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Graffiti-Workshop Wertevermittlung der Hip Hop-Kultur

Ein Graffiti-Workshop fand in den Kellerräumen des Barbyer „Teenclub“ der Arbeiterwohlfahrt statt.

Von Thomas Linßner 07.05.2017, 03:00

Barby l Workshopleiter war der Calbenser Marius Brattke (23), der in der Saalestadt bereits seine künstlerische Handschrift hinterlassen hatte. So wertete er mit zwei Gleichgesinnten die Fassade eines leer stehenden Geschäftshauses in der Loewestraße auf.

Insgesamt zehn Teilnehmer nahmen an dem Workshop teil, die zumeist Stammgäste des Teenclubs sind. Dort wurde nicht planlos „drauflos gesprüht“, sondern vorab einiges Wissen zu dieser Kunstform vermittelt. So informierte Marius Brattke darüber, wie diese Hip-Hop Kultur entstanden ist.

Der Ursprung des modernen Graffito liegt in Schriftzügen, mit denen Gangs ihr Revier markierten. Schon wesentlich früher schmierte jedoch ein dreister Beamter am Hofe Kaiser Franz I. die Wände voll. Die Inschriften eines Schiffsinspektors hingegen sorgten während des Zweiten Weltkriegs für weltweite Verwunderung - angeblich auch bei Adolf Hitler und Josef Stalin.

Als einer der Vorläufer moderner Graffiti gelten die Inschriften Joseph Kyselaks (1799 - 1831). Der Wiener Hofbeamte pflegte seinen Namen mit schwarzer Ölfarbe an Gebäuden und Felswänden zu hinterlassen. Das brachte ihm einigen Ärger ein, denn schon damals waren den Leuten Schmierereien auf der Hauswand unlieb. Zwar existierte im Wien der frühen Neuzeit noch keine Sonderkommission Graffiti, dennoch kam man ihm relativ schnell auf die Schliche.

Bald erzählte man diese nicht verbürgte, aber schöne Geschichte: Nachdem Kyselak ein kaiserliches Gebäude signiert hatte, wurde er zu Kaiser Franz I. zitiert. Dieser untersagte ihm, jemals wieder seinen Namen irgendwo hinzuschmieren. Nachdem der Zurechtgewiesene gegangen war, soll Franz I. einen eingeritzten Namen auf seinem kaiserlichen Schreibtisch entdeckt haben: Kyselak.

Auch die Soldaten der siegreichen Roten Armee hinterließen 1945 ihre Graffiti-Spuren im Berliner Reichstag. Die meisten Inschriften sind jedoch harmlos und werden heute vom Denkmalschutz behütet. Sie könnten ebenso in jeder Harzer Wanderhütte stehen. Die Sieger wollten lediglich ihren Namen hinterlassen.

Das zeitgenössische Graffiti der Hip Hop-Bewegung begann zu Beginn der 1970er Jahre in New York, als ein Jugendlicher seinen Spitznamen „TAKI 123“ an die Hauswände zeichnete.

Er veränderte seine Namenskürzel („tags“) immer wieder. So kamen auch andere Jugendliche auf die Idee, ihre Namenskürzel an die Wände zu schreiben. Nach einem Artikel in der Zeitung New York Times folgten viele Jugendliche diesem Vorbild. Das sogenannte „taggen“ und „bomben“ war geboren.

Später entwickelten sich die Schriftzüge durch Figuren (charakters) weiter. Die Graffitimalerei ist Teil der Schwarzen Hip Hop-Kultur aus Breakdance, Rap und Electric Boogie.

Als 1983 die Sprühmode nach Deutschland kam, bildeten sich mehrere Crews und führten so ihre Kämpfe untereinander aus. Sie markierten „ihr Revier“ mit Graffitis.

Nach diesem Rückblick in die Geschichte durften in Barby die Farbdosen geschüttelt werden. Es wurde allerdings nicht auf die Wand gesprüht, sondern auf Papier und Leinwände. „Jeder Teilnehmer konnte sich am Ende die selbst gestaltete Leinwand mit nach Hause nehmen und sich somit ein Stück Kunst an die Wand hängen“, erklärte Marius Brattke.

In Dreiergruppen aufgeteilt verewigten sich die Kinder anschließend noch auf OSB-Holzplatten. Marius Brattke unterstrich, dass das Ziel derartiger Workshops die „positive Wertevermittlung der Hip-Hop Kultur“ sei.