Interview Ungeschminkte Auskünfte

Heute und morgen laufen auf dem Bierer Berg die letzten Aufführungen des diesjährigen Schönebecker Operettensommers.

22.07.2016, 14:22

Schönebeck l In seinem Jubiläumsjahr hat der Schönebecker Operettensommer schon viel Aufmerksamkeit erfahren. Schön, wenn man den Darstellern auch einmal ungeschminkt begegnen kann. „Ungeschminkt“ heißt auch eine amerikanische Talkshow mit James Lipton, die auf dem Campus der Pace University in New York City aufgezeichnet wird. James Lipton hat bisher über 200 Gäste interviewt, davon 74 Oscar-Gewinner. Im Sommer hat der Bierer Berg so viel Gewicht für seine Umgebung wie die Pace University für New York. Am Rande des Sommer-Spektakels unterhielt sich Renate Bojanowski „ungeschminkt“ mit zwei Darstellern, die in diesem Jahr zum ersten Mal beim Operettensommer dabei sind: Jörg Sändig alias Gefängnisdirrektor Frank und Tomasz Jan Delski alias Gabriel von Eisenstein.

Wo wurden Sie geboren?

Jörg Sändig: In Kulmbach.

Jan Delski: In Kedzierzyn, in der Woiwodschaft Opole, Polen. Ich kam mit elf Jahren nach Deutschland.

Was sind Ihre Eltern von Beruf?

Jörg Sändig: Meine Mutter ist Bibliothekarin, mein Vater Kaufmann.

Jan Delski: Meine Mutter ist Finanzbeamtin, mein Vater Techniker.

Welche Ausbildung haben Sie genossen, welche Rollen haben Sie bereits gespielt?

Jörg Sändig: Als Kind habe ich Bratsche gespielt und bin bis zum Leistungskurs gekommen. Ich studierte Musikerziehung und Gesang an der Hochschule in Karlsruhe und am Konservatorium in Wien. Im Anschluss an das Studium war ich zwei Jahre lang Mitglied des Zusatzchores der Staatsoper Wien. Von 1999 bis 2002 gehörte ich dem Ensemble des Landestheaters Passau an, 2002 bis 2012 war ich am Schleswig-Holsteinischen Landestheater engagiert. Dort sang ich unter anderem Eugen Onegin, Don Giovanni sowie Wolfram von Eschenbach in „Tannhäuser“. Gastengagements führten mich nach Bad Ischl, ans Landestheater Salzburg sowie den Wiener Musikverein. Außerdem bin ich als Konzertsänger aktiv und bin seit der Spielzeit 2012/13 Mitglied des Opernchores des Theaters Bremen.

Jan Delski: Das Gitarre-Spielen habe ich mir selber beigebracht. Dann habe ich erst mal begonnen, Biologie zu studieren. Den Gesang habe ich erst später für mich entdeckt und an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig studiert. Schon während dieser Zeit sang ich an der Oper in Chemnitz und der Staatsoperette Dresden. Außerdem studierte ich am International Studio of Vocal Arts in Den Haag. Dann folgten Engagements bei den Produktionen „Bettleroper“ in Griebenow, der Kinderoper „Petterson und Findus“ sowie der Rockoper „Luther! Rebell wider Willen“ am Theater in Eisenach. In den gleichnamigen Rockopern habe ich Hamlet und auch Faust gesungen.

Wie sind Sie zum Schönebecker Operettensommer gekommen?

Jörg Sändig: Gerard Oskamp kenne ich seit meiner Tätigkeit am Schleswig-Holsteinischen Landestheater. Er hat mich an meinem Geburtstag Ende des vergangenen Jahres gefragt, ob ich dabei sein möchte.

Jan Delski: Ich habe die Ausschreibung gelesen, habe vorgesungen und bin engagiert worden.

Wie empfinden Sie die Athmosphäre auf dem Bierer Berg? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Ensemble und dem Orchester? Wie erleben Sie das Publikum?

Jörg Sändig: Die Arbeit hier erlebe ich genauso professionell wie während einer großen Produktion, nur die Garderobe ist etwas kleiner. Mich persönlich fasziniert das Bühnenbild, vor allem, mit wie viel Liebe es erdacht und aufgebaut wurde. Ich erlebe diese Operette nicht als „Klamotte“, sondern als Gegenpol zur klassischen Inszenierung. Ich hatte viel Spaß und komme gern wieder, „badisch“ kann ich ja schon.

Jan Delski: Ich bin überrascht, welche Kollegialität hier herrscht. Unter den Ensemble-Mitgliedern erlebe ich keine Konkurrenz. Mit gefällt die gesamte Atmosphäre, man bekommt die Reaktionen des Publikums unmittelbar mit. Es bereitet Freude, hier zu sein. Auch ich würde gern wiederkommen.

 

Nun kommen wir, wie in der Sendung „Ungeschminkt“, zu den zehn Fragen von Bernard Pivot (französische Fernsehpersönlichkeit, die James Lipton während seiner Tätigkeit dort kennen- und schätzen gelernt hat). Lipton stellt sie regelmäßig am Ende seiner Interviews. Die Zuschauer in der Pace University warten stets ungeduldig darauf. Vielleicht sind auch die Volksstimme-Leser sehr gespannt darauf:

Was ist Ihr Lieblingswort?

Jörg Sändig: Kirsche

Jan Delski: rot

Welches Wort mögen Sie nicht?

Jörg Sändig: fertig

Jan Delski: Willkür

Was macht Sie an?

Jörg Sändig: Sopranistinnen

Jan Delski: Ausstrahlung

Was stößt Sie ab?

Jörg Sändig: Schlechter Kaffee

Jan Delski: Selbstkasteiung

Was ist Ihr Lieblingsschimpfwort?

Jörg Sändig: Mist

Jan Delski: che Cazzo!

Welchen Klang oder welches Geräusch lieben Sie?

Jörg Sändig: Das Schreien des Esels

Jan Delski: Gitarrenklang

Welchen Klang oder welches Geräusch mögen sie gar nicht?

Jörg Sändig: quietschende Kreide auf einer Tafel.

Jan Delski: das Kratzen mit den Nägeln auf einer Tafel

Welchen Beruf würden Sie gern noch ausüben?

Jörg Sändig: Geigenbauer oder Huforthopäde

Jan Delski: Biologe

Welchen Beruf möchten Sie gar nicht ausüben?

Jörg Sändig: Aldi-Verkäufer

Jan Delski: Totengräber

Wenn der Himmel existiert, was möchten Sie dann von Gott hören, wenn Sie an die Pforten treten?

Jörg Sändig: Sie waren nie langweilig!

Jan Delski: Du hast alles probiert, was Du machen wolltest!

 

Vielen Dank für diese „ungeschminkten“ Antworten, und vielleicht sehen wir uns ja im nächsten Jahr wieder.