch, neue Wege beispielsweise in der Ausbildung zu gehen.

Wochenlange Schulungen an der Landesfeuerwehrschule seien heute schon für viele berufstätige Mitglieder kaum nutzbar, hat der Stadtwehrleiter die Erfahrung gemacht.

Darüber müsste im Land eine Diskussion gestartet werden, um die Wehren attraktiver zu machen, ist er überzeugt. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen sind nur wenige Bürger bereit, in den Wehren mitzuarbeiten, zeige die Realität.