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Krisenintervention Betreuung Angehöriger nach Todesfall

„Notfallseelsorger stehen bereit“, titelte die Schönebecker Volksstimme 2007. Was ist aus dem Interventionsteam geworden?

Von Olaf Koch 18.04.2017, 06:55

Schönebeck l Sie sind manchmal unerlässlich. Vor allem dann, wenn Angehörigen nach einem Todesfall eines Familienmitgliedes jene Nachricht überbracht werden muss. „Das Kriseninterventionsteam gibt es nach wie vor und es leistet eine sehr wichtige Arbeit“, teilte Reingard Stephan, Leiterin des Fachbereiches III im Landratsamt, auf eine Anfrage der Volksstimme mit. Insgesamt stehen im Salzlandkreis 42 Frauen und Männer für diese Aufgabe bereit: 10 aus Bernburg (Kanzler von Pfau‘sche Stiftung), 17 aus Aschersleben (Arbeiter-Samariter-Bund) und 6 aus Schönebeck (Deutsches Rotes Kreuz). Diese Mitglieder des Kriseninterventionsteams (KIT) sind im Landkreis gemeldet und können im Notfall über die Leitstelle alarmiert werden. 2016 gab es 85 Einsätze im gesamten Kreisgebiet.

Das häufigste Einsatzbild ist die Betreuung von Angehörigen nach einem Todesfall, insbesondere bei besonderen Umständen, zum Beispiel in der belastenden Situation eines erfolglosen Reanimationsversuches, beim unerwarteten Tod eines relativ jungen Patienten, Suizid oder Tod in der Öffentlichkeit. Die Gruppe kann auch helfen, wenn nach einem Todesfall die (soziale) Vereinsamung der Hinterbliebenen droht. „Eine deutliche Indikation ist der Tod eines Kindes, sei es durch Unfall, akute Krankheit oder durch den plötzlichen Kindstod“, erläutert Reingard Stephan.

In Zusammenarbeit mit der Polizei überbringt der Kriseninterventionsdienst diese Todesnachrichten. Für die Polizeibeamten bedeutet das häufig eine große Entlastung, die geschulten Krisenhelfer können auf die Bedürfnisse und Reaktionen der Angehörigen oft besser eingehen.

„Bei schweren Verkehrs-, Schienen- oder Arbeitsunfällen ist der grundsätzliche Einsatz der Krisenintervention sinnvoll, da hier oft belastende Umstände zu erwarten sind“, so die Fachbereichsleiterin. Betreut werden nach solchen Ereignissen auch Augenzeugen, Arbeitskollegen oder der Führer des am Unfall beteiligten Fahrzeuges. Manche Verkehrsunternehmen halten sogar selbst Krisenhelfer vor (zum Beispiel die Deutsche Bahn AG), weiß Reingard Stephan zu berichten.

Eine häufige Ursache für Kriseninterventions-Einsätze sind in diesem Zusammenhang Suizidversuche durch Überrollen mit dem Zug. In Wien und München liefen hierzu Pilotstudien in Zusammenarbeit mit den Massenmedien, die über solche Suizide nicht mehr berichten sollen, um einen Nachahmer-Effekt zu verringern. In Wien ging dadurch bereits die Häufigkeit dieser Suizidmethode insgesamt zurück.

Auch bei anderen Einsätzen, bei denen mit einer psychischen Traumatisierung körperlich Unverletzter zu rechnen ist, ist der Einsatz der organisierten Krisenintervention sinnvoll. Beispiele sind Brände mit Schwerverletzten oder Toten und Situationen mit massiver Gewalterfahrung oder persönlicher Bedrohung (Banküberfälle, Geiselnahmen oder Vergewaltigungen).

„Über die Notwendigkeit, einen Kriseninterventionsdienst hinzuzuziehen, entscheidet das Einsatzpersonal von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst vor Ort“, berichtet Stephan. Bei bestimmten Meldebildern wird die Krisenintervention von den Rettungsleitstellen schon aufgrund des Notrufes parallel zum Rettungsdienst alarmiert, um gerade bei Unfällen im öffentlichen Bereich damit frühzeitig an der Einsatzstelle zu sein und auch Augenzeugen noch erreichen zu können.

Wichtig für die Mitglieder des Kriseninterventionsteams ist die regelmäßige Schulung und Weiterbildung, um Methoden und Strategien aus der Forschung zu erfahren. Auch neue Mitstreiter sind immer wieder willkommen, wie das Beispiel Schönebeck deutlich macht: Waren vor zehn Jahren noch 15 KIT-Mitglieder gemeldet, sind es heute nur noch 6.

Was müssen Interessierte also mitbringen? „Wichtig ist soziale Kompetenz“, so Reingard Stephan. Zudem sollten neue KIT-Mitglieder eine psychische und physische Stabilität und Belastbarkeit aufweisen, persönliche Reife, die Fähigkeit zur Selbst- und Fremdwahrnehmung, ökumenische Offenheit und Achtung anderer Religionen, Weltanschauungen und Kulturen haben sowie die Bereitschaft zeigen, religiöse Rituale in die Arbeit einzubeziehen.