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Honorarsatzung Lohndrückerei im Salzlandmuseum?

Im Salzlandmuseum in Schönebeck sollen freie Mitarbeiter auf Honorarbasis beschäftigt werden.

Von Jörn Wegner 17.02.2017, 06:00

Bernburg/Schönebeck l Wer sich durch das Ringheiligtum in Pömmelte führen lässt, tut dies mithilfe eines selbständigen Fremdenführers. 35 Euro Honorar soll dieser erhalten.

Aktuell wird eine Gebühren- und Honorarsatzung in den Ausschüssen des Kreistags diskutiert. Dabei sollen auch die Honorare im Salzlandmuseum festgelegt werden. In dem Schönebecker Museum sollen Honorarkräfte 8,84 Euro pro Stunde erhalten – die Höhe des Mindestlohns für abhängig Beschäftigte. Honorare werden allerdings pauschal und brutto ausgezahlt. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsgeld und Ähnliches gibt es nicht. Laut Satzungsentwurf werden die Honorarbeschäftigten zur Besucherbetreuung und zur „Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit“ eingesetzt.

Auf Volksstimme-Nachfrage präzisiert die zuständige Kreisverwaltung die Angabe: „Die Honorarkräfte, die den Mindestlohn erhalten, unterstützen den Sonntagsdienst der Mitarbeiter im Salzlandmuseum bei der Besucherbetreuung und Aufsicht.“ Der Unterschied zu den Honorarkräften in Pömmelte liege in der Art der Arbeit, Führungen würden die Honorarbeschäftigten im Museum nicht anbieten. Die Gästeführer am Ringheiligtum hingegen würden selbständig „mit hohem Verantwortungsniveau“ arbeiten. Außerhalb des Salzlandkreises ist der Umgang mit Honorarkräften anders. Im Landkreis Harz, dem als einzige Einrichtung die Gedenkstätte Veckenstedter Weg in Wernigerode untersteht, gibt es keine Honorarkräfte, wie die Kreisverwaltung mitteilt. Im Landkreis Börde werden Honorarkräfte vor allem für Führungen, musikalische Darbietungen und Ähnliches engagiert, wie Kreissprecher Uwe Baumgart mitteilt.

Fraglich bleibt, warum die Kräfte im Salzlandmuseum als selbständige freie Mitarbeiter beschäftigt werden. Selbständige haben unter anderem die Eigenschaft, keinen Weisungen von Vorgesetzten zu unterliegen. „Wenn Weisungen bestehen, ist es ein Indiz für ein Arbeitsverhältnis“, sagt Arbeitsrechts-Anwältin Jana Lehm aus Schönebeck mit Verweis auf Urteile des Bundesarbeitsgerichts zum Thema Scheinselbständigkeit.

Konkret drückt es Verdi-Arbeitsrechtler Klaus Schwill aus: „Aufsichtsdienste macht man nicht auf Honorarbasis.“ Bei den vom Landkreis beschriebenen Aufgaben handele es sich um typische Arbeiten in abhängiger Beschäftigung. Anders als zum Beispiel Führungen, könnten diese gar nicht selbständig verrichtet werden. Zudem: „Es ist nicht Gegenstand einer Satzung, Entgelte festzusetzen.“ Die Kreisverwaltung sei tarifgebunden, das gelte auch für Teilzeitkräfte.

Auch die Höhe des Honorars kritisiert Schwill. Es müsste einen Zuschlag geben, denn abzüglich der ansonsten vom Arbeitgeber bezahlten Lohnnebenkosten bliebe den Honorarkräften weniger als der Mindestlohn übrig. Zudem dürfen Selbständige nicht in den betrieblichen Arbeitsablauf fest integriert werden.

Genaueres über die Situation der Honorarkräfte ist nicht zu erfahren. Die Kreisverwaltung gibt keine Auskünfte zu den Inhalten der Verträge. Nach mehrfacher Nachfrage war zu erfahren, dass derzeit drei Personen im Salzlandmuseum auf Honorarbasis arbeiten. Keine Antwort gab es auf die Frage nach der Höhe des Honorars.

Dass es sich bei den Honorartätigkeiten nicht um selbständige Arbeiten handelt, wird auch in der Kreisverwaltung nicht bestritten: „Dass darauf eine Selbständigkeit fußt, ist so nicht“, sagt Sprecherin Alexandra Koch. Wie sich dies mit dem Arbeitsrecht verträgt, lässt die Verwaltung offen.