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Hose kehrt zurück Kleidungsstück aus dunkler Zeit

Eine Delegation aus Polen ist eigens nach Schönebeck gereist, um eine Hose zu übergeben. Eine besondere Geschichte.

Von Jörn Wegner 13.01.2017, 00:01

Schönebeck l Viel gemeinsam hat Schönebeck mit der polnischen Stadt Oswiecim: Beide sind ungefähr gleich groß, liegen in unmittelbarer Nähe einer Großstadt – hier Magdeburg, dort Krakau – und versuchen, mehr Einwohner zu gewinnen. Dies wurde bei einer Gesprächsrunde zwischen Schönebecks Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) und seinem Amtskollegen Janusz Chwierut im Schönebecker Rathaus am Dienstag deutlich.

Doch im Mittelpunkt stand ein Kleidungsstück: Eine Hose, grober Stoff, blau-weiß gestreift, versehen mit einem roten Dreieck und der Nummer 1/83. Über Jahre war es Teil der Ausstellung im Stadtmuseum von Oswiecim – Auschwitz. Am Dienstag wurde sie formal an die Stadt Schönebeck zurückgegeben. Der Übergabe gingen jahrelange bürokratische Prozeduren voraus.

Ein Belgier hatte einst das Kleidungsstück getragen. Interniert war er im Außenlager Julius in Schönebeck, das dem KZ Buchenwald zugeordnet war. Das rote Dreieck kennzeichnete ihn als politischen Gefangenen. Einen „Wissenszuwachs“ für die Stadt nennt Archivar Mathias Hille die Hose. Bislang gebe es im Schönebecker Archiv nur Dokumente zum Außenlager, mit dem Kleidungsstück sei nun auch ein authentisches Objekt aus der Zeit im Stadtarchiv vorhanden. Vor Jahren war die Hose bereits Teil der Sammlung des Schönebecker Stadtarchivs als Gegenstand aus dem Außenlager Julius, erklärt Mathias Hille. Dann kam die Anfrage aus Oswiecim. Dort sollte ein „Hügel der Erinnerung“ mit Gegenständen aus Arbeits- und Konzentrationslagern in ganz Europa entstehen. Der Hügel kam nicht zustande, die Hose war trotzdem bereits in Polen und sollte dort für die kommenden Jahre auch bleiben.

„Die Hose war ohne Dokumente“, erklärt Bürgermeister Chwierut. Von dem Kleidungsstück habe er zudem lange nichts gewusst. In der Folge blieb die Hose in Polen und wurde zum Politikum. Viele Papiere waren nötig, unter anderem musste das Kultusministerium in Warschau eingeschaltet werden. Hinzu kam ein Wechsel an der Rathausspitze von Oswiecim.

Am Ende musste der Oberbürgermeister noch einige Dokumente unterschreiben und damit den bürokratischen Vorgang der Restitution an die Stadt abschließen: „Es war uns sehr unangenehm, eine halbe Staatskrise auszulösen.“