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Konzert in Gnadau Töne, die Geschichten erzählen

Pascal Gentner sorgte mit Witz, Charme und Talent für einen vergnüglichen Abend im Kirchensaal Gnadau.

Von Susann Salzmann 29.10.2017, 23:01

Gnadau l Eine großangelegte Vorstellungsrunde gibt es bei Pascal Gentner nicht. Wer ihn kennenlernen möchte und einen Einblick in sein Familienleben erhaschen will, braucht nur eines: seinen Liedern zu lauschen.

In denen erzählt Gentner in melodischen Reimen von seinem Leben, das in der größten Stadt Marokkos - Casablanca - seinen Anfang nahm. Über seine Eltern; den geselligen schwäbischen Vater und seine taffe Mutter, die aus Südfrankreich kommt - und über einen Tisch. Unabhängig davon, was andere darüber denken: Gentner hat einem Tisch ein Lied gewidmet. Einem massiven mit runden Ecken. Es war der Tisch, an den der Vater oft spontan Fremde mit nach Hause brachte. Heute den Zivildienstleistenden, morgen den Entwicklungshelfer. Dazu kommt die gesamte Empfindungs- und Gefühlspalette des Menschen. Die aufgestellten Sitzbänke des in Kerzenlicht getauchten Saales waren beinah voll besetzt. Kein Wunder, meint das Enkel-Oma-Gespann Tabea und Ingrid Bartels übereinstimmend. „Seine Lieder vermitteln Heimat“, bekundet die 20-jährige Tabea, die in Gnadau aufgewachsen ist, nun aber in Berlin studiert.

Das Ehepaar Neetz aus Gnadau findet seine in Deutsch vorgetragenen Lieder sehr persönlich. Sein Familienleben, der Wunsch nach vier Kindern und das „Überzeugen“ der Gattin, die Familienproduktion nach dem zweiten Töchterchen fortzusetzen - all das packt er in Lieder, die er mit persönlichen Fürwörtern wie „ich, du, meine Frau, meine Teuerste“ garniert.

„Eigentlich ist es ganz einfach, so schöne Musik zu machen“, meint Hartwig Neetz in der Gesangspause ganz euphorisch. Einfach, wenn insbesondere die Inspirationsquellen nie versiegen. Das werden sie vorläufig nicht, verspricht Gentner. Allein dafür sorgten schon seine drei Töchter.

„Ich singe aus meinem Leben, und die Leute erkennen sich darin wieder. Das ist das Ziel“, erklärt er. Natürlich aber gehören auch seine Vorstellungen und Ansichten zu Politik und Umwelt in die Lieder. Dafür findet er klare Worte. Das friedliche Zusammenleben wie auch eine gesunde Umwelt. Zu seinen Wünschen gehöre unter anderem, „dass die EU weniger wirtschaftlich agiert“. Als Kind einer Französin und eines Deutschen bezieht er eine EU-freundliche Position. Diese verteidigt und begründet er in seinen Songtexten.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist ihm auch seine persönliche Klärung, was „Heimat“ eigentlich bedeutet. In seinen Liedertexten verarbeitet er dazu erlebte Anekdoten, die er durch seine internationalen Freundschaften erfahren habe. So beispielsweise das Schicksal eines inzwischen 80-Jährigen, der im Scheunenviertel Berlins aufgewachsen, aber im Zuge des Nationalsozialismus in die Vereinigten Staaten ausgewandert sei. Dort konnte er ohne Verfolgung aufwachsen und sein Leben gestalten. „Als ich ihn aber fragte, wo seine Heimat ist, verwies er auf das Scheunenviertel. Und das, obwohl er den Großteil seiner Familie in Auschwitz verloren hat“, kleidet er die mitreißende Geschichte zunächst in Worte und danach in eine besinnliche Melodie, die bei mucksmäuschenstillem Publikum ertönt.