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Kraftwerksgelände Erst Braunkohle, nun Sonne

Der Umgang mit dem Erbe des „VEB Maisan“ in Barby war nicht leicht.

Von Thomas Linßner 26.09.2016, 22:34

Barby l „Der Abriss des alten Industriekraftwerkes der Maisan Barby hat begonnen. Die Firma REAG aus Berlin ist der neue Betreiber des zukünftigen Biomassekraftwerks. Der Neubau, dessen Investitionsvolumen komplett 62 Millionen Mark betragen wird, soll im Sommer 2003 ans Netz gehen. Die Konzeption sieht vor, jährlich 85 000 Tonnen Holz zu verbrennen.“

So stand es im Dezember 2001 in der Volksstimme. Doch auch daraus wurde nichts.

Die Wiederbelebung des ehemaligen Maisan-Industriekraftwerkes, dessen Inbetriebnahme 1990 stattfand und das nur wenige Wochen arbeitete, verschwand aus dem öffentlichen Bewusstsein der Barbyer. Zu häufig waren Inbetriebnahme-Ankündigungen des ehemaligen Betreibers zu hören, die nie realisiert wurden.

In die überregionalen Schlagzeilen gelangte das Werk 1998, als das riesige Altholzlager wochenlang brannte. Wer für die Brandstiftung verantwortlich war, ist bis heute nicht geklärt.

2001 stellte sich die nächste Firma (REAG aus Berlin) während einer Stadtratssitzung als neuer Betreiber vor. Verbrannt werden sollte ebenfalls aufbereitetes Holz. Für die Entsorgung der Asche war die Deponie Frohse vorgesehen, etwa 15 Lkw-Transporte würden das Biomassekraftwerk täglich anfahren, hieß es.

Isabella Massel, vom Projektmanagement der REAG, wies darauf hin, dass durch die Lage am Biosphärenreservat (Ostufer der Elbe) ohnehin die allerhöchsten Anforderungen zur Luftreinheit erfüllt werden müssten. Einige Gemeinden aus dem Landkreis Zerbst machten im Frühjahr 2001 ihre Einwände geltend. Sie befürchteten bei dauerhaftem Verbrennungsbetrieb Schädigungen der Natur sowie Geruchsbelästigungen. Die zuständigen Fachbehörden konnten den Bedenken von Walternienburg, Ronney und Gödnitz allerdings nicht folgen. Isabella Massel versicherte, dass das Werk „weit unter allen zulässigen Grenzwerten“ bleibt.

2001 begann dann auch der Abriss des alten Industriekraftwerkes. Es wurde das Kesselhaus gesprengt. Es fielen rund 400 Tonnen Schrott an; in der Recyclinganlage Calbe wurden Steine und Beton aufgearbeitet. „Baubeginn des neuen Werkes ist im Sommer 2002“, versicherten die Betreiber.

Doch dazu ist es nicht gekommen. Als Grund wurden veränderte Fördermöglichkeiten genannt. So wurden die beiden Schlote erst 2008 gesprengt. Mittlerweile hatte erneut der Investor gewechselt.

Die Volksstimme im März 2008: „Nach zahlreichen Versuchen, das Gelände der Barbyer Maizena-/Maisanwerke zu nutzen, kommt jetzt Bewegung in die Sache: Ein Investor plant dort für 24 Millionen Euro eine Photovoltaik-Anlage zu errichten. Als Erstes sollen die alten Gebäudereste in den nächsten neun Monaten abgerissen werden.“

Uwe Riegner, Vertreter der Berliner Grundstücksvermarktungsgesellschaft Atec, verkündete den Bau einer Photovoltaik-Anlage auf der zehn Hektar großen Fläche, die Sonnenlicht in elektrischen Strom umwandelt.

Mit dem anfallenden Bauschutt egalisierte die Firma Flächen, auf denen die vier Meter großen Solar-Module aufgebaut wurden. Nach dem Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) wurde die Umwandlung von Sonnenenergie in Strom vom Staat gefördert.

Die Frage, warum man für eine solche Anlage nicht Flächen auf der „grünen Wiese“ ankauft, die billiger sind, beantwortete Riegner so: „Wir hatten auch ein Auge auf das in der Nähe gelegene Gewerbegebiet. Das ist jedoch zu klein.“

Wie er mitteilte, hatte man sich im Vorfeld auch für das Gelände des ehemaligen Schönebecker Heizkesselwerks interessiert, das aber letztendlich ausschied, weil es mitten in der Stadt liegt und außerdem zu klein sei.

Wie Bürgermeister Jens Strube mitteilte, begrüßte man in Barby eine derartige Nutzung der Maisan-Ruine. Die Stadt hatte schon in den 90er Jahren die Planung für das riesige Betriebsgelände auf Eis gelegt. Eine Variante war damals eine groß angelegte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit dem Projekt zu betrauen. Doch der Brocken war zu groß. Ein Abriss hätte Millionen gekostet. Acht Millionen Mark Landesförderung standen damals bereit – Pferdefuß war der Eigenanteil der Stadt sowie die Unwägbarkeit der Altlasten-Verdachtsfläche. Weswegen auch der Stadtrat dem Projekt nicht zustimmte.

Im Juli 2012 weihte die brandenburgische Firma schließlich den Solarpark ein, der 4,3 Megawatt Nennleistung produziert. Die Investition betrug rund 10 Millionen Euro.